«Noch nie zuvor hat sich ein Medium so schnell in den Alltag integriert»
Rasanter Anstieg der KI-Nutzung bei Schweizer Jugendlichen

Die KI erobert den Alltag der Schweizer Jugendlichen im Rekordtempo. Laut der James-Studie 2024 haben 71 Prozent Erfahrungen mit ChatGPT und Co. gemacht. Obwohl auch Social Media hoch im Kurs steht, kommt Bewegung nicht zu kurz – die Teenies machen mehr Sport als 2022.
Publiziert: 12:01 Uhr
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Aktualisiert: vor 54 Minuten
Meistens am Lehrplan vorbei: KI erobert den Alltag von Schweizer Jugendlichen.
Foto: Unsplash/MatheusFerrero

Auf einen Blick

  • KI-Tools erobern Schweizer Jugend: 71 Prozent haben Erfahrung mit ChatGPT und Co.
  • Instagram, Tiktok, Whatsapp und Snapchat bleiben die beliebtesten Kommunikationsplattformen für Jugendliche
  • 36 Prozent der Jugendlichen erlebten Online-Belästigung bezüglich ihres Aussehens in den letzten zwei Jahren
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Künstliche Intelligenz hat sich in einer beispiellosen Geschwindigkeit in das Leben junger Menschen in der Schweiz integriert. Laut der aktuellen James-Studie 2024 der ZHAW und Swisscom haben bereits 71 Prozent der Jugendlichen Erfahrungen mit ChatGPT und ähnlichen Tools gemacht. Ein Drittel nutzt diese Technologien sogar wöchentlich, obwohl sie erst Ende 2022 populär wurden.

«Noch nie zuvor hat sich ein Medium so schnell in den Alltag integriert, wie KI-Tools dies getan haben. Damit erhält das kritische Hinterfragen von Information in Zukunft einen noch höheren Stellenwert», erklärt ZHAW-Forscher und Co-Studienleiter Gregor Waller. Er betont die Notwendigkeit, Jugendliche für den kritischen Umgang mit Informationen zu sensibilisieren.

Jugendliche haben begonnen, KI-Tools vor allem für schulische Aufgaben, kreative Tätigkeiten oder als Unterstützung bei Hobbys zu verwenden. Trotz der gestiegenen Präsenz in der Öffentlichkeit sind viele Jugendliche mit den Möglichkeiten und Risiken solcher Tools noch nicht vertraut. Dies liegt wohl auch daran, dass es kaum strukturierte Ansätze gibt, wie KI in den Schulunterricht integriert werden soll. Meistens kommt es auf die Eigeninitiative der Lehrperson an.

Big Four festigen sich – Rückgang bei klassischen Medien

Die Studie zeigt auch, dass Instagram, Tiktok, Whatsapp und Snapchat weiterhin die beliebtesten Kommunikationsplattformen unter Schweizer Jugendlichen sind. Diese «Big Four» werden sowohl zur Informationsbeschaffung als auch zur Unterhaltung genutzt, wobei der Unterhaltungsaspekt überwiegt.

Trotz regelmässiger KI-Nutzung: Andere Dienste stehen noch höher in der Gunst der Jugendlichen.
Foto: James-Studie

Interessanterweise zeichnet sich bei der Mediennutzung eine Sättigungstendenz ab. Viele mediale Aktivitäten wie Musikhören oder die Nutzung sozialer Netzwerke sind so fest im Alltag verankert, dass eine weitere Steigerung kaum möglich scheint. ZHAW-Forscherin Céline Külling-Knecht vermutet: «Die stabilen Ergebnisse könnten darauf hinweisen, dass sich die digitalen Routinen und Gewohnheiten der Jugendlichen im Alltag gefestigt haben.»

Gleichzeitig ist ein deutlicher Rückgang bei der Nutzung klassischer Medien zu verzeichnen. Nur noch 10 Prozent der Jugendlichen nutzen regelmässig Zeitschriften- und Zeitungsportale für Informationszwecke, während 57 Prozent soziale Netzwerke als Informationsquelle verwenden. Dies erhöht das Risiko der Verbreitung von Falschinformationen.

