«Der Kanton hat noch nie Noten zwischen den Zeugnissen verlangt», sagt Olivier Félix (55), Schulleiter in Birmenstorf AG. Der Aargau überlässt den Entscheid den Lehrpersonen, welche Arten von Lernkontrollen sie durchführen und in welcher Form die Beurteilung erfolgt. «Er lässt uns da seit Jahren viel Spielraum.»
Spielraum, den Félix in «seiner» Schule nutzt: Seit vielen Jahren gibt es an der gesamten Primarschule keine Noten mehr zwischen den Zeugnissen.
Vielfältige Beurteilungsmöglichkeiten
Aber womit wird die Prüfungsnote ersetzt? Die Formen der Beurteilung seien ganz verschieden, sagt Olivier Félix. Dazu gehören: Gespräche über das Lernen zwischen Kind und Lehrperson, Selbstbeurteilungen oder Beurteilungen durch Gspänli in der Klasse, Beobachtungen, Lernkontrollen am Schluss eines Themas mit einer Beurteilung in Worten, und anderes mehr. In Gesprächen mit den Eltern zeigen die Lehrpersonen diesen genau auf, wo das Kind steht.
Den Lernprozess oder den Leistungsstand dokumentiert die Schule nur noch in Worten. Dabei wird immer mehr auf Prädikate wie «gut» verzichtet, denn dies liesse sich einfach in eine Note 5 übersetzen.
Hinderlich in diesem System seien die grossen Klassengrössen, sagt Félix. «Schliesslich wollen wir regelmässige Gespräche führen können zwischen Kind und Lehrperson.» Zudem sei die Sicht aller involvierten Lehrpersonen sehr wichtig. «Da ist Teamarbeit nötig.»
Für die Kinder kein Problem
Die Kinder gingen sehr gut mit dem notenlosen System um, sagt der Schulleiter. «Nur wenn ihre Eltern es nicht verstehen wollen, zeigen sie sich solidarisch.» Und wenn Verwandte für jede 5 oder 6 einen Batzen spendierten, bekomme die Note für ein Kind eine Wichtigkeit.
Das System an der Schule Birmenstorf, wie an anderen Schulen, die am Schluss des Semesters doch wieder Noten vergeben müssen, bleibt ein Spagat. Unter dem Semester erfolgen die Rückmeldungen kompetenzorientiert: «Wir schauen, wo das Kind in welcher Kompetenz steht und wissen, es hat Zeit, daran zu arbeiten.»
Und im Zeugnis doch die Noten
Im Widerspruch dazu wird das Kind aber zweimal jährlich doch wieder an einer Norm gemessen: In Noten ausgedrückt lässt sich ablesen, wo es im Vergleich zu den anderen Kindern steht. Félix ärgert sich darüber: «Hören wir doch auf, die Kinder in Kategorien zu stecken. Jedes Kind macht seinen Weg, die einen schneller, andere langsamer, und auch der Erwachsene bleibt ja nicht stehen.» Es seien nicht alle gleich und nicht alle machten denselben Weg. Zum Glück, sagt Olivier Félix. «Also weg mit den Noten und hin zum Kind und dessen wahren Bedürfnissen.»
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