Bei der Impffrage endet bei vielen die Toleranz. Auf Datingplattformen geben manche Geimpfte ihren Impfstatus im Profil direkt bekannt oder fragen beim ersten Kontakt danach. Gegner der Covid-19-Impfung gehen einen Schritt weiter: Sie schaffen sich eigene Räume.
Impffrei Love mit Sitz in der Schweiz ging schon im Sommer 2021 online. Vor wenigen Wochen folgte die deutsche Plattform Schwurbeltreff. Beim Erstellen eines Profils wählt man zwischen den Optionen «Nicht geimpft» oder «Keine Angabe». Geimpfte sind nicht angesprochen.
Bevorzugte Verschwörungstheorien
Schwurbeltreff beschränkt sich nicht auf die Impffrage, sondern richtet sich an Anhängende von allerlei Verschwörungstheorien. Wer auf der neuen Plattform ein Profil erstellt, klickt an, welchen Theorien er oder sie Glauben schenkt, darunter UFOs, flache Erde, Klimawandel, 5G, Corona, 9/11, und einige mehr. So können sich Menschen mit gleichen Überzeugungen direkt matchen.
Hinter Schwurbeltreff steht Michael Bründel (45), der in Deutschland unter dem Pseudonym Captain Future als Aktivist gegen Coronamassnahmen Bekanntheit erlangt hat. Er schreibt: «Spätestens Corona hat die Menschen in zwei Lager geteilt: Jene, die den Mainstream-Medien und Politiker-Darstellern grundsätzlich vertrauen, und jene, die alternative Medien benutzen und viele Dinge ganz anders sehen und bewerten.» Selbstironisch bezeichnen sie sich als Kennenlern-Plattform speziell für Schwurbler und Aluhut-Träger.
Verständnisvolle Gemeinschaft
Soziologin Katja Rost (47) sagt: «Diese Menschen haben sich seit Beginn der Pandemie isoliert, sind angeeckt. In dieser Gemeinschaft, die sich gegen aussen abgrenzt, werden sie hingegen verstanden.» Die Verknüpfung auf einer Plattform wie Schwurbeltreff gebe ihnen die Möglichkeit, diese «positive Identität aufrechtzuerhalten», wie die Professorin von der Universität Zürich sagt.
In den ersten Wochen hat Schwurbeltreff rund 2000 Anmeldungen verzeichnet, aus der Schweiz sind die Registrierungen noch im tiefen zweistelligen Bereich.
Dass die Suche nach Gleichgesinnten unter Ungeimpften auch in der Schweiz ein Bedürfnis ist, zeigt Impffrei Love. Die Plattform heisst seit September 2022 anders, nämlich Conscious Love. Laut Gründer Thomas Becherer sind gut 1500 Personen aus der Schweiz derzeit auf der Plattform aktiv. Auf Anfrage schreibt er, Conscious Love wolle «bewusste Menschen verbinden, inspirieren und über weitere Angebote die persönliche Weiterentwicklung der Menschen unterstützen».
Ist es nur praktisch und zielführend, sich auf Plattformen zu bewegen, die eine bestimmte Zielgruppe ansprechen, wie es auch Dating-Sites für alleinstehende Eltern oder ältere Menschen gibt? Oder bergen Plattformen wie Consicous Love und Schwurbeltreff Gefahren? «Würde man das Credo hochhalten: leben und leben lassen, wäre nichts gegen solche Gruppenbildungen einzuwenden», sagt Katja Rost. «Doch wenn man sich gegenseitig bekämpft und nicht miteinander spricht, kann das durchaus zur Radikalisierung beitragen.»
Die meisten Dating-Seiten sprechen Singles an, aber es gibt immer mehr Schweizer Plattformen für Menschen mit bestimmten Interessen oder Beeinträchtigungen. Die Generation 50+ findet auf Datearentner.ch oder date50.ch eine neue Liebe. Die Partnersuche für Alleinerziehende ist ebenso gut abgedeckt in der Schweiz: Auf singlemitkind.ch lernen sich Eltern oder Singles mit Familienwunsch kennen. Auf tierisch-verliebt.ch können sich Tierliebhaber-Singles kontaktieren, genauso wie auf der Facebook-Datingseite «Singles mit Haustieren Schweiz». Deindate.ch wurde vor zwei Jahren für Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung lanciert. Weiter zählt Handicap-love.de zu den grössten Plattformen und bietet eine Kontaktsuche für Menschen mit einer körperlichen oder seelischen Beeinträchtigung.
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