Auf einen Blick
- Reaction-Videos zu Reality-TV boomen in sozialen Medien
- Auch Schweizer kommentieren Reality-TV-Shows
- Videos zum «Bachelorette»-Finale erreichten knapp 500'000 Aufrufe
In den sozialen Medien boomt ein neues Genre: Reaction-Videos zu Reality-TV. Deutsche Content Creator wie «Annikazion», «Silvi Carlsson» oder «mirellativegal» zeigen Ausschnitte aus den neuesten Folgen von «Die Bachelorette», «Love Island» und Co. und kommentieren diese.
Die Content Creators gehören zu den grössten im deutschsprachigen Raum und erreichen oft mehr Zuschauer als die Originalsendungen selbst. Allein die Videos zum Finale der letzten «Bachelorette»-Staffel zählten bei ihnen zusammen knapp 500'000 Aufrufe.
Das begleitete Schauen ist auch in der Schweiz angekommen. Der Podcast «RealiTea» kommentiert auf Spotify, Instagram und YouTube Reality-TV-Shows – allerdings noch mit geringerer Reichweite von etwas mehr als 150 Followern.
Vom Freundinnen-Tratsch zum Podcast
Dahinter steckt das Frauenduo Nadine Schnellmann aus Bern (28) und Marija Bekavac (28) aus Zürich. Die beiden Freundinnen kennen sich seit der Schulzeit und teilen ihre Leidenschaft für Reality-TV. «Es ist einfache Unterhaltung, bei der man am Abend den Kopf abschalten kann», erklären die beiden ihre Faszination.
Schon vor dem Podcast unterhielten sie sich regelmässig über den neuesten Tratsch aus der Welt des Reality-TV. «Eure Gespräche könntet ihr doch auch aufnehmen», schlug ihnen eine gemeinsame Kollegin vor.
«Wir dachten, es fehlt noch etwas auf Schweizerdeutsch», sagen Schnellmann und Bekavac. Seit August 2024 nehmen sie jeweils wöchentlich eine Folge ihres Podcasts auf und investieren darin jeweils rund acht Stunden.
Dabei sprechen sie über Reality-TV-Sendungen, die gerade im Fernsehen ausgestrahlt werden. Egal, ob deutsch oder schweizerisch.
Reality-TV ist leicht zu verdauen
Warum wird das angeschaut? «Die Zuschauer können starke Emotionen beobachten und miterleben und sich mit den Reaktionen und Meinungen der Content Creator vergleichen», erklärt Michelle Möri, Forscherin am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung in Zürich. Die Inhalte seien nicht anspruchsvoll, sodass die Zuschauer ohne viel kognitiven Aufwand folgen können.
Die Erfolgsformel: «Humor und Kürze», sagt die Medienexpertin: «Eine ganze Sendung wird auf Pointen zusammengekürzt, die Handlungsstränge treten in den Hintergrund.» Allerdings sei auch Authentizität entscheidend – die Reaktionen müssten zum gezeigten Inhalt passen.
Das Phänomen beschränkt sich dabei nicht nur auf Reality-TV. In der Gamingszene gibt es das seit Jahren, etwa bei Reaktionen zu Videospielen auf der Live-Streamingplattform Twitch, oder in der Musik, wenn zum Beispiel ein Künstler auf Social Media darauf reagiert, wie seine Fans seine Lieder anhören.
Follower bleiben treu
Dass manche Reaction-Videos erfolgreicher sind als die Originalsendungen, überrascht Möri nicht: «Viele Personen haben keine Lust, zu einer bestimmten Sendezeit die gesamte Sendung live zu schauen, können sich aber mit der kondensierten Version auf dem Laufenden halten.»
Zudem hätten sich einige Content Creator bei ihren Followern etabliert. Viele bleiben ihnen treu und konsumieren deren Zusammenfassungen, obwohl sie die Sendungen nicht mehr verfolgen.