«Wenig konstruktive Debattenkultur»
Kanton Zürich zieht sich von Twitter zurück

Seit der Übernahme durch Elon Musk (52) beklagen viele User verrohende Sitten auf Twitter beziehungsweise X. Nun ziehen mit dem Kanton Zürich auch erste Schweizer Behörden Konsequenzen – jedenfalls teilweise.
Publiziert: 01.12.2023 um 19:08 Uhr
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Aktualisiert: 01.12.2023 um 20:20 Uhr
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Abnehmendes Interesse: Der Kanton Zürich fährt das Engagement bei Elon Musks Plattform zurück.
Foto: keystone-sda.ch
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Thomas BenköJournalist & AI Innovation Lead

Der erste Domino-Stein ist bereits gefallen: «Das Staatsarchiv war seit 2019 auf Twitter beziehungsweise X aktiv. In Übereinstimmung mit der Empfehlung der zuständigen Stellen des Kantons Zürich stellen wir den Betrieb auf dieser Plattform ein und danken allen Followerinnen und Followern für das Interesse», informierte die Behörde Ende November auf Twitter – oder eben X.

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«An die Kanalbetreibenden erging daher die Empfehlung, künftig auf Twitter/X zu verzichten.»
Andreas Melchior, Regierungssprecher Zürich
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Klar, das Staatsarchiv mit seinen 1028 Followern war jetzt sicher nicht der publikumsträchtigste Account auf der Kurzmitteilungsplattform. Und doch ist es ein weiteres Zeichen für die Zeitenwende. Nach diversen Privatpersonen und Firmen verlassen nun auch Behörden die Plattform.

«Wir haben in einer Arbeitsgruppe mit Social-Media-Fachpersonen der kantonalen Verwaltung die Entwicklung der Plattform aufmerksam verfolgt», sagt der Zürcher Regierungssprecher Andreas Melchior zu Blick. «Bezüglich Twitter/X kamen wir aufgrund der Rückmeldungen über stagnierendes oder abnehmendes Interesse und einer zunehmend wenig konstruktiven Debattenkultur zum Schluss, dass eine Präsenz des Kantons Zürich auf Twitter/X über den gesamtkantonalen Kanal und den Kanal der Kantonspolizei ausreichend ist.»

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Sprich: Nur noch die beiden Accounts @kantonzuerich und @KapoZuerich werden sicher weiterbetrieben. Hier gehe es laut Melchior darum, die Zielgruppe «Politik» und «Medien» zu erreichen. «An alle anderen Kanalbetreibenden erging daher die Empfehlung, künftig auf Twitter/X zu verzichten. Die Betreiber können frei entscheiden, ob diese Empfehlung umgesetzt wird.»

Dazu gehören etwa die Gesundheitsdirektion, das Amt für Wirtschaft und Arbeit oder das Statistische Amt.

«Sie haben die Wahrheit gesagt»

Vor allem der Grund «wenig konstruktive Debattenkultur» macht hellhörig. Schon lange beklagen Beobachter, dass Hatespeech auf X zugenommen hat. Doch statt sich des Problems anzunehmen, schürt Elon Musk (52) das Feuer weiter. Beispielweise, wenn er auf einen antisemitischen Tweet mit den Worten «Sie haben die eigentliche Wahrheit gesagt» antwortet – und so seinen über 160 Millionen Followern in die Timeline spült.

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Und wenn Musk wie diese Woche seine abtrünnigen Werbekunden mit «Go, fuck yourself» beschimpft, ist das für seine Fans zwar lustig, hilft aber auch nicht wirklich bei einer gepflegten Debattenkultur.

Ob der «e𝕏odus» bei anderen Schweizer Behörden Schule macht, bleibt abzuwarten. Mit Graubünden Tourismus hat sich allerdings schon die nächste staatliche Stelle von X verabschiedet – trotz angelaufener Wintersaison. «A revair», heisst es im Tweet. Man solle doch auf Facebook, Instagram, Tiktok oder LinkedIn folgen.

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Als Reaktion gabs prompt Beschimpfungen: «Graubünden wird sicher mit linksgrünwoken Touristen glücklich. Alle anderen können ja ins Wallis oder Berner Oberland», schrieb ein hässiger User.

Alternative Bluesky?

Mit der Flucht vor X erlebten kürzlich Konkurrenzplattformen wie Mastodon oder Bluesky einen Aufschwung. Werden die Behörden wechseln?

Graubünden wird die Plattformen zumindest «prüfen». Bei der Kantonspolizei Zürich hiess es kürzlich auf die Frage zu einem Auftritt bei Bluesky: «Die Kantonspolizei Zürich ist auf verschiedenen Plattformen unterwegs und reflektiert laufend deren Effizienz. Zurzeit besteht kein Ausbaubedarf für neue Kanäle.»

Und auch das Zürcher Staatsarchiv hat keine Lust auf die X-Konkurrenz: «Bluesky ist für uns, wie auch Mastodon, keine Alternative», heisst es auf X. «Als Fachamt in der Direktion der Justiz und des Innern wollen wir zu LinkedIn wechseln.»

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