Zum Start der Formel-1-Saison
Gut simuliert ist halb gewonnen!

Normalerweise haben nur Formel-1-Cracks Zugang zum Simulator von Aston Martin Red Bull Racing. Dank Uhrensponsor TAG Heuer durfte Blick-Tester Stephan Gubler exklusiv ein paar Runden im darin drehen.
Publiziert: 23.03.2018 um 19:17 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 14:50 Uhr
An diesem Simulator bereiten sich die Fahrer von Aston Martin Red Bull Racing auf die Saison vor.

Es ist alleine schon ein Privileg, die heiligen Hallen von Aston Martin Red Bull Racing betreten zu dürfen. Ich laufe zwischen Carbon-Geflügel hindurch. Meine Mission ist es aber nicht, in Milton Keynes die Pokale oder Autos von Red Bull bzw. Vettels Ruhmreichen Zeiten zu bewundern. TAG Heuer sei Dank, darf ich exklusiv den Formel 1 Simulator testen. Ja, derselbe, wo Max, Daniel und der schnelle Rennfahrer-Nachwuchs hunderte, ja tausende von Runden abspulen.

Diese dienen nicht nur dem Training. Die Abstimmungen für die echten Boliden werden zuerst auf genau diesem Simulator getestet. Normalerweise darf hier keine Privatperson rein. Ich darf, weil der Schweizer Uhrenhersteller zu den Hauptsponsoren des Rennteams gehört. Chassis, Pedale und Steuerrad sind aus einem echten RB11 F1-Boliden von 2015. Das Ganze sitzt auf einer riesigen Hydraulikbühne, die den Fahrer umherwirft, schüttelt und somit sämtliche Beschleunigungs-, Brems- und Seitenkräfte simuliert.

Einstieg wie in eine Sardinenbüchse

Bevor ich einsteigen darf, werden mir Helm, Balaclava (Kopfpariser), feuerfeste Handschuhe und Ohrhörer in die Hand gedrückt. Das Einsteigen fühlt sich an, wie wenn man einen Wal in eine Sardinenbüchse drücken möchte. Nachdem Beine eingefädelt und die zu breiten Schultern ins zu Enge Cockpit gezwängt sind, werde ich noch mit 6-Punkt- Gurten festgezurrt, dass ich mich keinen Millimeter bewegen kann. Nichts für Leute mit Platzangst! Ich sitze, beziehungsweise liege wie in einer Badewanne und warte, bis der Supercomputer aufgestartet ist.

BLICK-Tester Stephan Gubler hatte seine liebe Mühe, im Simulator den Boliden zum Laufen zu bringen.

Spätestens jetzt wird klar, dass dieser Simulator nichts mehr mit einer Playstation gemein hat. Mir ist schon halb schwindlig beim Blick auf den 180 Grad Panorama-Bildschirm. Ziemlich überfordert bin ich von den unzähligen Funktionen, welche ich am Steuerrad einstellen darf bzw. muss. So wird zum Beispiel die Kupplung nicht etwa in Form eines Pedals im Fussraum, sondern als Wippe am Steuerrad betätigt. Genau diese Wippe wird zu meinem grössten Feind, denn der Kupplungsweg beträgt ein paar Millimeter und ich würge den Motor mehrmals ab wie ein Fahrschüler am Berg. Mit dem nötigen Fingerspitzengefühl und dank viel Gas schaffe ich es dann doch, endlich aus der Box zu rollen.

Losfahren, bremsen, abwürgen

Als Strecke wurde Abu Dhabi gewählt, weil an genau dem Tag im Simulator die echten Boliden auf dem Yas Marina Circuit kreisen. Beschleunigen und Gänge durchschalten geht ohne Probleme und recht unspektakulär. Die Kunst ist, wie in jedem Auto, nicht das Gas geben, sondern das Bremsen. Ich steige viel zu früh und zu zaghaft auf die riesigen Carbon-Stopper.

Auf der Rückseite des Simulators werden direkt die Daten ausgewertet.

Das Resultat: Anti-Stall Programm, damit der Motor nicht abstellt. Die Prozedur von Abwürgen beim Losfahren und Bremsen wiederholt sich einige Male, bis ich mich endgültig wie ein Anfänger fühle. Aber irgendwann macht es klick und auf einmal läuft die Kiste. Das passiert dann, wenn man realisiert, dass Formel 1 nichts mit Autofahren zu tun hat.

Mit 20 Sekunden Rückstand ins Ziel

Mit 600 Kilo wiegt der Rennwagen gerade mal einen Drittel eines PWs und wenn dazu ein Antrieb mit über 900 PS kommt, gleicht das Resultat eher einem Kampfjet mit vier Rädern. Um tatsächlich am Boden zu bleiben, braucht es ebenso viele Flügel wie bei einem Eurofighter. Meine Automatismen sind überhaupt nicht an die viel zu schnell auf mich zufliegenden Kurven und Schikanen gewöhnt.

Formel 1 fahren ist tatsächlich Sport. Ich schwitze schon nach wenigen Runden, und dies im Simulator, ohne die immensen G-Kräfte. Bis zu fünffache Erdbeschleunigung gibts im richtigen F1. Im Simulator kann dies nicht vollständig reproduziert werden. Dafür wäre eine Zentrifuge notwendig. Nach sechs Runden schäle ich mich schweissgebadet aus dem Cockpit.

Beim darauffolgenden Briefing mit Analyse der Telemetrie-Daten bekomme ich schwarz auf weiss zu sehen, wie brutal der Unterschied zwischen einem Profi- und Hobbyrennfahrer ist. Auf zwei Minuten Fahrzeit fehlen bei meiner besten Runde 20 Sekunden, obwohl ich von allen anwesenden Journalisten die Tagesbestzeit gefahren bin.

Fazit: Ernüchterung gross, Begeisterung über den Simulator-Ritt trotzdem noch grösser und der Respekt für die F1-Profis riesig!

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