Gegen den Gruppendruck
Er durfte erst mit 15 ein Smartphone haben

Wie erlebt es ein Jugendlicher, als Letzter der Klasse ein Handy zu bekommen? Und was sind die Beweggründe der Eltern für diesen unpopulären Entscheid? Vater und Sohn erzählen.
Publiziert: 12.04.2024 um 00:06 Uhr
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Aktualisiert: 12.04.2024 um 08:31 Uhr
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Handy- und Social-Media-Verbot bis Ende Oberstufe: Jacopo (l.) und sein Vater Robin.
Foto: Philippe Rossier
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Karen SchärerTeamlead Gesellschaft

Erst mit Abschluss der neunten Klasse bekam Jacopo ein Handy. Vorher konnte er zu Hause am PC der Familie gamen oder Youtube-Filme schauen. Zugang zu den sozialen Medien hatte er nicht. «Das war vor allem für die Kommunikation nicht ideal. Heute ruft ja niemand mehr aufs Haustelefon an, um sich zu verabreden», sagt der heute 18-jährige Gymnasiast aus Aarau rückblickend. Oft drehten sich Gespräche unter Kollegen zudem um Themen, von denen er nichts wusste. Doch ausgeschlossen sei er deswegen nicht gewesen. 

Sein Vater Robin (43) sagt: «Ich bin überzeugt, dass Social-Media-Apps süchtig machen können.» Die Plattformen sieht er als Zeitfresser, die andere Interessen zurückdrängen. Das beobachtet er derzeit bei der 13-jährigen Tochter, die weniger näht, zeichnet oder malt, seit sie auf dem Schullaptop Zugang zu Youtube hat. Robins Kritik: «Soziale Medien legen Körper und Geist still, man konsumiert nur.» Dabei wäre das Gegenteil gut für uns Menschen, sagt er, nämlich körperliche und geistige Aktivität. 

Kinder schützen

«Ich bin überzeugt: Ein Handy ist für Kinder und junge Teenager nicht nötig», sagt Robin. Bedenken hat er auch in Bezug auf die Art der Inhalte, auf die Kinder in zu jungem Alter stossen können. «Bekommen sie erst nach der Pubertät Zugang zu diesen Plattformen, können sie Gefahren besser einschätzen.» 

Sohn Jacopo sagt, gewisse Inhalte, aber auch negative Kommentare von anderen zu eigenen Posts seien für Junge schlecht. Gesetzliche Regulierungen findet er aber nicht nötig und verweist auf den unterschiedlichen Entwicklungsstand von Jugendlichen im Teenageralter. 

Robin hingegen fände Regulierungen eine gute Sache. «Wenn manche Eltern heute schon Kindern im Primarschulalter ein Smartphone geben, nehmen sie ihre Verantwortung nicht wahr. Kinder muss man vor diesen Apps schützen. Denn soziale Medien kurbeln dieselben biochemischen Reaktionen im Hirn an wie Drogen.» 

Social Media in den Schulferien

Als Jacopo vor bald vier Jahren sein erstes Smartphone bekam, lud er sich sogleich Snapchat und Instagram herunter und war auch eine Weile lang mit eigenen Inhalten aktiv. Mittlerweile löscht er die Apps immer wieder für längere Zeit.

Er hat erkannt, dass soziale Medien ihn vom Trainieren auf dem Rennvelo abhalten: «Nach der Schule öffne ich zu Hause automatisch die Apps, um mich zu entspannen. Oft bleibe ich dann aber länger hängen, als ich wollte.» Zum Beginn der Frühlingsferien hat er Tiktok und Instagram wieder installiert. 

Jacopo nutzt die sozialen Medien als Newsplattform für Bereiche, die ihn leidenschaftlich interessieren: Velofahren und Autos. «Ohne die Apps weiss ich nichts», sagt er. Welcher Brand hat ein neues Automodell lanciert, welche Neuigkeiten gibt's im Bereich Ausrüstung, welcher Sportler hat an einem Rennen ein aufsehenerregendes Resultat erzielt? Er öffnet seinen Feed auf Instagram, scrollt – da wechseln sich Posts von Brands und Persönlichkeiten aus den genannten Bereichen ab, unterbrochen von personalisierter Werbung. 

Trotzdem nutzt er heute verstärkt Youtube, um sich zu informieren. «Dort kann ich gezielter lernen. Bei Social Media verbringe ich eine halbe Stunde oder Stunde im Feed – und habe danach trotzdem kaum etwas davon.»


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