Manche sorgten für Lacher und gute Quoten, einige für Ärger – und viele fanden kein Publikum. Blick nimmt die Premiere von «Late Night Switzerland» zum Anlass, um die Vorgängersendungen seit 1990 unter die Lupe zu nehmen. Klar ist: Die Schweiz startete spät ins Late-Night-Format. In vielen anderen westlichen Ländern waren die Lacher spätabends schon seit Jahrzehnten Teil des TV-Programms.
So funktioniert die Bewertung:
😂 = gar nicht witzig.
😂😂 = selten ein Lacher.
😂😂😂 = ziemlich witzig.
😂😂😂😂 = da lacht das Land.
😂😂😂😂😂 = Lachkrampf!
«Viktors Programm» (1990–1995), «Viktors Spätprogramm» (1995–2002)
Der ganz grosse Klassiker unter den Schweizer Late-Night-Shows ist «Viktors Spätprogramm», für das die Vorgängersendung «Viktors Programm» den Boden legte. Viktor Giacobbos (72) Figuren aus dem Spätprogramm sind bis heute Kult: Harry Hasler, Fredi Hinz, Debbie Mötteli und Co. Die Show lockte im Schnitt über eine halbe Million Zuschauer vor den TV – und die ganz grossen Namen ins Studio. Bundesrätinnen und Wirtschaftskapitäne gingen ein und aus. Gewisse Gags funktionieren heute nicht mehr ganz so gut: Rajiv Prasad, eine Figur, die einzig auf gebrochenem Deutsch basiert …, na ja. Aber klar ist: Viktors Spätprogramm ist der Urknall der Schweizer Late-Night-Tradition. Oder besser: des Schweizer Late-Night-Traditiönli.
😂😂😂😂😂
«Ventil» (1996–2000)
So radikal war nie mehr eine Humor-Sendung beim SRF. Frank Baumann (66) sorgte mit seiner kleinen, kostengünstigen Sendung für grosse Schlagzeilen und zünftig Ärger. Legendär das Pult mit dem grossen Schalthebel – mit dem er die zahlreichen anrufenden Zuschauer aus der Sendung werfen konnte. Unvergesslich die Ufo-Sendung, in der Uriella (1929–2019) minutenlang abstruse Theorien über Ausserirdische verzapfte, während Erich von Däniken gleichzeitig mit einem kleinwüchsigen Mann dinierte. So etwas Abgedrehtes lief seither nie mehr über einen Schweizer Sender. Entsprechend polarisierte die Sendung. Immer wieder wurde lautstark die Absetzung gefordert. Schluss war erst nach 75 Folgen.
😂😂😂😂😂
«Feinheiten» (1997)
Boogie-Woogie-Pianist Raymond Fein (73) holte mit der Sendung «Traumpaar» (1987–1993) und dem rosa Rüsseltier «Schnüfeli» jeweils an einem Montagabend gegen eine Million Zuschauer vor den Bildschirm. Der Gedanke lag nahe, ihm danach eine Late-Night-Show anzuvertrauen, bei der er vom Klavier aus moderierte. Doch «Feinheiten», mit Live-Band und Gästen wie Peach Weber (71) und «Quotenfrau» Christine Maier (58, Zitat Fein) war ein Quotenflop und wurde nach einer Folge bereits wieder abgesetzt. Fein blieb nach einem Burnout der Öffentlichkeit fern.
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«Nightmoor» (1997–1999)
In den 1990er-Jahren hatte der später auf seriös machende Kulturmoderator und Hobbybauer Dieter Moor (65) aus Bäretswil ZH noch weniger Berührungsängste. In «Nightmoor», neben der «Harald Schmidt Show» zeitweise die einzige tägliche Late-Night-Show Europas, gab der ausgebildete Schauspieler den intellektuellen Hanswurst und Zyniker. Nach 300 Folgen überwarf er sich mit SRF inhaltlich. Später betrieb er in Brandenburg einen Bio-Bauernhof. Zuletzt sorgte Moor 2013 für Aufsehen, als er den seiner Meinung nach unpassenden Vornamen Dieter durch Max ersetzte.
