Ohne Zweifel: Das Mate 30 Pro hätte das Zeug dazu, zum besten Smartphone des Jahres 2019 gewählt zu werden. Eine unglaublich gute Akkulaufzeit von fast zwei Tagen, ein tolles Design mit 6,53-Zoll-Screen, der über die Kanten gezogen ist. Und eine Kamera, die zu den besten und vielseitigsten auf dem Markt gehört.
Doch das spielt alles erst einmal keine Rolle für Schweizer User. Und daran ist US-Präsident Donald Trump schuld. Denn wegen des Handelskrieges mit China hat die USA Huawei auf eine schwarze Liste gesetzt. So dürfen amerikanische Unternehmen wie Google dem Smartphone-Hersteller aus China keine Technologie mehr liefern.
Und das hat beim Mate 30 Pro dramatische Auswirkungen, was man gleich nach dem Aufstarten merkt. Zwar basiert das Betriebssystem des Mate weiter auf Android, aber eben nur auf der frei verfügbaren Version ohne Google Services. Wer also das Gerät ganz normal installiert, findet darauf kein Google Maps, kein Youtube, kein Gmail und vor allem keinen Play Store.
Huaweis eigene App Gallery muss erst gefüllt werden
Stattdessen kann man Anwendungen aus der App Gallery von Huawei selber herunterladen. Das Angebot ist aber noch gar nicht auf Schweizer Nutzer ausgelegt. Nicht nur fehlen Whatsapp, Facebook oder Instagram, sondern auch die meisten lokalen Apps. Das will Huawei zwar ändern und investiert viel Geld in den Aufbau des eigenen Stores. Doch das dauert. Und auch wenn die Apps in der App Gallery drin sind, kann es durchaus vorkommen, dass man trotzdem Fehlermeldungen wegen den fehlenden Google Services bekommt. Unwahrscheinlich ist es, dass die US-Konzerne in der jetzigen Situation in den Store von Huawei stellen dürfen.
Wer auf die gewohnten Dienste nicht verzichten will, der hat verschiedene Möglichkeiten. Vieles lässt sich über den Browser nutzen, etwa Youtube oder Facebook. Für andere Dienste gibts direkt Alternativen bei Huawei, etwa Mailprogramme oder auch den Kartendienst Maps.me als würdiger Ersatz für Google Maps.
Keine Lösung ist es, seine Apps via Backup oder PhoneClone aufs Gerät zu kopieren. Man kann sie zwar auf diese Weise installieren, doch sie funktionieren danach nicht richtig. Und was noch schlimmer ist, es gibt ohne Play Store keine Möglichkeit, Updates einzuspielen.
Hack für Google Dienste nicht empfehlenswert
Und die Google Dienste selber? Die lassen sich nur mit einem Hack aufs Gerät bringen. Das ist zwar möglich und es gibt im Netz diverse Anleitungen dazu, etwa in diesem Video auf Youtube. Davon sollte man allerdings die Finger lassen. Nicht nur, weil es ziemlich kompliziert ist und die Schlupflöcher immer mal wieder geschlossen werden, sondern vor allem weil die Lösung unsicher ist. Man gibt unbekannter Software vollen Zugriff aufs System und läuft Gefahr, dass nicht nur die Google Dienste installiert werden, sondern auch noch Schadsoftware.
Es gibt aber noch einen weiteren Weg, um zumindest einige der oft genutzten Apps wieder aufs Telefon zu bringen. Und das mit etwas weniger Risiko. Und zwar kann man Anwendungen bei Android auch «sideloaden», sprich direkt aus dem Internet laden und installieren, wie man sich das etwa beim Computer gewöhnt ist.
So gibts trotzdem Whatsapp, Instagram und Co.
Die Experten vom Digitalblog «Techgarage» empfehlen den Weg über die Webseite APKPure, die als vertrauenswürdig gilt. Hier lädt man die APKPure-App herunter, die nun als Ersatz für den Play Store dient. Hier findet man nun viele der bei uns weit verbreiteten Apps wie Instagram oder Twitter – und man bekommt auch regelmässig Updates dafür. Das funktioniert übrigens auch, wenn man die Apps bereits vom alten Gerät kopiert hat.
Auch wenn man so viele Anwendungen aufs Gerät kriegt, löst das nicht alle Probleme. Einige Apps werden trotzdem nicht funktionieren, andere zeigen immer mal wieder Fehlermeldungen an, auch wenn sie ansonsten eigentlich laufen. Das nervt.
Diese für den Tester wichtigen Apps haben über den APKPure-Store funktioniert: Whatsapp, Spotify, Telegram, Outlook, Slack, Amazon, Aliexpress, Migros, Swiss, Booking, Cineman, Coop@home, Excel, Autoscout, Meteoschweiz, Facebook, Instagram, SBB Mobile, Wikipedia, Wish, Uber, Tutti.
Diese Anwendungen gehen ohne Google Services nicht: Netflix, Revolut, Banking-App, Bring, Ebay, Tunein-Radio, Lyft, Zalando.
Sogar einige Google Maps funktionieren auf dem Mate 30 Pro, darunter Chrome oder Maps. Andere stürzen beim Aufstarten ab oder geben eine Warnmeldung: Docs, der Kalender oder auch Youtube. Google Fotos kann nicht mit der Sicherung in der Cloud genutzt werden und stürzt immer wieder ab. Und leider funktioniert auch der Play Store nicht, der alle Probleme lösen würde.
Das BLICK-Testfazit Das Mate 30 Pro ist von der Hardware her ein tolles Paket. Akku, Display und Kamera sind hier die Higlights. Der Preis ist noch nicht offiziell bekannt, dürfte aber mit rund 1100 Franken recht hoch liegen. Sicher zu hoch für die meisten User angesichts der Abstriche, die man bei der Software machen muss.
Wer viel Arbeit investiert, kann die meisten wichtigen Anwendungen irgendwie zum Laufen bringen oder zumindest über den Browser nutzen. Ein gewisses Risiko beim Laden von Apps aus einem externen Store bleibt aber immer. Und so reibungslos wie gewohnt wird das Android-Set-up nicht laufen, es bleibt ein Gebastel.
Die Hoffnung bleibt, dass sich die politischen Verhältnisse bald wieder normalisieren und Huawei die Google Dienste per Update nachliefern kann. Dann nämlich wäre das Mate 30 Pro eine Empfehlung für jedermann. So ist es nur etwas für Fans und versierte und experimentierfreudige User, die damit leben können, dass man einige Abstriche machen muss.