Zuerst hiess der Trend «Digital Detox» (digitale Entgiftung), mal ganz auf das geliebte Smartphone verzichten. Jetzt sprechen die grossen Tech-Konzerne Apple und Google von «Digital Wellbeing» (digitales Wohlbefinden). Mit neuen Funktionen wollen sie ihren Kunden zur besseren Selbstkontrolle verhelfen und gegen die Smartphone-Sucht, permanente Ablenkung und unnötigen Zeitvertreib kämpfen.
Apple predigt gesunde Smartphone-Nutzung
An der Entwicklerkonferenz von Apple in Kalifornien stellte der Konzern am Montag das neue Betriebssystem iOS 12 vor. Es soll im Herbst auf den Markt kommen und zum digitalen Wohlbefinden der Nutzer beitragen. Zu den neuen Funktionen gehört die «Screen Time App». Sie zeigt an, wie viel Zeit man mit einzelnen Apps verbracht hat oder wie oft man nachgeschaut hat, ob neue Nachrichten vorliegen.
Nutzer können sich für Apps individuelle Zeitlimits setzen. Beispielsweise nicht länger als eine Stunde Instagram nutzen. Eine wöchentliche Zusammenfassung soll Aufschluss über das eigene Konsumverhalten geben. Will man beim Schlafen oder Abendessen weder Benachrichtigungen bekommen noch anderweitig vom Smartphone abgelenkt werden, lässt sich dies ebenfalls einstellen.
Google setzt auf «Nicht stören»
Google hat ähnliche Programme zur Selbstkontrolle bereits vor einem Monat angekündigt, sie sollen demnächst erscheinen. Dazu gehört ein «App Timer» womit man ein Zeitlimit für die Nutzung einzelner Apps festlegt. Wird das Tageslimit erreicht, ergraut das App-Symbol. Neu ist auch der Modus «Nicht stören». In den Einstellungen lassen sich nun selbst Benachrichtigungen ausblenden. Keinerlei Aufleuchten oder Ablenkung mehr auf dem Bildschirm.
Weiter entwickelt Google das «App-Dashboard», eine Art Übersichtsseite für die Smartphone-Nutzung. Es zeigt an, wie viel Zeit man am Smartphone verbringt, wie häufig verschiedene Apps verwendet werden und wie viele Benachrichtigungen man erhält. Auch auf der Google-App Youtube soll man zukünftig unter «Zeit angesehen» einen Überblick über die Nutzungszeit haben sowie Vergleiche mit früheren Zeiträumen.
Konzerne als Samariter
Doch wer profitiert hier von wem? Die Grosskonzerne scheinen sich in ihrer neuen Rolle als Samariter sichtlich wohlzufühlen. Sie erwähnen allerdings nicht, dass mit den neuen Funktionen auch Datensätze gesammelt werden und die Konzerne sie verwenden. Damit verfügen die Giganten über noch mehr Wissen über ihre Nutzer und können ihr Angebot erfolgreicher anpassen.
Facebook mit dem Rücken zur Wand
Eindeutiger Verlierer ist Konkurrent Facebook. Das Unternehmen verdient das meiste Geld dadurch, dass die Nutzer möglichst häufig seine Dienste (Facebook und Instagram) nutzen und dabei die Werbung sehen. Sollte die Strategie von Google und Apple aufgehen, sieht es für Facebook schlecht aus. Google verdient am meisten Geld mit seinen Suchseiten, die natürlich nicht blockiert werden. Apple kommt mit einer Extra-Klatsche gegen Facebook und kündigt an, dass der Safari-Browser die Weitergabe von Daten über «Gefällt mir»-Schaltflächen oder Kommentarfelder ausschalten wird. Stattdessen kommt ein Warnhinweis mit der Frage, ob man wirklich Daten an Facebook senden will.