«Nier – Automata» im Test
Wenn das Spiel dreimal von vorne beginnt

Die «Bayonetta»-Macher von Platinum Games schlagen wieder zu: Mit «Nier – Automata» veröffentlichen sie ihr bisher zugänglichstes Spiel. Trotzdem geht es auch im neuen Action-Rollenspiel ganz schön schräg zu und her – was zu einem kleinen Meisterwerk führt.
Publiziert: 28.03.2017 um 17:18 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 02:55 Uhr
Trailer zu «Nier – Automata»
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Skurrile Action:Trailer zu «Nier – Automata»
Martin Steiner

Das ist «Nier – Automata»

In ferner Zukunft: Aliens überfallen die Erde, indem sie dort Maschinen aussetzen, die alles zu Schutt und Asche hauen. Den überlebenden Menschen gelingt es, auf den Mond zu fliehen und dort hochintelligente Androiden zu entwickeln. Die Protagonisten 2B und 9S sind zwei von ihnen, die für die Menschheit die Kohlen aus dem Feuer holen sollen. Was zunächst nach einem plumpen Sci-Fi-Plot klingt, dreht sich schon bald um eher philosophische und existenzielle Fragen. So entwickeln sowohl einzelne Alien-Maschinen als auch die Androiden bald das Bedürfnis, menschenähnlicher zu werden. Auch sonst sprudelt die Kreativität nur so aus dem Game heraus.

Screenshots aus «Nier – Automata»

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Gameplay: So spielt sich «Nier – Automata»

Das hat uns gefallen

Nur schon der Aufbau des Spiels ist abgefahren: So besitzt «Nier – Automata» 26 verschiedene Enden. 21 davon mag man zwar als bessere «Game Over»-Screens mit dem Abspann im Zeitraffer abtun. Die anderen fünf bekommt man allerdings erst zu sehen, wenn man das Game dreimal durchspielt. Klingt zunächst langweilig. Der Clou: Den erste Durchgang absolviert man mit 2B, den zweiten mit 9S, wobei die beiden Helden nicht die ganze Zeit zusammen sind. Das führt zu vielen neuen Zwischensequenzen, Nebenmissionen und auch die Story erhält neue Facetten. Der dritte Durchgang ist schliesslich eine Fortsetzung, inklusive der neuen spielbaren Heldin A2. Dabei wartet die Geschichte bis zum Schluss der rund 40 Stunden mit vielen unerwarteten Wendungen auf. Witzig sind auch viele Kleinigkeiten: So darf man zum Beispiel im 9S-Durchgang in einem aufgezeichneten Video nochmals zuschauen, wie der Spieler als 2B zum Spielstart die Systemeinstellungen vornimmt.

Das Game geht dabei in einer offenen Welt über die Bühne, wobei sich hier die Spielstile wild mischen. So wechselt das Game von der 3D-Welt auch mal in einen 2D-Sidescroller oder in den Flugpassagen in einen astreinen Twinstick-Shooter. In der Normalansicht erinnern die schnellen Kämpfe etwas an «Bayonetta». Wer zum Beispiel zum richtigen Moment ausweicht, kann das Game für eine kurze Zeit in Zeitlupe versetzen und so besonders effektive Angriffe starten. Als Begleiter besitzt jeder Held eine Flugdrohne, die den Feinden mit ihren Geschützen zusätzlich einheizen. Ansonsten darf man auf das Standard-Repertoire von leichten und schweren Angriffen mit verschiedenen Waffen zurückgreifen.

Aber auch Rollenspieler kommen auf ihre Kosten. Um neue Fertigkeiten oder passive Talente einzusetzen, müssen Computerchips gefunden oder erworben werden, die man dann auf eine Platine mit beschränktem Platz setzen darf. Das gewinnt Lebensenergie automatisch zurück, bringt Heiltränke automatisch zum Einsatz, erhöht den Schaden durch Waffenangriffe oder verlängert den Zeitlupeneffekt nach einem erfolgreichen Ausweichmanöver. Aber auch grundlegende Dinge wie die Lebens- oder Schadensanzeige im HUD benötigen einen Chip. Und wer auf die Idee kommt, das Operationssystem zu entfernen, bekommt das Ende mit dem Namen «Fatal Error» zu sehen. Daneben dürfen die Helden unzählige Waffen kaufen und aufrüsten, wobei sämtliche Materialien als Loot von Monstern, aber auch bei Händlern zum Kauf erhältlich sind.

Das hat uns genervt

Die Nebenmissionen beinhalten zwar kleine Story-Schnipsel, bestehen aber in der Grosszahl aus simplen Hol- und Bringaufträgen. Der japanischen Unart – wir erinnern uns ans Fröschesuchen in «Final Fantasy 15» – kann sich offenbar auch Platinum Games nicht entziehen.

Bei den Kämpfen können geduldige Gamer in den meisten Auseinandersetzungen vieles vom Geschütz der Drohne erledigen lassen. Nur sehr selten gibt es den absoluten Zwang, sich in den Nahkampf zu begeben. Stattdessen kann man einfach den oder die Gegner mit der Kamera anvisieren und den Rest den Begleiter erledigen lassen. Dies funktioniert auch in Bosskämpfen meist ziemlich problemlos und führt die sonst elegante Kampfmechanik ad absurdum.

Fazit

Das Action-Rollenspiel vereint so viele Konzepte, dass es beinahe logisch ist, dass das eine oder andere nicht so toll funktioniert. Doch die übermächtige Begleitdrohne täuscht nicht darüber hinweg, dass «Nier – Automata» ein faszinierendes und im Gegensatz zum Original-«Nier» perfekt spielbares Game ist. Mit seiner denkwürdigen Geschichte, einem stimmungsvollen Soundtrack und vielen abgedrehten Ideen – so lassen sich zum Beispiel die fehlenden Playstation-Trophäen am Ende des Games mit im Spiel erworbenen Credits kaufen – ist das Action-Rollenspiel ein weiteres absolutes Highlight in einem sehr starken Game-Frühling 2017.

Wertung: 9 von 10 überraschenden Story-Wendungen

Nier – Automata, für PC und PS4, ab 18 Jahren

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