Lange Zeit war Huawei der erste Herausforderer der zwei stärksten Marken in der Schweiz bei den Premium-Smartphones, nämlich Apple mit dem iPhone und Samsung mit der Galaxy-Reihe. Doch die Probleme mit dem US-Boykott und der Google-Software werfen den chinesischen Hersteller zumindest bei uns zurück.
Nun gibts aber neue ernsthafte Konkurrenz aus China für Samsung und Apple. Bei uns ist Oppo erst letztes Jahr mit ersten Smartphones gestartet, weltweit aber ist der Brand der fünftgrösste Smartphonehersteller mit 115 Millionen verkauften Handys 2019.
Dass der Hersteller weiss, was er macht, merkt man auch am neuen Topmodell Find X2 Pro für 1290 Franken. Das Gerät ist ab sofort im Vorverkauf erhältlich und steht ab Freitag in den Läden. BLICK hat die Neuheit ausführlich während über zwei Monaten im Alltag getestet. Was wir wissen wollten: Welche Stärken und Schwächen zeigen sich beim Find X2 Pro und wo steht Oppo im Vergleich zur Konkurrenz?
So ein gutes Display haben wir noch nie gesehen
Der Screen des Find X2 Pro ist das erste grosse Highlight. Der 6,7-Zoll-Screen ist dank einer Auflösung von 3168 x 1440 Pixeln ultrascharf. Viel wichtiger ist noch, dass er heller ist als die meisten Bildschirme der Konkurrenz und damit auch an der Sonne gut ablesbar. Zudem kann man eine Bildwiederholfrequenz von 120 Hertz einstellen. Games, Webseiten scrollen, Menüübergänge – alles ist viel fliessender.
Auch andere Konkurrenten setzen auf eine solche Bildwiederholfrequenz, etwa Samsung. Dort muss man sich aber entscheiden: 120 Hz mit höherem Akkuverbrauch – oder 60 Hz mit weniger tollem Screen. Bei Oppo kann man das auch wählen, dazu gibts einen Automatikmodus, der die höheren Frequenzen dann einschaltet, wenn es Sinn macht. Auch bei der Auflösung kann man dies so einstellen und spart Strom. Insgesamt hat das Find X2 Pro momentan den wohl besten und schönsten Screen auf dem Markt, knapp vor dem Samsung Galaxy S20 Ultra.
Die Rückseite aus Kunstleder ist endlich mal was Neues
Böse Zungen sagen, dass die Rückseite des Find-X2-Pro-Testgeräts nicht aus veganem Leder ist, sondern aus Kunststoff. Natürlich besteht die Rückseite tatsächlich nicht aus echtem Leder, es fühlt sich aber sehr echt und richtig gut an. Es macht auch nach mehreren Monaten noch jedes Mal Spass, das Gerät in die Hand zu nehmen. Kein hartes und kaltes Glas, sondern ein angenehmes und hochwertiges Gefühl.
Gebrauchsspuren sieht man es trotz intensiver Nutzung ganz ohne Hülle noch keine, auch keine Verfärbungen von den Jeans. Und ja, das erste Mal seit langer Zeit wurde ein Smartphone wieder ohne Case getestet. Weil es mit dem Leder doch nur halb so anfällig ist wie alle anderen Modelle, die vorne und hinten Glas haben. Das Oppo-Phone liegt so auch sehr gut in der Hand und rutscht nicht.
Schade einzig, gibts nur das Orange mit dem goldenen Metallrahmen als Leder-Farbwahl. Wer das schwarze X2 Pro kauft, bekommt eine Keramik-Rückseite. Immerhin auch hier eine aussergewöhnliche Materialwahl. So kann sich das X2 Pro optisch und von der Konkurrenz abheben.
Ein kleiner Schönheitsfehler hat das Oppo X2 Pro: Wegen des weit herausstehenden Kamerasystems wackelt das Gerät auf dem Tisch.
Die Ausstattung ist umfassend und luxuriös
Als Prozessor kommt das beste Modell von Qualcomm zum Einsatz, der Snapdragon 865 mit gleich 12 GB Arbeitsspeicher. Dazu gibts als Standard 512 GB Speicher. Bei den Verbindungsmöglichkeiten sind 5G und WiFi 6 ebenfalls inklusive.
Wasserdichtes Gehäuse gemäss IP 68 Standard, Fingerabdruckscanner unter dem Screen – alles ebenfalls mit an Bord. Also die Vollausstattung mit allem, was momentan im Flaggschiff-Bereich angeboten wird. Vor allem die umfassende Speicherausrüstung ist so bei keinem Konkurrenten als Standard inklusive.
Dank des Prozessors läuft jede App auf dem Oppo schnell und ruckelfrei. Zum positiven Gesamtbild gehört auch die auf Android 10 basierende Oberfläche, die schön gemacht ist, aber nicht überladen. Auch die Gestensteuerung ist richtig gut gemacht. Im Bereich Software ist aber auch Samsung top und Apple weiterhin führend.
