Ein guter Tag für Ratten – ein schlechter für die Wissenschaft: Am 13. Februar wurde eine Studie im Fachmagazin «Frontiers» veröffentlicht, die für Aufsehen sorgte. Dabei geht es nicht um den Inhalt der Studie zu Spermatogonien, sondern um die kuriose Bebilderung. Auf einer Abbildung war etwa ein enormer Rattenpenis zu sehen, der länger war als das Tier selbst.
Kurz darauf verbreitete sich das tierisch grosse Geschlechtsteil im Netz. Die Wissenschaftlerin Charlotte Houldcroft fragte auf X: «Wie konnte Abbildung 1 an den Peer-Reviewern vorbeigehen?» Die unabhängige Begutachtung (Peer Review) gilt heute als Standardmethode, um die Qualität wissenschaftlicher Publikationen zu gewährleisten.
Ausserirdische Pizzen
Die Autoren der Studie, Xinyu Guo, Liang Dong und Dingjun Hao, gaben an, dass sie Midjourney verwendet hätten, um Bilder mit künstlicher Intelligenz (KI) zu generieren. KI-Bildgeneratoren sind dafür bekannt, es nicht so mit der Rechtschreibung zu haben, was in diesem Fall zu Diagrammbeschriftungen wie «d» anstatt «dick» und «testtomcels» anstelle von «testicles» führte. Andere KI-generierte Abbildungen in der Studie enthielten ebenfalls textlichen und visuellen Unsinn, darunter Zelldiagramme, die wie ausserirdische Pizzen aussahen.
Die chinesischen Autoren reichten ihre Studie samt der Bilder zur Überprüfung ein. Das Paper wurde zunächst von jemandem in Indien bearbeitet und dann von zwei weiteren Personen überprüft, einer in den USA und einer in Indien.
Artikel zurückgezogen
Der Gutachter Jingbo Dai von der Northwestern University, der in den USA ansässig ist, bemerkte zwar die ungenauen Bilder in der Studie, schlug keinen Alarm. Er erklärte gegenüber vice.com, dass es seine Aufgabe sei, Arbeiten auf wissenschaftliche Aspekte hin zu überprüfen. Die Entscheidung, KI-Bilder zu veröffentlichen, liege beim Fachmagazin.
Gemäss den Richtlinien des Magazins ist der Einsatz von generativer KI erlaubt, jedoch muss dies offengelegt werden, was die Autoren der Studie getan haben. Zudem muss das Ergebnis auf Richtigkeit überprüft werden.
Inzwischen hat das in Lausanne ansässige Magazin auf die Kritik reagiert und die veröffentlichte Studie zurückgezogen. Auf der Website heisst es: «Der Artikel entspricht nicht unseren Standards der redaktionellen und wissenschaftlichen Sorgfalt.»
Natürlich kann man über den grossen Rattenpenis lachen. Doch: «Die Arbeit ist ein trauriges Beispiel dafür, wie naiv wissenschaftliche Zeitschriften, Redakteure und Gutachter sein können, wenn es darum geht, KI-generierten Mist zu akzeptieren und zu veröffentlichen», erklärt die Beraterin für wissenschaftliche Integrität, Elisabeth Bik, in ihrem Blog.