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«Black'n'Blond» (2005–2006)
Der durchschlagende Erfolg von «MusicStar» beflügelte 2004 die neue SRF-Führungsspitze mit Schellenberg-Nachfolgerin Ingrid Deltenre (63). Sinnbild dieser neuen Lust am Wagemut und an Experimenten fürs grosse Publikum war die für Schweizer Verhältnisse gewagte und teure Eigenproduktion «Black'n'Blond». Roman Kilchsperger (53, Black) und Chris von Rohr (72, Blond) hatten sich bereits in der «MusicStar»-Jury verstanden. Eine ganze Sendung als Spin-off vermochten die derben Spässe aber keineswegs zu tragen. Nach einer Staffel samt Kreativpause liess Deltenre den Stecker ziehen.
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«Giacobbo/Müller» (2008–2016)
Acht Jahre lief die Sendung mit dem Untertitel «Late Service Public». Ohne Zwischentöne verlief die Ära von Mike Müller (60) und Viktor Giacobbo nicht. Zu wenig giftig, zu wenig schnell, hiess es anfangs. Und auch Blick vermeldete jeden Quotenrückgang zuverlässig. Mit etwas Abstand muss man sagen: Auch diese Sendung prägte die Schweiz nachhaltig. Nach «Viktors Spätprogramm» entwickelte Giacobbo mit Mike Müller zum zweiten Mal unvergessliche Figuren, wie Hanspeter Burri oder Mergim Muzzafer. Auch beim Publikum kamen «Giacobbo/Müller» an – sie hatten bis zu 619'000 Zuschauer pro Sonntagabend. Da kam seither niemand mehr auch nur im Ansatz ran.
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«Deville» (2016–2023)
Dominic Deville (49) hatte Ausdauer: Gleich lange wie das legendäre Spätprogramm von Viktor Giacobbo lief seine Sendung. So stetig kann sich eine Sendung nur halten, wenn sie funktioniert. Tatsächlich war «Deville» eine Sendung, in der Comedy-Talente den Durchbruch schafften, wie «Deville»-Chefautor Patrick «Karpi» Karpiczenko (38). Und mit einem Trump-Ulk-Video erreichten die Sendemacher auf Youtube Millionen. «Deville» wird als solide Sendung in Erinnerung bleiben. Das Land bewegt hat sie aber nicht wirklich.
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«Late Update» (2018–2019)
Der Versuch, mit Komiker Michael Elsener (38) eine massenkompatible Late-Night-Show zu wagen, war ein einziges Missverständnis für alle Beteiligten. Der Zuger gab sich im Vorfeld als schrulliger Politfuchs und Spätaufsteher. Das fehlende Tempo in den Probesendungen zog er auch später nicht an. Einziges Glanzlicht blieb, wie Elsener als vermeintlicher deutscher Journalist Frank-Walter Froschmeier den SP-Chef Christian Levrat (53) vorführte. Die im Scherz-Interview als «heiss» bezeichnete Juso-Chefin Ronja Jansen (29) liess sich gar zu einer Sexismus-Klage hinreissen.
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«Die Sendung des Monats» (seit 2023)
Das bisher jüngste Kind in der SRF-Late-Night-Familie liegt nach fünf Sendungen noch scheu und unsicher in der Wiege. Das liegt bereits am sperrig-skurrilen Titel und am schwierigen Ansatz, in 40 Minuten die Ereignisse eines ganzen Monats zu verwursten. Die Runde mit Gabriel Vetter (40), Sven Ivanić (33) und Fabienne Hadorn (48) ist mässig austariert und entwickelt bisher kaum Drive und Dynamik. Das forcierte Bemühen, witzig, eloquent und schlagfertig zu sein, ist leider zwischen jeder zweiten Zeile zu spüren. Lasst doch endlich die Handbremse los, möchte man dem Trio zurufen.
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