Nokia 9 Pure View im grossen Test
Schlägt das Nokia mit fünf Kameras Apple und Samsung?

Ein Kameraystem mit gleich fünf Linsen, dazu eine Vollausstattung: Das Nokia 9 Pure View versucht Apple oder Samsung Konkurrenz zu machen. Leider ist nicht alles so innovativ wie die Kamera.
Publiziert: 24.04.2019 um 16:20 Uhr
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Das Nokia 9 Pure View sieht von vorne eigentlich ganz gewöhnlich aus, sogar etwas langweilig.
Foto: Lorenz Keller
Lorenz Keller
Lorenz KellerDigital-Redaktor

Ganz schön Aufsehen erregte das Nokia 9 Pure View bei der Weltpremiere auf dem Mobile World Congress in Barcelona im Februar. Nun kann man es kaufen – und das Topmodell der Finnen muss zeigen, was es drauf hat.

Zentral ist ganz klar das Kamerasystem, das sich schon optisch von der Konkurrenz abhebt. Gleich sieben Löcher hats auf der Rückseite, das hat bisher kein anderer Hersteller gemacht. Ein Blitz, ein Tiefensensor, dazu fünf 12-Megapixel-Sensoren, drei davon rein monochrom.

Damit sollen Bilder möglich sein wie nie zuvor. Denn es nehmen bei jeder Aufnahme alle Linsen Bildinformationen auf – und diese 60 bis 240 Megapixel an Daten werden dann zu einem Foto zusammengebaut.

Was bedeutet das nun in der Praxis? Zuerst einmal viel Warten. Denn die Verarbeitung braucht Zeit, erst nach 10 bis 20 Sekunden ist das fertige Bild sichtbar, vorher erhält man nur eine Vorschau. Mühsam, wenn man die Einstellung gleich überprüfen will, weniger schlimm, wenn man einfach knipst. Denn der Prozessor verarbeitet die Daten im Hintergrund.

Nerviger dagegen ist, dass man in der Kamera-App auch warten muss, wenn man von einem Aufnahmemodi zum nächsten wechseln will. Da braucht es dringend eine Nachbesserung der Software.

Die Nokia-9-Kamera taugt nicht für Schnappschüsse

Sonst gibt es gute und schlechte Nachrichten. Was schnell klar wird: wer einfach Schnappschüsse machen will, sollte sich kein Nokia 9 kaufen. Denn nur bei guten Lichtverhältnissen spielen die fünf Linsen ihre Stärke ohne Nachbearbeitung aus.

Dann gelingen kontrastreiche und ausgesprochen scharfe Bilder, die unglaublich viele Details einfangen. Aber schon nur im Schatten fällt die Qualität rapide ab. Zumindest wenn man das Foto direkt anschaut oder verschickt.

Der Vorteil ist, dass man eine riesige Datenmenge zur Verfügung hat. Sprich, man kann die Qualität der Fotos mit Nachbearbeitung deutlich steigern. Alleine mit einer automatischen Fotoverbesserung holt man deutlich mehr heraus, als bei jedem anderen Handy.

Wer bereit ist, fast jedes Bild zuerst zu bearbeiten, hat beim Nokia 9 eine Handykamera in der Hand, die zu den besten auf dem Markt gehört. Auch weil man etwa den Fokus nachträglich verschieben kann – und zwar in ganz feinen Abstufungen.

Einfach mal schnell ein Foto machen kann man aber eigentlich nur mit der Selfie-Cam.

Solide Hardware, langweiliges Design

Mit 669 Franken kostet das Nokia 9 weniger als aktuelle Flaggschiffe, ist aber auch nicht ganz günstig. Auch bei der Ausstattung gibts einen Mix aus Topgerät und Mittelklasse.

Der Snapdragon 845 etwa ist der beste Prozessor von Qualcomm aus dem vergangenen Jahr, inzwischen gibts aber einen Nachfolger. Mit 6 GB Arbeitsspeicher und 128 GB Speicher spielt das Gerät wieder ganz oben mit.

Das Oled-Panel mit einer Auflösung von 2880 auf 1440 Pixel ist erstklassig, das Design mit dicken Rändern rundherum dagegen wirkt veraltet. Der Akku ist mit 3320 mAh mittelmässig. Er reicht gut für einen Tag, Wunder bei den Laufzeiten darf man aber keine erwarten.

Der grösste Trumpf neben der Kamera ist das Android One 9.0 Pie. Das fast pure Android läuft schnell und flüssig – es ist ein Genuss. Zudem stören keine doppelten Apps oder verunglückte Design-Ideen. Von Google gibts für mindestens drei Jahre regelmässige Updates, viel schneller und direkter als bei anderen Anbietern, die alles jeweils zuerst auf die eigene Android-Version anpassen müssen.

Das BLICK-Testfazit: Der finnische Hersteller hat mit dem Nokia 9 einen ausgesprochenen Kameraspezialisten auf den Markt gebracht. Und der ist auch wirklich nur für all jene geeignet, die bereit sind, für gute Fotos einen gewissen Aufwand zu betreiben. Nur so nutzt man die Fähigkeiten der fünf Linsen auch wirklich aus. Der Durchschnittsuser dagegen wird schnell enttäuscht sein – nicht nur wegen der noch stark verbesserungswürdigen Kamera-App.

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