Einiges bleibt unklar in diesem «Polizeiruf» mit neuem Team. Etwa, wieso die Nachfolgerin von Hanns von Meuffels, Oberkommissarin Bessie Eyckhoff (Verena Altenberger), eine Streifenpolizei-Uniform trägt. Oder weshalb sie ihren leicht minderbemittelten, verfetteten Bruder, eigentlich auch Streifenpolizist, zuziehen darf. Auch einige Hypnose-Sequenzen, in denen sich ahnungsvolle Seelenzustände zu realen Hinweisen zur Lösung des Falls verdichten, sind, nüchtern gesehen, hanebüchen.
Erstaunlicherweise ist der erste Eyckhoff-Fall dennoch sehenswert: Ein aufgegriffener Junge gibt der Kommissarin Rätsel auf. «Poulou» (grandios: Dennis Doms in seiner ersten Fernsehrolle), heisse er, kann er knapp sagen, sonst aber nicht viel. Sprechen tut eher sein misshandelter Körper: Unnatürliche Bleichheit, Fesselspuren und Hornhaut an ungewöhnlichen Stellen deuten auf ein Leben in Gefangenschaft hin – und vieles mehr darauf, dass er nicht allein in Gefangenschaft war. Überzeugt davon, versucht Eyckhoff das Vertrauen des Jungen zu gewinnen – und muss sich unter anderem mit höchst unkonventionellen Mitteln gegen eine übereifrige Psychologin durchsetzen.
Manchen wird der atmosphärisch dichte «Polizeiruf» wohl zu unkonventionell sein. Für diese gibts ein dickes Trostpflaster: Auf SRF 1 läuft ab 20.05 Uhr ein Krimi, der klassischer kaum sein könnte: Die Neuverfilmung von Agatha Christies Hercule-Poirot-Klassiker «Mord im Orient-Express». Neu ist an diesem nicht viel – dafür spielen aber Superstars wie Johnny Depp, Kenneth Branagh und Penélope Cruz mit.
Polizeiruf 110: «Der Ort, von dem die Wolken kommen»,
20.15 Uhr, Das Erste
Wertung: Dreieinhalb von fünf.