Studenten wollen Zypernkonflikt lösen
Sie hatten Frieden im Gepäck

Zwei HSG-Studenten reisen nach Zypern und versuchen, den langjährigen Konflikt zu lösen. Vor Ort wollen sie erleben, was auf der Mittelmeerinsel passiert und was die Bevölkerung von der Teilung in einen griechischen und in einen türkischen Teil hält.
Publiziert: 22.04.2023 um 18:16 Uhr
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Aktualisiert: 22.04.2023 um 23:02 Uhr
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Die zwei HSG-Studenten Julian Kessler (25) und Céline Bradke (22) wollen dem Zypernkonflikt auf den Grund gehen.
Foto: Nathalie Taiana
Lena Lauper Baldellou

Mit Kamera, Reisepass und Landeskarte sitzen die zwei Studenten Céline Bradke (22) und Julian Kessler (25) im Gebäude «The Square» der Universität St. Gallen. In ein paar Tagen fliegen sie nach Zypern. Aber nicht um in Agia Napa zu feiern, wie man es sonst von Gleichaltrigen kennt, sondern mit einer ganz anderen Absicht.

Die beiden Studenten der internationalen Beziehung belegen den Kurs «Zypern – ein unlösbarer Konflikt?». Aber statt wie alle anderen am Schreibtisch eine Seminararbeit zu schreiben flogen die beiden auf die Insel. «Das Hauptziel dieser Reise ist es, einen richtigen Eindruck zu bekommen, von dem, was auf der Insel passiert, und herauszufinden, welche Rolle der Konflikt im alltäglichen Leben der Bürger und Bürgerinnen einnimmt», sagt Julian aus Offenburg im Schwarzwald (DE).

Sein Traum ist es, Diplomat zu werden. Aber glauben die zwei etwa, sie könnten Frieden in einem uralten Konflikt schaffen? «Klar, werden wir den Konflikt nicht lösen», lacht Céline, «aber wir fanden es merkwürdig, Lösungsansätze für einen Konflikt zu suchen, von dem wir beide nicht viel wussten, weil wir nie dort waren. Deshalb wollen wir es vor Ort erleben.»

Der «eingefrorene» Konflikt

Der Zypernkonflikt, auch Zypernfrage genannt, gehört zu einer dieser vielen fortlaufenden Auseinandersetzungen Europas. Dieser sogenannte «eingefrorene» Konflikt, bei dem schon lange nicht mehr gekämpft wird, eskalierte im Jahr 1974 und teilte die Mittelmeerinsel Zypern in zwei Gebiete. Die sogenannte «Grüne Linie», auch Demarkationslinie genannt, trennt die Insel in das türkische Gebiet im Norden und den südlichen griechischen Teil.

Sie wird von der UNO überwacht und verläuft mitten durch die Hauptstadt Nikosia. Die international nicht anerkannte türkische Republik Nordzypern, koexistiert also neben der EU anerkannten griechisch-zypriotischen Republik.

Komplizierter als gedacht

Die beiden landeten in Zypern auf dem Boden der Realität. Sie versuchten auf beiden Seiten, mit der Zivilbevölkerung in Kontakt zu kommen, stiessen aber auf viel Misstrauen. «Viele haben eine sehr pessimistische Sicht, vor allem die älteren Generationen. Jüngere Leute berichten dagegen, dass sie sogar mit der jeweils anderen Seite in Kontakt stünden,» erzählt Céline.

Die Studenten trafen Professoren, NGOs und kamen mit den Bewohnern der Insel in Kontakt. Sie waren auch in der Stadt Pyla, da diese eine «mix city» ist, in der die Leute ohne Demarkationslinie zusammenleben. Im türkisch-zypriotischen Teil Nikosia gibt es sogar eine Bar namens «Hoi Polloi», wo sich angeblich junge Menschen von beiden Seiten auf einen Drink treffen.

Horizont erweitert

«Die Reise hat sich für uns auf jeden Fall sehr gelohnt – nicht nur für unser Forschungsprojekt, sondern auch für uns persönlich. Das Land, die Menschen und die Kultur haben uns fasziniert und unseren Horizont erweitert. Man spürte, dass sie sich vom Rest der Welt etwas vergessen fühlten.»

Wie geahnt, ist der Konflikt komplizierter und schwieriger als sie dachten. Trotz des eher heiklen Themas waren viele bereit, ihre persönliche Meinung und Geschichte mit den zwei Studenten zu teilen. Die zwei Studenten sind tief berührt vom Schicksal der Menschen auf der Insel, aber auch hoffnungsvoll, dass sich ihre Situation eines Tages zum Besseren wenden wird.

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