Akku hält lange, lädt schnell – aber kein drahtloses Laden
Einzig echter Kritikpunkt am Find X2 Pro ist, dass man das Handy nicht drahtlos laden kann. Ein Feature, das sonst alle in diesem Segment anbieten. Dafür lädt das Oppo so schnell wie kein anderer Konkurrent – wenn man das mitgelieferte Netzteil oder einen anderen 65-Watt-Charger nutzt. Nur rund 40 Minuten dauert es, bis das Phone von null auf hundert Prozent geladen ist.
Aber eben, beides konnte man aus technischen Gründen nicht haben. Und Oppo hat sich fürs schnelle Laden entschieden. Damit kann man gut leben, vor allem weil der grosse Akku mit 4260 mAh an normalen Tagen gar nicht geladen werden muss.
Kamerasystem ist ausgezeichnet, aber nicht ganz überall das beste
Mit drei Sensoren geht das Oppo Find X2 Pro ins Rennen um die beste Handykamera. Und der Neuling reiht sich garantiert auch in den Top 3 der aktuellen Smartphones ein. Laut dem renommierten Kameravergleich DXOMark liegt das Find X2 Pro vor dem iPhone 11 Pro Max und dem Samsung Galaxy S20 Ultra. Und wird nur vom Huawei P40 Pro und dem Schwestermodell von Honor geschlagen.
Im Alltagstest zeigte sich beim Oppo ein ähnliches Verhalten wie beim Huawei-Topmodell. Nimmt man sich Zeit und nutzt die fotografischen Möglichkeiten von Weitwinkel, Zoom und verschiedenen Einstellungen, dann gelingt einem in fünf Versuchen eine Aufnahme, die sich von der Konkurrenz abhebt. iPhone und Samsung sind bei Schnappschüssen dafür im Schnitt etwas zuverlässiger.
Beim Find X2 Pro gefallen die natürlichen Farben, die fast gar nicht künstlich verstärkt werden. Und es gelingen bei fast allen Lichtbedingungen erstaunlich gute Fotos. Allerdings gibts teilweise beim Wechsel zwischen Weitwinkel und Normalmodus noch kleine Farbunterschiede. Die Kamera-App mit dem virtuellen Drehrad für die verschiedenen Perspektiven ist richtig gut und praktisch.
Auch richtig gut, dass man mit schnellen Klicks schrittweise zoomen kann, 1x, 2x, 5x und 10x geht ganz fix. Und ja, dank guter Stabilisierung und leistungsfähiger Software sind in Kombination mit dem grossen 48-Megapixel-Sensor auch bei zehnfacher Vergrösserung erstaunlich scharfe und brauchbare Fotos möglich. Bis zur 60-fachen Vergrösserung kann man ein Objekt heranholen, dann jedoch sind die Qualitätsverluste riesig – wie bei allen anderen auch, die das versuchen.
Übrigens funktioniert der 10x-Zoom auch richtig gut im Videomodus. Der fasziniert mit hervorragender Stabilisierung, auch wenn man zoomt. Sonst macht das Oppo auch beim Filmen eine gute Figur. Manchmal brauchts bei schnellen Fokuswechseln aber einen Moment, bis alles wieder richtig eingestellt ist.
Preiswert, aber nicht billig
1249 Franken kostet das Oppo Find X2 Pro. Auf den ersten Blick natürlich viel Geld. Doch es wird dafür auch viel geboten. Das Galaxy S20 Ultra mit gleicher Speichergrösse kostet zum Beispiel 1345 Franken, beim iPhone 11 Pro Max sind es gar 1719 Franken. Günstiger, aber mit weniger Speicher gibts die 5G-Geräte von Samsung (S20 Plus) und Huawei (P40 Pro). Das Oppo ist also insgesamt durchaus preiswert, aber sicher kein Billig-Gerät.
Das BLICK-Testfazit: Gelungener Vorstoss in die Topklasse
Oppo zeigt mit dem Find X2 Pro in Europa, dass mit dem Hersteller in Zukunft zu rechnen ist. Technisch ist das Smartphone auf Topniveau und kann sich mit Apple und Samsung durchaus vergleichen lassen. In gewissen Bereichen wird die Konkurrenz sogar überholt. Etwa beim Screen oder beim Design. Oppo geht dabei durchaus Risiken ein, was die Konsumenten freut. So findet man keine Rückseite aus Glas beim Find X2 Pro, sondern eine aus zwei innovativen Materialien. Wer damit nichts anfangen kann, der hat Pech gehabt. Die anderen bekommen etwas momentan noch ziemlich Einmaliges.
Nicht vergessen darf man, dass es auch noch eine günstigere und etwas konservativere Variante des Top-Smartphones gibt. Das Find X ohne Pro-Status kostet 999 Franken. Es hat denselben tollen Screen, den Top-Prozessor und 5G, statt 512 aber 256 GB Speicher und ein Gehäuse, das etwas weniger wasserdicht ist. Zudem ist die Zoom-Kamera weniger gut.