Pressefotograf Siegfried Kuhn über seine Arbeit
Ogi machte für ihn den Kopfstand

Geduld, Ausdauer, ein Gespür für Menschen – damit schoss Siegfried Kuhn preisgekrönte Bilder. Das Stadtmuseum Aarau widmet ihm nun eine Ausstellung. Uns hat er erzählt, wie es zu den Aufnahmen kam.
Publiziert: 11.03.2023 um 15:09 Uhr
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Aktualisiert: 13.03.2023 um 13:33 Uhr
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Siegfried Kuhn fotografierte über 30 Jahre lang für das Verlagshaus Ringier. Hier: Roger Moore beim Melken der Kuh «Meieli» in einem Stall in Gstaad (1981).
Foto: Siegfried Kuhn © StAAG/RBA-21
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Rebecca WyssRedaktorin Gesellschaft / Magazin

Roger Moore molk für ihn eine Kuh, Adolf Ogi machte den Kopfstand und Ursula Andress posierte beim Blumenstand ihrer Mutter – der Fotoreporter Siegfried Kuhn (92) holte aus Menschen Dinge heraus, die sie selbst nicht für möglich hielten. Sein Erfolgsgeheimnis: Geduld, Ausdauer, ein Gespür für Menschen. Und, wie Kuhn sagt: «Glück muss man haben.»

Über 30 Jahre lang, bis 1995, fotografierte er für die Publikationen des Verlagshauses Ringier, das diese Zeitung herausgibt. Nun zeigt das Stadtmuseum Aarau bis Februar 2024 seine Bilder und wirft ein Schlaglicht auf die Geschichten hinter den Headlines. Die Ausstellung basiert auf der Autobiografie «Siegfried Kuhn – Pressefotograf 1959–1995» und somit auf den Bildern des Ringier-Bildarchivs.

Die Fotografie bestimmte sein Leben von Anfang an. Seine Eltern waren Fotografen in Lyss BE, hatten ein Geschäft. Als Bub kam er während des Zweiten Weltkriegs mit Internierten in Kontakt – also jenen Militärangehörigen von Kriegsparteien, die vor Kriegsgefangenschaft in die Schweiz flohen. Einer der Männer, ein Italiener, fotografierte für das prestigeträchtige US-Reportagenmagazin «Life» und erzählte dem Jungen von seinen Abenteuern. Siegfried Kuhn sagt: «Das imponierte mir.»

Er machte eine Fotografenlehre und stieg danach in die Pressefotografie ein – beim damaligen A. T. P. Bilderdienst, der Zeitungen mit tagesaktuellen Bildern versorgte. Schoss Fotos an Sportanlässen und für Reportagen. Räumte damit 1975 den Grossen Fotopreis der Schweiz SBG und 1994 den BTM-Preis für Pressefotografie ab. Dazu verhalf ihm eine Eigenschaft: «Ich bin immer drangeblieben.» Kuhn hatte Sitzleder, blieb bis zum Schluss einer Demo, nur um das beste Bild des Tages herauszuholen. «Einmal fing es erst richtig an, nachdem meine Berufskollegen schon heimgegangen waren», erinnert er sich.

Siegfried und Maya Kuhn zu Hause bei Murten FR.
Foto: Kurt Reichenbach

Was Kuhn auch hatte: Maya Kuhn (85), seine Ehefrau und ebenfalls Fotografin. «Sie hat mir wahnsinnig geholfen», sagt er. 1965 heirateten die beiden, blieben kinderlos, widmeten ihr Leben der Pressefotografie. Sie assistierte ihm und fotografierte für ihn. Gerade bei Sportanlässen wie Skirennen. Kuhn war am Berg unterwegs – «im Gaggo», wie er erzählt – und knipste die Fahrer auf der Piste in Aktion. Seine Frau lichtete im Ziel die Sieger ab. So schafften sie als Team, was für einen einzelnen Fotografen unmöglich gewesen wäre: den gleichen Rennfahrer während des Laufes und im Ziel zu fotografieren. Der Clou: «Nicht einmal die Redaktion wusste davon.» Mayas Name erschien nie in einer Fotozeile.

Seine Gedanken zur Entstehung von drei Bildern teilt er hier exklusiv mit Blick.

So kam es zum Kopfstand von alt Bundesrat Adolf Ogi (80)

«Die Homestory für die ‹Schweizer Illustrierte› entstand kurzfristig. Ich wusste, ich musste innert zwei Stunden mehrere gute Bilder machen. Es war verrückt. Ich kannte Ogi schon seit seiner Zeit als Direktor des Schweizerischen Skiverbandes. Ich wusste: Ogi ist sportbegeistert und unkompliziert. Macht immer gut mit. Ich wollte Action im Bild und bat ihn, Turnübungen zu machen. Er liess sich nicht zweimal bitten und sagte, er könne Bodenturnen, faltete seinen Körper sofort zusammen und machte als Zugabe einen Kopfstand.»

1991 lichtete Siegfried Kuhn Ogi zu Hause beim Kopfstand ab.
Foto: Siegfried Kuhn © StAAG/RBA-21

«Bond»-Schauspieler (89) Roger Moore molk für ihn eine Kuh

«Ich war an einer Reportage über Roger Moore, als mir die Idee kam, ihn beim Melken zu fotografieren. Ein Star im Kuhstall – das war ein schöner Kontrast. Und dachte: Das macht er nie. Doch er sagte sofort zu, er hatte schon als Bub bei seinem Onkel in den Staaten Kühe gemolken. Ich war platt. Nun hatte ich ein Problem: Ich musste eine Kuh finden. Ich rief den ehemaligen Skirennfahrer und Landwirt Hans Zingre am, der war gottlob daheim und seine Kühe noch nicht auf der Alp. So wurde es das ‹Meieli›. Moore setzte sich auf den Melkstuhl, Meieli guckte schön in die Kamera, da musste er grinsen und ich drückte auf den Auslöser.»

Roger Moore beim Melken der Kuh «Meieli» in einem Stall in Gstaad, 1981.
Foto: Siegfried Kuhn © StAAG/RBA-21

Schauspielerin Ursula Andress (86) posierte mit Blumen für ihn

«Das Bild entstand am Anfang von Andress' Karriere, während ihrer Zeit als ‹Bond›-Darstellerin. Ihre Mutter hatte auf dem Berner Märitplatz einen Blumenstand, ich ging mit ihr dorthin und fotografierte sie mit einem Strauss. Darauf folgten über die Jahre weitere Fotoaufnahmen. Auch dank ihrer Schwestern, die in Bern einen Coiffeurladen hatten. Ich war ihr Stammkunde, erfuhr immer, wenn sie in der Schweiz war. Speziell bei Andress war: Ich hätte sie nie aufnehmen können, wenn sie lacht, das lehnte sie strikt ab. Das war ihr Tick als Filmschauspielerin.»

Ursula Andress am Blumenstand ihrer Mutter auf dem Bundesplatz, 1964.
Foto: Siegfried Kuhn © StAAG/RBA-21

Siegfried Kuhn – ein Leben als Pressefotograf: Stadtmuseum Aarau, 10. März 2023 bis Februar 2024. Begleitprogramm: öffentliche Termine im Schauarchiv des Ringier-Bildarchivs, ab 19. März 2023.


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