Auf einen Blick
- Von der Wohnzimmer-Firma zum Tech-Riesen: Google feiert Jubiläum
- «Pizza, Shirts und viel Freiheit»: Googles erster Mitarbeiter erinnert sich
- Vom Mini-Team zur Innovationsschmiede: So prägt Google heute Zürich
Von Google Maps bis Youtube, von der Suchmaschine bis zum KI-Chatbot Gemini: In Zürich arbeitet der IT-Gigant mit 5000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seit nunmehr 20 Jahren an der Zukunft. Es ist der grösste Entwicklungsstandort von Google ausserhalb der USA. Am 25. November feiert die Firma das mit einem Jubiläumsanlass.
Doch was die wenigsten wissen: Die Geschichte von Google in Zürich begann schon vor 2004. Einer, der den Anfang miterlebte – und mitgestaltete, ist der heute 53-jährige Tom Hanan. Er verkaufte in der Anfangszeit Werbung für das Unternehmen.
Zeit der lauten Websites
«Google war damals noch keine grosse Plattform», erinnert sich Hanan. Bei den Suchmaschinen war Yahoo der Marktführer. Während Yahoo ein geschlossenes System war, fiel Google schon damals durch seine Schlichtheit auf: «Einfach ein Name und ein kleiner Suchbalken – das war revolutionär in einer Zeit, als die Mehrheit der Webseiten laut und bunt waren», sagt Hanan.
Mit dem Zusammenbrechen der Dotcom-Blase sanken die Werbeeinnahmen bei Yahoo. Nach der Schliessung des Schweizer Yahoo-Büros bewarb er sich blind bei Google – und ging erst einmal Segeln. «Zwischen Martinique und St. Lucia poppte dann ein E-Mail von Google auf», sagt er. Es folgte ein Bewerbungsprozess mit Gesprächen in Deutschland, Grossbritannien und den USA. Dauer: sechs Monate.
Google: Anfänge in Zürich
«Mein erstes Google-Büro war meine Wohnung», sagt Hanan. Während Google heute mit Werbung Milliarden verdient, fing Hanan klein an. «Das Budget für die erste Kampagne betrug 5000 Franken. Aber Google hatte damals hierzulande so wenig Reichweite, dass ich das Geld gar nicht ausgeben konnte.»
Es folgten zwei Standortwechsel: erst ins Zürcher Seefeld, 2004 ins Niederdorf. Bei der Suche nach Büros gab es unterschiedliche Ansprüche: «Während ich nach schönen Räumlichkeiten suchte, schauten die Ingenieure auf den Boden», sagt er. Denn: Sie suchten Kanalschachtdeckel von Telecomfirmen, die schnelles Internet versprachen. Fündig wurden sie am Limmatquai, direkt am Fluss. «Wir waren vielleicht zu zweit oder zu dritt, aber das Büro hatte Platz für 15 bis 20 Leute. Da merkten wir: Hier passiert etwas Grosses.»
Der Rätoromanisch-Hack
Eine seiner liebsten Anekdoten von damals: Google gab es zu Beginn zwar auf Klingonisch (eine Alien-Sprache aus der TV-Serie «Star Trek»), nicht aber auf Rätoromanisch. «Das konnte es ja nicht sein. Also organisierten wir einen Hackathon mit Studierenden, die Rätoromanisch sprachen, bestellten Pizza und verteilten Google-T-Shirts. Nach einem Wochenende stand ein vollwertiges Google auf Rätoromanisch.»
Nach dem Börsengang (2004) veränderte sich die Kultur. «Vor dem IPO konntest du eben noch so spontane Dinge wie den Hackaton machen. Danach wurden die Prozesse sehr viel langsamer», sagt Hanan. Die Start-up-Mentalität wich einer strukturierteren, ja fast schon bürokratischen Arbeitsweise, sagt er.
Abschied von Google
Hanan kündigte als Verkaufschef bei Google aus zwei Gründen: Die wachsende Bürokratie störte ihn, aber vor allem frustrierte ihn, dass Werbeagenturen digitales Marketing nur als Online-Version klassischer Werbung sahen, statt datenbasiert zu arbeiten. Er gründete 2009 die Firma Webrepublic.
Heute beschäftigt seine Digitalagentur mehr als 200 Mitarbeiter in Zürich-Enge. Die Leidenschaft für Innovation hat er von Google mitgenommen: «Es ist ein unglaubliches Privileg, in einer Zeit zu arbeiten, in der sich Technologie ständig neu erfindet.»
«Bestes Aushängeschild»
Auch Google hat sich weiterentwickelt – und ist weiter gewachsen. Neben dem Hürlimann Areal gibt es auch Offices an der Europaallee, manchmal hat man das Gefühl, Google gehört die halbe Stadt. Das sorgt auch für Kritik, etwa von SP-Nationalrätin Jacqueline Badran. Sie argumentiert, dass die Ansiedlung solcher Firmen zu einer erhöhten Nachfrage nach Wohnraum führt, was die Mietpreise in die Höhe treibt und zur Gentrifizierung beiträgt.
Auf die Frage, was Google für Zürich bedeutet, hat Hanan eine klare Antwort. «Es ist das beste Aushängeschild für den Standort. Dass ein Unternehmen wie Google sich hier niedergelassen hat, macht die Stadt attraktiv. Würde man solche Firmen vergraulen, wäre das sehr schade für Zürich und die Schweiz.» Es läge laut Hanan vielmehr an der Politik, Rahmenbedingungen für genügend Wohnraum zu schaffen.