Ein Mal im Jahr versammeln sich die Bewohner bestimmter Kantone der Schweiz, um über verschiedene politische Anliegen zu entscheiden. Und das tun sie, indem sie ihre Wahlkarten in die Höhe halten. Das ist ein fantastisches Beispiel für direkte Demokratie. Vor ein paar Wochen hatte ich die Gelegenheit, solch eine Landsgemeinde, wie diese Versammlungen genannt werden, im kleinen Kanton Glarus zu besuchen.
8000 Personen bei der Entscheidung zu beobachten, ob Fahrradwege (abgelehnt) oder neue Sportanlagen (stillschweigend akzeptiert) errichtet werden, ist eine besondere Erfahrung, und es rief mir in Erinnerung, dass Wählen ein recht kniffliger Vorgang ist.
Es gibt kein optimales Wahlverfahren
wir einen Blick auf das Wahlverfahren selbst. Stellen Sie sich vor, dass sich zwei Kandidaten um ein Amt bewerben. Es ist offensichtlich, dass eine Mehrheitsentscheidung den Gewinner genau den Präferenzen der Wähler entsprechend bestimmen würde. Aber sobald nur drei Kandidaten antreten, wird die Angelegenheit kompliziert.
Wenn zum Beispiel 60 Prozent der Wähler den ersten Kandidaten nicht mögen, aber sich ihre Sympathie ansonsten gleichmässig auf den zweiten und den dritten Kandidaten verteilt, gewinnt der erste Kandidat die Wahl mit 40 Prozent der Stimmen, obwohl die Mehrheit der Wähler ihn hassen würde. Genau diese Tatsache musste Al Gore bei den Präsidentschaftswahlen 2000 schmerzhaft erfahren, als George W. Bush gewann und sich die Mehrheit der Stimmen auf Gore und einen Minderheitskandidaten aufteilte.
Tatsächlich existiert kein optimales Wahlverfahren, das die vollständige Erfüllung der Wünsche der Mehrheit garantiert (aus diesem Grund existieren weltweit viele Wahlverfahren). Aber können wir wenigstens die Auszählung verbessern? Möglicherweise mit elektronischen Wahlsystemen? In der Theorie ja.
Wie bei vielen anderen Internetangeboten könnte man sich bei einem öffentlichen Server einloggen und dort seine Stimme abgeben (es bestünde also keine Notwendigkeit, ein Wahlwochenende abzuhalten und in die Wahllokale zu pilgern). Das würde zu einer perfekten Auszählung führen.
Aber anderseits würde eine solche elektronische Variante einige Sicherheitschecks erfordern – wie Passwörter oder im Idealfall sogar eine doppelte Authentifizierung. Selbst dann könnte so ein System gehackt werden.
Es gibt gute Nachrichten
Es gibt allerdings gute Nachrichten: Mittlerweile existiert auch eine dezentralisierte und sicherere Variante des elektronischen Wählens. Diese basiert auf der berühmten Blockchain-Methode, die gegenwärtig bei Kryptowährungen so beliebt ist (darüber schrieb ich schon in vorangegangenen Kolumnen).
Eine mögliche Anwendung dieser neuen Technologie könnte tatsächlich in der elektronischen Umsetzung einer demokratischen Wahl liegen. Mit dieser Methode wäre ein Wahlverfahren, das nur sehr schwer zu hacken und zu manipulieren und perfekt auszählbar ist, vorstellbar. Was damit aber immer noch nicht optimiert werden könnte, wären die rhetorischen Fähigkeiten. Genau wie in der Landsgemeinde im kleinen Kanton Glarus.