Professor Vetterli erklärt
Wie funktioniert digitales Geld?

Martin Vetterli ist Präsident der EPFL in Lausanne und führender Experte für Digitalisierung. Jede Woche erklärt er Begriffe aus der digitalen Welt.
Publiziert: 17.12.2017 um 11:04 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 20:10 Uhr
Bitcoin, Blockchain? Sie verstehen nur Bahnhof? Professor Vetterli hilft weiter.
Foto: Keystone/AP/RICK BOWMER
Martin Vetterli
Martin VetterliPräsident der EPFL Lausanne

Vor kurzem ging ich an der EPFL einen Kaffee trinken und bezahlte mit einer 20er-Note. Zurück erhielt ich ein paar Münzen und das erste Mal eine neue 10-Franken-Note. Natürlich wusste ich, dass bald eine neue Banknote herausgegeben wird, aber ich fragte mich dennoch, wie ich ­sichergehen kann, dass es sich um echtes Geld handelt.

Kann ich ausserdem darauf vertrauen, dass der Kassierer überhaupt der rechtmässige Eigentümer dieser Note ist? Das Vertrauen entsteht meist durch die Unterschrift des Präsidenten einer Nationalbank auf dem Schein. Es könnte sich aber auch um eine gefälschte ­Signatur handeln, die Banknote könnte somit eine Kopie sein (dies kommt in einigen Ländern noch immer vor). Theoretisch besteht die einzige absolute ­Sicherheit darin, die Note vom Präsidenten der Nationalbank persönlich zu erhalten, der sie idealerweise auch direkt vor meinen Augen unterschreibt.

Das ist aber natürlich nicht machbar. Vielmehr ist der Geldschein, bis er bei mir ankam, durch eine Vielzahl von Händen gegangen. Was aber, wenn bei jedem Besitzerwechsel die betreffende Person die Note vor den Augen des neuen Empfängers unterschreiben würde? Der Schein würde alle zertifizierten Eigentumsübergänge seit seiner ursprünglichen Erzeugung enthalten. Damit hätte ich die Möglichkeit, die Quelle und somit auch die Richtigkeit zu prüfen.

Was in der physischen Welt ­undurchführbar scheint, wurde in der digitalen Welt möglich. Der Fachausdruck, mit dem eine solche wachsende Liste zertifizierter Transaktionen bezeichnet wird, lautet Blockchain. Die Blockchain-Technologie wird tatsächlich langsam zu einem fundamentalen Bestandteil unseres Alltags und insbesondere eines elektronischen Währungssystems namens Bitcoin. Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich bei einem Bitcoin um eine öffentliche Datei (anstelle einer öffentlichen Banknote), die alle verifizierten Eigentumsübergänge für diese Münze seit ihrer ursprünglichen Erzeugung enthält.

Das bedeutet, dass jedes Mal eine neue digitale Signatur hinzugefügt wird, wenn ein Bitcoin den Besitzer wechselt. Eine digitale Blockchain-Signatur unterscheidet sich jedoch stark von den Unterschriften, die wir ­gewohnt sind. Anstatt eines ­Namens, der von Hand geschrieben wird, verwendet die Blockchain-Technologie zwei digitale «Schlüssel». Der erste (private) Schlüssel wird geheim gehalten, während der zweite (öffentliche) Schlüssel jedem zur Verfügung steht.

Mit dem privaten Schlüssel wird die Bitcoin-Datei verschlüsselt, sodass sie sich nicht mehr entziffern lässt. Die einzige Möglichkeit zur Wiederherstellung des ursprünglichen Inhalts führt über den öffentlichen Schlüssel. Nehmen wir an, Sie erhalten einen Bitcoin von mir, den sie verifizieren wollen. Dazu müssen Sie ihn nur mit meinem öffentlichen Schlüssel entschlüsseln. Wenn das Ergebnis Sinn ergibt, wissen Sie, dass der Bitcoin nur von mir stammen kann.

Eine digitale Signatur ist daher eine weitaus robustere Umsetzung als eine physische Unterschrift. Ein grosser Nachteil besteht allerdings darin, dass ich noch immer nicht meinen Kaffee mit ihr bezahlen kann.

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