Auf einen Blick
- Namen und ihre Bedeutungen im Alltag
- Fabian bedeutet Bohnenpflücker, aber auch der Edle
- Katja wurde nach Sängerin Katja Ebstein benannt
- 62'695 Männer in der Schweiz heissen Daniel
- Ravena wird oft mit der italienischen Stadt Ravenna verwechselt
Im Jahr 2023 wählten Eltern in der Schweiz am häufigsten den Namen Noah für einen neugeborenen Sohn und den Namen Mia für eine Tochter. Das hat das Bundesamt für Statistik heute bekannt gegeben. Seit mehr als 30 Jahren erstellt das Amt jährlich die Hitparade der Vornamen. Die Informationen dazu übermitteln die Zivilstandsämter.
Im Vorjahr 2022 hatten Noah, Liam und Matteo respektive Emma, Mia und Sofia die Hitparade angeführt. Hier hat sich wenig verschoben: Die Top-3-Reihenfolge 2023 lautet bei den Buben exakt gleich. Bei den Mädchen blieben die Namen gleich, die Reihenfolge änderte aber: Mia hat sich an die erste Stelle geschoben, gefolgt von Emma und Sofia.
Eltern sind meist der Überzeugung, sie hätten den perfekten Namen für ihr Kind ausgesucht. Doch häufig ist das Verhältnis zwischen dem Namen und seiner Trägerin oder seinem Träger kompliziert, wie folgende Geschichten aus der Redaktion illustrieren.
Fabian
Ich war eigentlich ganz zufrieden mit meinem Namen, bis ich dessen Bedeutung googelte: Bohnenpflücker. Bohnenpflücker? Kein Scherz! Andere sind grossmütig, weise oder seligmachend – ich bin ein Bohnenpflücker. Immerhin: Laut einigen Forscherinnen und Forschern könnte sich Fabian auch vom römischen «fabis» ableiten, was mit «der Edle» übersetzt werden kann. Gekauft!
Katja
Als ich zur Welt gekommen bin, war auf dem Cover vom «Tele» die Sängerin Katja Ebstein abgebildet. Sie war die Inspiration für meinen Namen. Eigentlich wollte mich meine Mutter Katja Tatjana taufen – Tatjana kannte sie aus kitschigen Liebesromanen. Aber Doppelnamen waren damals in meiner Verwandtschaft nicht üblich, keines meiner älteren Geschwister oder Cousins und Cousinen hat einen. Sängerin bin ich nicht geworden. Aber ich hatte lange Zeit die gleiche Frisur wie Katja Ebstein – mit dichten Pony-Fransen.
Daniel
Mein Vorname ist Dutzendware. Nein, das ist stark untertrieben, denn er kommt nicht bloss zwölffach vor, sondern gleich tausendfach. Genau genommen gibt es nach aktuellsten Zahlen 62’884 Personen, die in der Schweiz leben und den männlichen Vornamen Daniel tragen – so viele Personen wie die Stadt Lugano bewohnen. Damit ist er mit Abstand der häufigste – vor Peter (54'007) und Thomas (52’732). Zwar bekommen Neugeborene in diesen Jahren selten den Vornamen Daniel, aber zu meiner Zeit (Jahrgang 1965) kam ich kaum je in eine Klasse, ohne dass dort schon ein Daniel sass. Und natürlich war mein erster Schulfreund in der Primarschule ein Daniel. «Hallo Dani.» «Hallo Dani.» Die Begrüssungen klingen wie ein Echo. Wenn ich mich unterscheiden will, greife ich deshalb zu meinen anderen beiden Vornamen Beat und Andreas – die sind ein bisschen weniger verbreitet.
Alexandra
Wer nennt seine Tochter «Alexandra», wenn er selbst «Alexander» heisst? Das kenne ich von Bauernfamilien, wo Vater Josef den Erstgeborenen auch Josef tauft. Ich habe das meinen Vater schon öfters gefragt, aber ich glaube, nie eine zufriedenstellende Antwort erhalten zu haben. Nachgebohrt habe ich nicht, ich mag meinen Namen – schon immer. Okay, es gab eine Phase, da wollte ich Jenny heissen, aber welches Mädchen, geboren in der Mitte der 80er-Jahre, wollte das nicht. Was mich nervte: In der Familie nannte mich niemand «Alex». Das war schon mein Vater. Zum Glück war ich bei den meisten Freunden «Alex». Ich glaube, ich mochte es, dass ich so auch ein klitzekleines bisschen ein Junge sein konnte. Mädchen-Sein fand ich furchtbar streng. Mir ist bewusst, dass mein Name nicht selten ist, dennoch finde ich es schwierig, wenn jemand gleich heisst wie ich. Einmal hatte ich eine Freundin mit demselben Namen, das hielt nicht lange, vielleicht deshalb. Ich habe kürzlich erneut meinen Vater gefragt, warum ich heisse wie er. Er sagt: «Keine Ahnung, frag die Mama!»
