Richtig trainieren
Kurz und hart oder lang und locker?

Eine neue Studie schafft Klarheit: Kurze, harte Trainings sind deutlich besser für die Gesundheit. Das gilt erst recht für die älteren Semester.
Publiziert: 11.05.2017 um 11:52 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 19:03 Uhr
Wer trainiert, sollte darauf achten, das in der richtigen Intensität zu tun.
Foto: Thinkstock
Werner Vontobel

Leistungssportler trainieren gerne stundenlange am Limit. Das kann sich auszahlen – allerdings nur für den nächsten Wettkampf. Für die Gesundheit und für die langfristige Leistungsfähigkeit sind kurze, aber heftige Anstrengung besser geeignet. Sie aktivieren die Zellchemie und fördern den Aufbau von Muskelmasse, was vor allem für die Alterskategorie 40 aufwärts wichtig ist.

Für eine Studie der Mayo Klinik in Rochester USA wurden je 36 unsportliche Männer und Frauen unter 30 bzw. über 64 Jahren in vier Gruppen eingeteilt: Die erste machte zwei bis drei mal wöchentlich eine halbe Stunde leichtes Ausdauertraining auf dem Standvelo plus leichte Kraftübungen jeden zweiten Tag. Der zweiten Gruppe wurde ein Training mit deutlich höheren Gewichten verschrieben. Die dritte Gruppe absolvierte drei mal wöchentlich ein Intervalltraining auf dem Standvelo: 4 Minuten volle Anstrengung, drei Minuten Pause. Das Ganze vier mal pro Session, die damit rund eine halbe Stunden dauerte. Die vierte (Kontroll-)Gruppe machte gar nichts, bzw. lebte so unsportlich weiter wie bisher. Die Studie dauerte 12 Wochen.

Unterschiede bei den Altersklassen

Punkto Leistungsfähigkeit gab es keine grossen Überraschungen: Muskelmasse und Kraft verbesserten sich vor allen in den Gruppen 2 und 3. Punkto Ausdauer schnitt die Gruppe 1 leicht besser ab die Gruppe 3 (hartes Intervalltraining) und deutlich besser als die Gruppe 2 (nur Gewicht). Doch die physische Leistungsfähigkeit war ohnehin nur ein Nebenaspekt bei dieser Studie, bei der es vor allem darum ging, durch Gewebeentnahmen zu beachten, wie körperlicher Anstrengung die Chemie der Muskelzellen verändert. Zu diesem Zweck wurde unter anderem gemessen, wie viele Gene zusätzlich aktiviert wurden. Dabei zeigten sich wie von den Forschern vermutet - interessante Unterschiede nicht zur zwischen den Trainingsarten, sondern auch zwischen auch zwischen den Altersklassen.

Hauptergebnis: Das harte Intervalltraining (HIIT oder High Intensity Interval Training) ist punkto Zellchemie eindeutig das effizienteste, auf Platz zwei kommt das gemischte Training, während reines Krafttraining relativ wenig bewegt.

«Benzin» der Zellen - Der Vorteil des HIIT-Trainings

Bei den unter 30-Jährigen hat das HIIT-Training im Durchschnitt 274 Gene neu aktiviert, gegenüber 170 für das gemischten und 74 beim reinen Krafttraining. Bei den über 64-Jährigen war der Vorteil des HIIT-Trainings noch viel deutlicher. Hier lautete das Ergebnis: 400 neue Gene beim HIIT-, 33 beim Kraft- und nur 19 beim gemischten Training. Mehr neue Gene bedeuten, dass in den Muskelzellen (und vermutlich nicht nur dort) die Mitochondrien zahlreicher und leistungsfähiger werden. (Die Mitochondrien produzieren ATP, das «Benzin» der Zellen.)

Warum ist das wichtig? Spätestens ab 40 nimmt bei Männern und Frauen die Muskelmasse ab. Anfänglich etwa um 1,5 Prozent und später um bis 5 Prozent pro Jahr. Pro Jahrzehnt läppern sich so schnell einmal 3 Kilo Muskelmasse zusammen – falls man nichts dagegen tut. Nun sind aber die Muskeln nicht nur für die Kraft wichtig, sondern sie beeinflussen auch die ganze Zellchemie. Mehr Muskeln heisst auch bessere Fett- und Zuckerverbrennung, bessere Blutfettwerte, bessere Verdauung, tieferer Blutdruck, bessere Gehirndurchblutung usw. (siehe auch hier) Es ist also wichtig, etwas gegen den altersbedingten Zerfall der Muskeln (Fachjargon Sarkopenie) zu unternehmen und zu wissen, man das am besten tut. Offenbar reichen dazu zwei bis drei Mal wöchentlich eine halbe Stunde harte Training (HIIT). Die genauen Zusammenhänge sind noch nicht abschliessend erforscht. Offensichtlich wird der Muskelabbau von einem Enzym namens Myostatin gesteuert. Schaltet man im Tierversuch das Myostatin (mit einen anderen Myostatin-Inhibitor) aus, nimmt nicht nur die Muskelmasse sondern auch der Bewegungsdrang zu. Hartes Intervalltraining hat offenbar dieselbe Wirkung – es legt das Myostatin lahm.

Nicht nach 18 Uhr trainieren

Bleibt noch die Frage, welche Form von HIIT-Training die beste ist. Viele Autoren empfehlen zwei bis 3 mal b der Name Peak 8. Das In der obigen Studie mussten sich die Teilnehmer vier mal vier Minuten lang voll anstrengen. Die Intervalle sind also länger, die Intensität nicht ganz so hoch, der Anteil der Pausen ist kürzer, die Gesamtzeit pro  Trainingssession etwas länger. Der amerikanische Fitness-Experte Dr. Josef Mercola hat bis vor kurzem noch Peak-8 auf einem Standvelo praktiziert und gepredigt, ist nur aber zu einem Training mit längeren Intervallen übergangen. Sein neues Protokoll sieht so aus: Dreimal täglich drei bis vier Minuten eine - Abfolge von Übungen für Beine, Arme und Rumpf. Dahei soll man tüchtig ausser Atem geraten. Zwischen den Übungen soll man mindestens 2 Stunden Pause einlegen. Letzte Einheit nicht nach 18 Uhr.

Warum dies besser sein soll als Peak-8, hat Mercola in seinem Text leider nicht erklärt. Ein Vorteil liegt auf jeden Fall darin, dass man diese Übungen auch zuhause auf einer Matte – oder wie Mercola - notfalls in einer Abflughalle machen kann. Wahrscheinlich liegt man nicht schlecht, wenn man das tut, was einem (einigermassen) Spass macht und was man nicht schon nach ein paar Wochen wieder aufgibt.

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