Das Angebot ist wirklich verlockend für alle, die einen Glasfaseranschluss zu Hause haben: 10 Gbit/s Internet, 250 TV Sender mit einem Apple TV, unlimitierte Anrufe in der Schweiz – und das alles für 49.95 Franken im Monat.
«Fiber» (wegen der Glas-Faser) heisst das Angebot von Salt, das Ende März mit einer grossen Pressekonferenz angekündigt wurde. Seither bewirbt es der Telekommunikationsanbieter aggressiv und hat so manchen Nutzer überzeugt, zum Billig-Paket zu wechseln.
Doch schon nach weniger als zwei Monaten ist die Euphorie verflogen. Auf Twitter und Foren wie Digi-tv.ch häufen sich die Beschwerden unzufriedener Fiber-Kunden. BLICK weiss von einem Dutzend konkreter Fälle. Und auch im BLICK-Test traten massive Probleme auf – in ganz unterschiedlichen Bereichen.
Sprachdurcheinander schon ab der ersten Minute
Schon das Bestellformular auf Salt.ch wirkt unseriös. Auch wenn man «Deutsch» wählt, bleiben einige Begriffe auf Englisch stehen, «Zip-Code» etwa statt Postleitzahl. Übrigens nicht nur beim Start, sondern bis heute. Im BLICK-Test kommt dann auch die Korrespondenz per E-Mail auf Englisch – und das Bestätigungs-SMS auf Französisch. Das ist auch anderen Kunden passiert, wie Foreneinträge auf Digi-tv.ch zeigen.
Unklare Abläufe schon bei der Bestellung
Das Formular zum Abschluss des Vertrags füllt man aus, ohne dass man angeben kann, wann Salt Fiber aufgeschaltet werden soll. Auch die Kündigung des alten Anschlusses muss man selbst erledigen. Im BLICK-Test brauchten wir mehrere Telefonate mit dem Kundendienst, bis alle Daten – vermeintlich – fixiert waren. Leser Markus P. bestellte im Salt-Shop in Bern und wartete drei Wochen auf das Bestätigungsmail. In dieser Zeit war er vier Mal in der Filiale und telefonierte fünf Mal mit dem Kundendienst.
Chaos beim Salt-Kundendienst
Markus P. erlebte auch, wie schwierig es ist, über den Kundendienst Probleme beheben zu lassen. So stellte sich heraus, dass bei der Datenerfassung im Shop die E-Mail-Adresse falsch eingegeben wurde. Es brauchte mehrere Kontaktaufnahmen mit dem Kundendienst, bis sie richtig registriert war. Dazu eröffnete Salt jedes Mal ein neues Ticket, bearbeitet wurden diese offensichtlich nicht. Ähnliche Probleme hatten User, die ihre Glasfaser-Nummer anpassen wollten.
Leser This L. konnte sich problemlos anmelden und bekam auch rechtzeitig am 5. April die Nachricht, der Anschluss sei aufgeschaltet. Doch das Internet blieb tot, der Kundendienst versprach, das Problem innert einer Woche zu lösen. Darauf wartet This L. bis heute. Besonders störend: «Versprochene Rückrufe sind x-fach ausgeblieben und es gab nie eine Entschuldigung.»
Auch im BLICK-Test zeigte sich, dass Mitarbeiter zwar freundlich sind, aber man jedes Mal eine andere Auskunft bekommt. So hiess es am Anfang, ein nahtloser Übergang vom alten Anbieter zu Salt sei möglich, dann aber, es könne ein paar Tage dauern. Am angeblichen Aufschalttag betonte die Salt-Hotline dann, der Kunde müsse auf das E-Mail des technischen Dienstes warten, das jederzeit kommen könne. Einen Tag später gabs plötzlich einen konkreten Aufschalttermin: über zwei Wochen später.
Massive Verzögerung beim Aufschalten des Abos
Leser Thomas L. schreibt BLICK, dass er sechs Wochen nach der Bestellung immer noch auf die Zusendung der Salt-Box wartet. Seit fünf Tagen ist er zu Hause ganz offline. Andere Kunden sind seit Wochen ohne Internet, Telefon und TV.
Im BLICK-Test geht die Aufschaltung ebenfalls schief – immerhin kommt das Paket mit dem Router rechtzeitig. Inzwischen ist der Testhaushalt aber ebenfalls seit Dienstag ohne Zugang zum Internet – und wird es voraussichtlich noch mindestens bis zum 18. Mai bleiben.
Das sind keine Einzelfälle, wie weitere Beispiele zeigen. Raul F. wartete zuerst über einen Monat auf die Lieferung des Routers. Und nun seit dem 28. April auf die Aktivierung des Accounts. Michael M. hat Salt Fiber vor über einem Monat bestellt und bislang keine Hardware erhalten. Er ist seit vier Tagen ohne Internet.
Salt will Beschwerden ernst nehmen
Nun reagiert Salt: «Wir nehmen diese Beschwerden ernst», schreibt der Telekom-Anbieter auf Anfrage. Wichtig zu wissen sei, dass eine Aktivierung bis zu sieben Wochen dauern könne. Und dass man das bestehende Abo nicht kündigen soll, bevor die Bestellbestätigung von Salt eintrifft.
Salt will die Partnerprozesse optimieren und zahlt betroffenen Kunden bis zu zwei Monatsgebühren, falls sie doppelte Abo-Kosten haben. Der Anbieter schiebt aber auch einen Teil der Schuld ab.
So gebe es für die Glasfaser-Netze in der Schweiz keinen einheitlichen automatisierten Übernahmeprozess. «Für neue Marktplayer wie Salt ein klares Hindernis und eine wettbewerbsfeindliche Situation.» Manchmal werde Salt auch von Fehlern und Missverständnissen zwischen Elektrikern, Swisscom und Partnern des Glasfasernetz-Ausbaus in Mitleidenschaft gezogen.
Die Fiber-Kunden allerdings haben sich unter der auf der Webseite beworbenen «atemberaubenden Geschwindigkeit» etwas anderes vorgestellt, als bis zu sieben Wochen Warten auf den Anschluss, unzählige Telefonate mit der Hotline und unfreiwillige Internet-Abstinenz.