Webprojekt Queering the Map
Eine halbe Million queerer Liebesgeschichten zum Anklicken

Der digitale Atlas «Queering the Map» zeigt nicht die besten Sehenswürdigkeiten, Restaurants oder Unterkünfte an, sondern Orte, wo queere Erinnerungen geschaffen wurden. In den Mini-Geschichten herumzuklicken, hat etwas Voyeuristisches, aber vor allem Berührendes.
Publiziert: 10.09.2023 um 16:42 Uhr
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«Hier habe ich mich gegenüber meinen Eltern geoutet.» Ein Eintrag aus Jens BE auf der digitalen Weltkarte «Queering the Map».
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Karen SchärerTeamlead Gesellschaft

Mehr als eine halbe Million Stecknadeln auf einer virtuellen Weltkarte; mehr als eine halbe Million anonyme, kleine Geschichten von ersten Küssen, Coming-outs, Einsamkeit und Herzklopfen, platziert von queeren Menschen auf der ganzen Welt. «Queering the Map» ist eine Weltkarte der Liebe von Menschen, die nicht heterosexuell sind oder eine Geschlechtsidentität haben, die nicht-binär oder nicht-cisgender ist. 

Manche Weltregionen sind auf dem digitalen Atlas in der Übersicht komplett schwarz, weil so viele Pins gesetzt wurden. Beim Heranzoomen ist mancherorts in jeder Stadt, an fast jeder Strassenecke eine Erinnerung in Form einer kleinen Geschichte festgemacht. Auch in der Schweiz sind von der Bettmeralp im Wallis über Nidau am Bielersee bis nach Schlatt im Kanton Thurgau Erinnerungs-Pins auf der Karte gesetzt.

Einträge aus Ländern, wo Homosexualität verboten ist

Im Jahr 2017 ursprünglich als Projektarbeit an der Concordia University im kanadischen Montreal konzipiert, hat «Queering the Map» von Lucas LaRochelle (27) heute über eine halbe Million Einträge gesammelt. Vor dem Freischalten wird jeder Eintrag von einem ehrenamtlichen Team von 60 Personen geprüft, Tausende Einträge stehen in der Warteschlaufe.

Sorgfalt ist geboten, schliesslich soll niemand geoutet werden. Manche Pins stammen aus Ländern, in denen Menschen aus gesellschaftlichen oder gesetzlichen Gründen ihre Geschlechtsidentität oder sexuelle Orientierung nicht offen leben können.

So hat zum Beispiel das ostafrikanische Binnenland Uganda, wo «homosexuelle Handlungen» seit ein paar Monaten per Gesetz harte Strafen nach sich ziehen, erst wenige Pins. Wer am Bildschirm die Maus auf eine Stecknadel platziert, bekommt zum Beispiel aus der Stadt Jinja folgenden Text in Englisch angezeigt: «Hier hatte ich mein Coming-out. Meine Freunde hassten mich nicht dafür.» Einige Kilometer westlich, in der Hauptstadt Kampala eine weitere Stecknadel: «Hier küsste ich das erste Mal ein Mädchen. Ich erkannte, dass ich nicht mal annähernd heterosexuell bin.» 

Ein Eintrag aus dem Iran: «Ich wünschte, ich hätte das Recht, glücklich zu sein.» Einer in Saudi-Arabien: «Ich bin non-binär, und es ist schwierig, hier zu leben.» Die Beispiele aus Ländern, wo die Repression gegen queere Menschen sehr stark ist, berühren. Aber das gilt für das ganze Archiv dieser queeren Erinnerungen und Emotionen. 

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