Es ist der absolute Boom-Markt: Die Anbieter von intelligenten Produkten rund ums Heim verzeichnen die höchsten Wachstumsraten der Tech-Industrie. Alleine in den USA rechnet die Consumer Technology Association für 2017 mit 30 Millionen neuen Smarthomes – 63 Prozent mehr Verkäufe als im vergangenen Jahr. 3,5 Milliarden Dollar sollen damit umgesetzt werden.
Sowohl die Wachstumsraten wie auch die absoluten Zahlen sind deutlich besser als bei anderen Trendthemen wie Virtual Reality, Drohnen oder Fitness. Kein Wunder also, sind vernetzte Kameras, Sensoren und Steuerungssysteme an der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas omnipräsent.
Der Blick ins Wohnzimmer mit «Netatmo Welcome» Smartphone-Cam
Das französische Unternehmen Netatmo etwa gehört mit seinen Smarthome-Cams zu den bereits etablierten Anbietern. Die Kamera steckt in einem schicken Zylindergehäuse und kann ganz einfach im Wohnzimmer aufgestellt werden. Der Clou: Sie erkennt Gesichter und kann einzelne Familienmitglieder unterscheiden.
Übers Smartphone lässt sich die 200 Franken teure Netatmo Welcome individuell programmieren. Sie schickt beispielsweise eine Nachricht, wenn der Teenager nach Hause kommt. Oder gibt Bescheid, sobald ein unbekanntes Gesicht von der Linse erfasst wird. Übers Handy kann der Benutzer dann einen Kontrollblick ins Wohnzimmer werfen. Neu lassen sich auch Sensoren für Türen und Fenster sowie eine Sirene ins System einbinden.
Sicherheitssysteme als Lifestyle-Gadgets getarnt
Typisch für diese neue Generation von smarter Technik: Sie ist auf den ersten Blick gar nicht als Sicherheitssystem zu erkennen. Aber neben der Steuerung von Heizung oder Licht ist bei der Vernetzung auch immer Überwachung und Alarmierung ein Thema. Dabei wird nicht mit düsteren Einbrecher-Typen für «Alarmanlagen» geworben. Sondern mit fröhlichen Familienbildern für ein Lifestyle-Produkt.
Am extremsten fällt das bei Robotern – wie dem Moorebot für 250 Franken oder dem Lynx von Ubtech für 800 Franken – auf. Dutzende solcher futuristischer Helfer feiern auf der CES Premiere. Sie sind Multitalente mit Sprachsteuerung, Kameras und Sensoren. Und können darum auch Personen unterscheiden, Räume überwachen und ein Sicherheitssystem steuern.
User wiegen sich in falscher Sicherheit
Es ist faszinierend, was die Technik zu erschwinglichen Preisen leistet. Dabei gehen die negativen Aspekte leicht vergessen. So sind die Kameras und Sensoren vieler Smarthomes nicht mit professionellen Alarmanlagen vergleichbar.
Primär stärken intelligente Kameras und vernetzte Sensoren das subjektive Sicherheitsgefühl. Der User kann etwa jederzeit von überall her schnell nachschauen, ob zu Hause alles in Ordnung ist. Das ist beruhigend – aber nicht immer unproblematisch. Wenn man auf dem Handydisplay überprüft, ob das Licht noch brennt, ist das harmlos. Illegal ist dagegen die Überwachung von Babysitter, Reinigungskraft oder Handwerker.
Es stellen sich auch ganz prinzipielle Fragen: Sollen Eltern ihre Kinder mit technischen Hilfsmitteln auf Schritt und Tritt verfolgen? Und wie viel Überwachung und Kontrolle braucht es überhaupt im eigenen Heim?
Mehr noch: Die Hersteller lassen die User oft in falscher Sicherheit wiegen. Für wenig Geld ist es möglich, jede Wohnung in ein futuristisches Smarthome zu verwandeln. Sowohl die Installation als auch die Benutzung der Tools sind kinderleicht. Die Sicherheit des Systems aber ist oft kein Thema.
Sind die Daten und die Übertragungswege genug geschützt? Das ist für Laien praktisch unmöglich abzuschätzen. Schlecht gesicherte Netzwerke eines Smarthomes sind ein Einfallstor für Hacker und Gauner. Die Lifestyle-Haustechnik wird so ganz schnell zum Sicherheitsrisiko.
Einzige Lösung: Den Verlockungen des total vernetzten Smarthomes widerstehen. Oder sich zumindest einen Anbieter suchen, der die Abschirmung des Sicherheitssystems wirklich ernst nimmt.
Diese Bürste warnt, wenn man zu grob ist