Heute muss das MacBook zu Hause bleiben. Normalerweise werden darauf Artikel geschrieben, Mails beantwortet und Fotos bearbeitet. Diese Arbeit soll nun das neue iPad Pro erledigen. Und zwar die grosse Version mit dem 12,9-Zoll-Screen.
Zugegeben, neben dem Tablet mit dem bis an die Ränder gezogenen Bildschirm sieht der Laptop schon etwas altbacken aus. Und wenn man ihn bedient, verstärkt sich dieses Gefühl. Hier die Vergangenheit mit Trackpad, dort die Zukunft mit Gestensteuerung und Gesichtsentsperrung.
Das iPad ist bereit, sobald man es aufklappt. Beim MacBook dauert es auch dann ein wenig, wenn das Gerät nur in den Stand-by-Modus versetzt wurde. Wer allerdings einen riesigen Grössen- und Gewichtsunterschied erwartet, wird enttäuscht. Auch das Notebook ist kompakt gebaut und nimmt in der Tasche nicht viel mehr Platz ein. Und die etwas über 300 Gramm Gewichtsunterschied machen im Alltag keinen grossen Unterschied.
Die gewohnten Arbeitstools gibts in unserem Fall alle auch fürs iPad. Gerade im Fall der Google-Anwendungen ist es ein Vorteil, wenn man nicht nur im Browser arbeitet, sondern auf dem iPad die einzelnen Programme als App nutzen kann. So kann man etwa zwischen den Apps schnell hin- und herswipen.
Die Tastatur kostet 219 Franken extra
Los gehts mit dem Schreiben eines Online-Artikels direkt ins System des BLICK. Das geht auf der Tastatur des iPad Pro ähnlich flott wie auf jener des MacBooks. Schade ist aber, dass die Tipp-Qualität im Vergleich zum Vorgänger nicht verbessert wurde. Man zahlt überrissene 219 Franken und hat immer noch nur eine mittelgute Keyboard-Hülle ohne Beleuchtung der Tasten.
Immerhin gibts neu zwei Winkel, die man einstellen kann. Andere wie Microsofts Surface bieten da aber unendlich viel mehr Möglichkeiten. Auch passiert es beim neuen Klappmechanismus öfter, dass man zu viel der magnetischen Rückseite anhebt und so die Tastatur ganz vom iPad ablöst.
Apropos Magnete: Sehr cool gelöst ist die magnetische Halterung für den Stift, der neu auch direkt so geladen wird. So geht der Pencil seltener verloren, der natürlich ebenfalls extra kostet und zwar 149 Franken. Aber Achtung: Das magnetische Anklicken reicht nicht aus, um den Stift sicher angepinnt in der Tasche zu transportieren. Dort löst er sich dann doch ab.
So ist das iPad zwar flexibler, bietet aber bei der Arbeit unterwegs nicht direkte Vorteile. Beim Platzbedarf gibts etwa kaum Unterschiede. Auf den Knien liegt das MacBook gar deutlich stabiler und man kann sich den Bildschirm genau so biegen, wie man das möchte.
Dafür ist der Touchscreen des Tablets ein grosser Vorteil, gerade, wenn man dicht am Gerät sitzt. Ein Fingertipp auf das Display ist in vielen Fällen schneller und einfacher als das Hantieren mit dem Touchpad. Da auch Tastaturkürzel funktionieren wie gewohnt, ist das eine gute Kombination.
Nicht jedes Profi-Programm ist auf Touch optimiert
Gerade wenn man viele Dateien, Texte oder Zahlen kopieren muss, merkt man, dass das iPad eben doch auf einem Betriebssystem für mobile Geräte basiert. Vieles braucht einen Schritt mehr, ist weniger flexibel, weil man zum Beispiel nicht beliebig und einfach Fenster nebeneinander anordnen kann. Auch wenn natürlich inzwischen auch auf dem iPad Multitasking möglich ist.
Im Test tauchen dann auch Probleme auf, etwa mit Formularen auf Webseiten oder bei Zip-Dateien. Zwar gibts für alles eine Lösung, die ist aber oft einfach ein oder zwei Schritte komplizierter als beim MacBook.
Allerdings gibts durchaus auch Web-Anwendungen, die nicht auf Touch optimiert sind. Dazu gehört das BLICK-Produktionssystem. Und so konnten wir zwar Bilder aufs iPad übertragen, sie bearbeiten und dann hochladen. In den Artikel einfügen, klappte aber nicht.
Es kann also gut sein, dass alles nicht so wie auf einem Laptop oder PC funktioniert. Das kann je nach Anforderung entscheidend sein. Umgekehrt bietet das iPad auch einige Dinge, die auf dem MacBook nicht funktionieren. Etwa den schnellen Zugriff auf unzählige Apps, speziell auf das System abgestimmt. Auch in Sachen Multimedia hat das iPad die Nase vorn.
Der Akku des iPad Pro hält locker zehn Stunden
Nicht zu vergessen den Stift. Zwar haben wir ihn im Test nur einmal wirklich gebraucht, nämlich, um ein Dokument zu unterzeichnen und es danach zurückzuschicken. Aber wer im Grafik- oder Multimediabereich arbeitet, hat mit dem Stift unzählige Möglichkeiten.
Die Zeichenkünste des Digital-Redaktors sind eher bescheiden, aber beim Beobachten im Zug, als ein Hip-Hop-Hipster Graffitis aufs iPad gemalt hat, wurde deutlich, wie gross das Potenzial im kreativen Bereich ist. Das schafft wohl kein Laptop.
Was man auch sagen muss: Die Rechenpower des iPad reicht problemlos für schnelle Bildbearbeitung und für das nahtlose Wechseln zwischen einem Dutzend Apps. Alles läuft mindestens so flüssig wie auf dem MacBook. Und in Sachen Akkulaufzeit hat das iPad auch die Nase vorn. Nach rund fünf Stunden Arbeit hatten wir immer noch über 50 Prozent Akku. Die versprochenen zehn Stunden sollte man also gut erreichen, beim MacBook waren es im Test ein bis zwei Stunden weniger.
Das BLICK-Testfazit: Arbeiten mit dem iPad geht inzwischen fast so gut wie mit einem Notebook. Ob es dieses gleich ganz ersetzen kann, kommt sehr auf den Anwendungsbereich an. Die grössten Stärken hat das neue iPad Pro weiter im Gaming- und Multimedia-Bereich. Und als Allrounder für alle Situationen.
Das iPad Pro hat sich den professionellen Arbeitsgeräten in allen Bereichen angenähert – auch beim Preis. Die 12,9-Zoll-Version kostet mindestens 1139 Franken. Dafür gibts aber nur 64 GB Speicher. Wer neben WiFi auch mit Mobilfunk arbeiten will, zahlt nochmals 180 Franken Aufpreis – Tastatur und Stift sind dabei noch nicht inklusive. Wir haben die Topversion mit 1 TB Speicher getestet. Die kostet sagenhafte 2219 Franken.
Zum Vergleich: Das günstigste MacBook mit 128 GB Speicher gibts für 1475 Franken. Für 2250 Franken gibts die gut ausgestattete Version mit Touchbar und 512 GB Speicher.