Das wäre eine Sensation: Laut dem meist sehr gut informierten Apple-Analyst Ming-chi Kuo plant der Hersteller, das nächste iPhone im Herbst praktisch «nackt» auszuliefern. So sollen alle iPhone-12-Modelle ohne Ladegerät und ohne Kopfhörer ausgeliefert werden. Sogar das jetzt schon erhältliche iPhone SE soll Ende Jahr umgepackt werden.
Ob noch ein Lightning-Kabel mitgeliefert gibt, ist unklar. Wenn das auch noch wegfallen würde, wäre die Box wirklich fast leer. Nur noch Bedienungsanleitung und das Tool zum Öffnen der SIM-Karten-Abdeckung wäre drin.
Bislang gabs ja mit jedem iPhone einen 5-Watt-Adapter, um das Gerät zu laden. Den 18-Watt-Charger, das eine Schnelladung ermöglichen würde, musste man schon jetzt extra kaufen für 35 Franken. Neu soll ein spezieller 20-Watt-Charger entwickelt werden, der etwas günstiger wäre und fürs iPhone ausreicht.
Die gestrichenen Accessoires haben 73 Franken wert
Gehts eigentlich noch? Das fragen sich manche Fans. Vor allem, weil sie fürchten, dass Apple deswegen das iPhone nicht günstiger macht. User, die nicht jedes Jahr das Smartphone wechseln, sind um ein passendes Ladegerät froh. Und erstaunlich oft sieht man auch die mitgelieferten Kopfhörer in Betrieb. Das alles müsste man nun extra kaufen. Schon alleine ein originales Lightning-Kabel kostet 19 Franken, das Ladegerät nochmals 19 Franken, die Earpods 35 Franken. Das wären immerhin 73 Franken total.
Es gibt aber auch eine andere Sicht. So schätzen Experten, dass Jahr für Jahr vier Milliarden Ladegeräte zusammen mit Smartphones und anderen Gadgets verkauft werden. Viele landen ungenutzt im Abfall, es wird jährlich mit 300'000 Tonnen Elektroabfall gerechnet.
Und das nur von Ladegeräten, die mitgeliefert werden und fabrikneu im Kübel landen, weil die Nutzer schon eigene Ladegeräte haben, etwa für schnelles oder drahtloses Laden. Wenn man Apple kennt, dann weiss man, dass der Konzern genau so das Weglassen begründet.
Weniger Abfall, dafür eine Vergünstigung auf Zubehör
Dazu kommt, dass man das iPhone ohne dieses Extra in halb so grosse Schachteln packen könnte. Also weniger Abfall, weniger Transport-Ressourcen – das tut der Umwelt gut, aber natürlich auch der Marge von Apple. Allerdings: Konsequenterweise müsste der iPhone-Hersteller den Lightning-Anschluss gegen USB-C austauschen. So könnte man alle seine Geräte mit einem Standard aufladen.
Es ist damit zu rechnen, dass Apple den iPhone-Käufern ein vergünstigtes Paket mit Extras anbietet. Vielleicht nicht nur das Standard-Equipment, sondern gleich einen Schnelllader und drahtlose Airpods. Vielleicht senkt Apple gar die iPhone-Preise. Dass das nicht unmöglich ist, hat Apple letztes Jahr bewiesen. So ist das aktuelle iPhone 11 günstiger als der Vorgänger, das iPhone XR.
Und auch wenn es im Moment undenkbar ist, ein Smartphone ganz ohne Zubehör zu verkaufen, so darf man nicht vergessen: Apple hat so etwas «Undenkbares» schon einmal gewagt. 2016 verzichtete Apple beim iPhone 7 als erster Tophersteller auf den Kopfhöreranschluss. Die nächsten Jahre machte sich die Android-Konkurrenz lustig darüber – heute findet man fast kein Topgeräte mehr mit einer Buchse für Kopfhörer.
Immerhin gabs Anfangs einen Adapter für Kopfhörer in der iPhone-Box. Zwei Jahre später hat Apple dann übrigens auch still und heimlich diesen Adapter von Lightning auf 3,5-mm-Kopfhöreranschluss gestrichen – ohne grosse Proteste. Seither muss man sich diesen Zwischenstecker für 10 Franken extra kaufen.