Professor Vetterli erklärt
Wie funktioniert GPS?

Martin Vetterli ist Präsident der EPFL in Lausanne und führender Experte für Digitalisierung. Jede Woche erklärt er Begriffe aus der digitalen Welt.
Publiziert: 03.12.2017 um 15:53 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 14:10 Uhr
Selbstfahrende Autos verwenden Positionsinformationen vom GPS und Orientierungspunkte, die Kameras ihnen liefern.
Foto: KEYSTONE/EPA Continental AG/THOMAS LOHNES /CONTINENTAL AG / HANDOUT
Martin Vetterli
Martin VetterliPräsident der EPFL Lausanne

Bevor GPS-basierte Navigationssysteme allgegenwärtig wurden, liess man sich noch Wegbeschreibungen geben. Diese Art und Weise, an ein Ziel zu ge­langen, führte oft zu Meinungsverschiedenheiten mit Mitfahrern. Währenddessen arbeitet das Hirn mit ­einer Reihe hoch­komplexer kognitiver Prozesse ­daran, ­gedanklich eine Land­karte der Umgebung zu kreieren und gleichzeitig die eigene aktuelle Position auf dieser ­Karte zu ­bestimmen.

Tiere haben festgelegte Orientierungsmuster

Das können nicht alle Lebe­wesen. Wenn man versucht, eine Fliege aus dem Fenster zu ­scheuchen, stellt man fest, dass das Tier die nur wenige Zentimeter entfernte Freiheit nicht zu erkennen vermag. ­Natürlich sind auch Insekten zur räumlichen Orientierung fähig, aber sie ­verwenden dafür fest­gelegte ­Erkundungsmuster, wie zum Beispiel willkürlich im ­Zickzack zu fliegen (diese Strategien bildeten die Grund­lage für den ersten ­jemals verkauften erfolgreichen Haushaltsroboter, den Roomba-Staubsauger).

Menschen hingegen müssen in der Lage sein, sich effizienter durch komplexes und manchmal unbekanntes Gelände mit ständig wechselnden Eigenschaften zu bewegen. Hierzu muss in ­unseren Köpfen eine gedank­liche Karte der Umgebung angelegt und kontinuierlich aktualisiert werden. Diese Abstimmung zwischen Karte und Position ist das Herzstück einer Rechenlösung ­namens SLAM («Simul­taneous Localization and Mapping» – ­simultane Lokalisierung und Kartenerstellung). Damit werden selbstfahrende Autos möglich.

Fehler minimieren

Und so funktionieren SLAM-­Algorithmen: Nehmen wir an, Sie fahren wie in alten Zeiten ein Auto ohne GPS, und die Weg­beschreibung lautet wie folgt: «Fahren Sie auf die Haupt­strasse, folgen Sie ihr etwa zwei Kilometer und biegen Sie hinter dem roten Gebäude links ab.» Sie ­haben zwei Informationen, aus denen Sie Ihre innere Landkarte erzeugen, nämlich die Weg­strecke (zwei Kilometer) und den Orientierungspunkt (rotes Gebäude). Jetzt werden Sie versuchen, die Fehler im Hinblick auf diese innere Karte und ­Ihren Standort zu minimieren, während Sie gleichzeitig neue visuelle Informationen ­berücksichtigen.

Wenn Sie etwa ein rotes ­Gebäude sehen, direkt nachdem Sie auf die Hauptstrasse abge­bogen sind, werden Sie wahrscheinlich nicht links abbiegen. Dies würde nämlich bedeuten, dass die Information über die Wegstrecke völlig falsch war. Wenn Sie der Zwei-Kilometer-Marke aber näher kommen, würde jedes rote Gebäude als Hinweis zum Abbiegen interpretiert werden. Ein selbstfahrendes Auto funktioniert genau so. Es ­integriert ungenaue Positions­informationen, die es vom GPS erhält, und verwendet gleichzeitig Orientierungspunkte, die Kameras und laserbasierte Erkennungsgeräte wahrnehmen.

Übrigens: Der Medizin-Nobelpreis 2014 ging an drei Forscher, welche die Existenz eines GPS-ähnlichen Systems im menschlichen Gehirn entdeckt haben. Es ist für die Erzeugung kognitiver Karten verantwortlich, mit deren Hilfe wir uns im Raum ­orientieren können – genau wie die selbstfahrenden Autos. 

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