Dennis
«Dennis spielt Tennis mit seinem *****.» Wie oft musste ich mir diesen Satz in meiner Kindheit anhören! Ja, es war nicht immer einfach, wenn man einen Namen hat, der sich auf den Ausdruck für das männliche Glied reimt. Als ich zur Jahrtausendwende meinen Namen erhielt, haben meine Eltern nicht daran gedacht, wie kreativ (und grausam) Kinder sein können. Und so liess ich die Sprüche über mich ergehen. Sich zu wehren, lohnte sich nicht – wir wissen alle, wie es auf dem Pausenplatz zu- und herging. Aber mit der Zeit wurde aus meinem Ärger Gewohnheit, und aus der Gewohnheit wurde dann sogar Langeweile. Für die Sticheleien hatte ich bald nur noch ein müdes Lächeln übrig. Nach der Pubertät hat dann selbst der Letzte gemerkt, dass seine Provokationsversuche nicht sonderlich originell waren. Im Erwachsenenleben angekommen, bin ich jedoch mit einem ganz anderen Problem konfrontiert: Mein weibliches Pendant «Denise» sorgt für Verwechslungsgefahr, und ich werde in E-Mails als Frau angesprochen. Damit kann ich aber leben. Immerhin ist es nicht Absicht, oder?
Ravena
Eine Namensvetterin habe ich noch nie kennengelernt, werde aber oft mit «Ravenna» angesprochen, weil die Leute meinen, ich sei eine italienische Stadt in der Emilia-Romagna. Tatsächlich wollte mich mein liechtensteinischer Vater aber ursprünglich nach einem Tal in Liechtenstein benennen: Lawena. «Dies war aber nicht erlaubt», erklärt mir meine Mutter. Ihre Schwester habe eine Mitschülerin aus Belgien namens Ravena gehabt, also entschieden sich meine Eltern kurzerhand für diesen ähnlich klingenden Namen. Entgegen der langjährigen Annahme meiner Mutter ist die Herkunft meines Namens aber wohl nicht belgisch, sondern leitet sich vermutlich doch von der italienischen Stadt Ravenna ab. Möglich ist aber auch eine altenglische Herkunft, denn die Namensbedeutung «Rabe» dürfte vom englischen «raven» stammen. Eine andere Namensbedeutung ist «die Schwarzhaarige». Ich bin zwar braunhaarig, aber der Name passt zu mir: Ich mag sowohl Raben als auch die Farbe Schwarz.
Karen
Die Gruppe «FuckYouKaren» auf der Social-Media-Plattform Reddit hat 1,5 Millionen Mitglieder. Es gibt Karen-T-Shirts und Ausmalbücher für Erwachsene mit Titeln wie «Wütende Karen» oder «Sei keine Karen». Die Statistik zeigt: Die Beliebtheit meines Vornamens stürzte ab 2020 komplett ab. Damals etablierte sich «Karen» von den USA aus via tausendfache Memes in den sozialen Medien als Inbegriff einer weissen, privilegierten, motzenden, rechthaberischen Frau mittleren Alters – kurz: als Schimpfwort. Bereits werde ich auch hier in der Schweiz auf meinen Namen angesprochen. Doch: Abgesehen davon, dass ich eine weisse Frau im mittleren Alter bin, hat all dies nichts mit mir zu tun – versichere ich mir selbst. Und doch irritiert es mich, dass just mein Name negative Assoziationen hervorruft. Denn eigentlich bedeutet er: die Reine.
Reza
In der Schweiz als Reza aufzuwachsen, ist je nach Sicht eine Bürde oder ein soziales Abenteuer. Nur schon die Aussprache – Resa, mit weichem Z. Und wenn ich mich mündlich vorstelle? Dann gibts das Missverständnis andersrum! Nein, nicht mit S geschrieben, sondern mit Z. Persischen oder arabischen Ursprungs soll er sein und «der Zufriedene» bedeuten. In Iran ein Allerweltsname, fristet er hier als Exotikum sein Dasein. Einziger Vorteil: Man erkennt den Bildungshorizont des Gegenübers – vielleicht eher die Altersklasse. «Wie der Schah von Persien, gell?» Gut, das war in den Siebzigern. Unpraktisch ist er vor allem, weil er immer wieder für weiblich gehalten wird: «Sehr geehrte Frau Rafi» gehört zum Alltag. Immerhin, liebe woke Gender-Aktivisten: Mit eurer geforderten Geschlechter-Fluidität seid ihr spät. Ich kenne das schon längst.
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