Ein weiterer Trend ist die zunehmende Beliebtheit von Videospielen, insbesondere unter männlichen Jugendlichen. Acht von zehn Jugendlichen spielen zumindest gelegentlich, wobei Games wie «Brawl Stars», «Fortnite» und «Minecraft» besonders beliebt sind. Die Studie warnt jedoch vor sogenannten «Dark Patterns» in diesen Spielen – manipulative Designstrategien, die das Verhalten der Spieler beeinflussen sollen.

Die Hälfte der befragten Jugendlichen hat bereits Mikrotransaktionen in Spielen getätigt. Michael In Albon, Jugendmedienschutz-Beauftragter bei Swisscom, betont die Verantwortung der Eltern: «Vor dem Hintergrund dieser Mechanismen sind vor allem Eltern in der Pflicht, sich mit unterschiedlichen Games auseinanderzusetzen und sich offen gegenüber dem Gamingverhalten ihrer Kinder zu zeigen.»

Kein Leben, ohne Handy: 98 Prozent der Teenies haben ein Smartphone.
Foto: James-Studie

Die Studie deckt auch besorgniserregende Trends im Bereich der Online-Belästigung auf. 36 Prozent der Jugendlichen wurden in den letzten zwei Jahren nach ihrem Aussehen gefragt, während ein Drittel unerwünschte sexuelle Annäherungsversuche erlebte. Mädchen sind davon deutlich häufiger betroffen als Jungen. Fast jede zweite weibliche Jugendliche hat bereits Erfahrungen mit sexuell motivierter Kontaktaufnahme im Internet gemacht.

Auch Cybermobbing bleibt ein ernsthaftes Problem, wobei Jungen sowohl häufiger Täter als auch Opfer sind. 28 Prozent der männlichen Befragten gaben an, online bereits beschimpft oder beleidigt worden zu sein. Die Forscherin Céline Külling-Knecht empfiehlt, mit der Prävention bereits in der Primarstufe zu beginnen.

Sport bleibt wichtigste Freizeitaktivität

Trotz der zunehmenden Digitalisierung bleibt Sport die wichtigste Freizeitaktivität für Schweizer Jugendliche. Besonders Sport hat im Vergleich zur James-Studie 2022 an Wichtigkeit gewonnen und wird neu als beliebteste Freizeitaktivität genannt.

Während bei Jungs das Gamen und sportliche Aktivitäten klar dominieren, stehen bei den Mädchen andere kulturelle (Lesen, Musik) und kreative (Backen, Zeichnen) Tätigkeiten im Zentrum. Als bedeutsamste Freizeitaktivitäten gemeinsam mit Freundinnen und Freunden nennen die Jugendlichen ähnlich wie im Jahr 2022 sportliche Aktivitäten, die Zeit draussen in der Natur und gemeinsame Unternehmungen. Auch Gespräche mit Freundinnen und Freunden zu führen, ist für die Jugendlichen sehr wichtig.

Auch das Lesen erfreut sich weiterhin grosser Beliebtheit, wobei die «Harry Potter»-Reihe seit 2012 die Rangliste der Lieblingsbücher anführt. Es folgen «Gregs Tagebuch», «Die drei ???» und «One Piece».

Word Cloud: Je grösser die Schrift, desto mehr Jungendliche lesen diese Bücher.
Foto: James-Studie

Die James-Studie 2024 zeichnet ein komplexes Bild der Mediennutzung und des Freizeitverhaltens Schweizer Jugendlicher. Während digitale Technologien und soziale Medien eine zentrale Rolle spielen, bleiben traditionelle Aktivitäten wie Sport und Lesen wichtig. Die rasante Integration von KI-Tools in den Alltag stellt dabei neue Herausforderungen für Bildung und Medienkompetenz dar. Es liegt nun an Eltern, Pädagogen und Politikern, auf diese Entwicklungen angemessen zu reagieren.

Hinweis: Die Prävalenz-Zahlen hinsichtlich negativer Online-Erfahrungen (Cybermobbing, sexuelle Belästigung) können nicht mit den Daten früherer Erhebungen verglichen werden, da die Daten dazu anders erhoben wurden. Neu wurde nicht nach der allgemeinen Erfahrung («Ist es schon vorgekommen …»), sondern nach einer Frequenz innerhalb der letzten zwei Jahre («Wie oft hast du in den letzten 2 Jahren erlebt …») gefragt. Für die James-Studie werden alle zwei Jahre rund 1000 Jugendliche im Alter von 12 bis 19 Jahren befragt.

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