So tönt es, wenn die Künstliche Intelligenz jodelt
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Luzerner Forscher analysiert:So tönt es, wenn die Künstliche Intelligenz jodelt

Volksmusik trifft auf Computer
Luzerner Forscher bringt KI zum Jodeln

KI und Jodel? Das Ganze ist mehr als ein Jux. Künstliche Intelligenz könnte helfen, unzählige Jodel-Stücke einem Komponisten zuzuordnen. Forscher an der Hochschule in Luzern haben eine Lösung gefunden.
Publiziert: 16.06.2023 um 22:48 Uhr
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Aktualisiert: 19.06.2023 um 11:38 Uhr
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Am Eidgenössischen Jodelfest kommt der Jodel noch von Sängerinnen und Sängern. Im Bild Jodler Peter Rymann mit dem Jodlerklub Giswil (Symbolbild).
Foto: Manuel Geisser
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Nicola AbtReporter Sport

Künstliche Intelligenz (KI) kann auch Volksmusik. Den Beweis dafür liefert der Wissenschaftler Daniel Pfäffli an der Hochschule in Luzern. Die Idee entstand während seiner Masterarbeit über KI. Der 36-Jährige erlebte den gigantischen Lernprozess der KI in den letzten Jahren hautnah mit. «Zuerst konnte man damit Bilder generieren. Später entstanden ‹KI-Songs›.» Weil an der Hochschule in Luzern viel Forschungsarbeit zum Thema Jodel betrieben wird, wählte er die Volksmusik als Experimentierfeld.

Gleich zu Beginn stand Pfäffli vor einer grossen Herausforderung. «Ich musste den Computer mit Jodelmusik füttern. Nur so lernte er, was das genau ist.» Das Auftreiben der Trainingsdaten benötigte viel Zeit. «Anders als bei Spotify ist das Jodel-Archiv nicht schön nach Genre oder Autoren aufgeteilt. Bei vielem ist unklar, woher es kommt. Ein Naturjodel aus dem Kanton Bern tönt anders als einer aus dem Muotathal.» Diese Unterschiede muss ein Computer, genauer ein Modell der künstlichen Intelligenz, erlernen. Pfäffli trainierte das Modell mit 15 Stunden Naturjodel – wortlosem Gesang ohne Instrumentenbegleitung.

Weiterentwicklung sprengt das Budget

Der Prozess hin zu einem KI-Jodlersong ist hochkomplex. «Es gibt überall Stellschrauben. Nur wenn diese perfekt eingestellt sind, kommt am Ende der Leitung etwas Brauchbares heraus. Meistens ertönt ein Rauschen.» Doch irgendwann hatte Pfäffli Erfolg: Nach drei Monaten Arbeit jodelte der Computer 2018 ein erstes Mal. Wie gut er wohl am Eidgenössischen Jodlerfest abschneiden würde? «Wir haben das Stück von erfahrenen Jodlern beurteilen lassen. Sie fanden es nicht einmal so schlecht. Zumindest haben sie erkannt, dass es sich um einen Jodel handelt. Ein riesiger Erfolg.»

Pfäffli sagt aber auch: «Das Ergebnis ist keine ‹echte› Musik. Das Modell hat eine Aufmerksamkeitsspanne von wenigen Sekunden. Eine richtige Melodie kann so nicht entstehen.» Eine Weiterentwicklung ist für Pfäffli ausgeschlossen. Dafür wären die Kosten zu hoch.

Naturjodel und Technomusik

Das Jodler-Projekt erlebte dennoch eine Fortsetzung – unter dem Namen «Artificial Yodel». Gemeinsam mit seinen Wissenschaftlerkollegen Fabian Gröger, der auch zum Forschungsteam ABIZ gehört, und Yannick Wey, ein Experte für Volksmusik, entwickelte Pfäffli ein neues KI-Modell. «Es ist nicht darauf spezialisiert, Musik zu generieren, sondern zu erkennen und aufzuzeigen, was ein Musikstück einzigartig macht.»

Dafür arbeiteten die drei mit zwei Datensätzen: Zum einen mit einer Sammlung von Naturjodel aus verschiedenen Regionen der Schweiz und mit dem Set eines DJs mit unterschiedlichen Techno-Subgenres. Die Idee dahinter? «Die KI erlernt besser, was ein Lied ausmacht, wenn sie auch mit Genre-fremden Daten trainiert wird», erklärt Pfäffli.

Positives Fazit

Die antrainierte Datenbank erlaubt es dem Computer nun, ein ihm bisher unbekanntes Stück einem Genre oder einem Autor zuzuordnen. Der Rechner ermittelt, welche Musikstücke die drei, zehn oder zwanzig ähnlichsten sind. «Die Testversuche sind vielversprechend. Ein Naturjodel wurde mit Musikstücken aus der gleichen Region assoziiert», erklärt Wey.

Heute gibt Tausende Jodel-Aufzeichnungen. Bei einem grossen Teil sind die Autoren unbekannt. Das neu entwickelte KI-Modell könnte dieses Chaos im Jodlerarchiv teilweise beseitigen.


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