Spätestens seit Montagabend ist klar: Musik-Downloads sind dem Tode geweiht. Denn jetzt ist auch Apple auf den Streaming-Zug aufgesprungen.
Mit iTunes ist Apple der unangefochtene Marktführer bei den Downloads. Doch die Gewinne schmelzen. Alle wollen nur noch streamen. Darum hat Apple letztes Jahr den Anbieter Beats für drei Milliarden Dollar geschluckt und daraus Apple Music gemacht, das gestern vorgestellt wurde.
In der Schweiz herrscht bislang eine Art Monopol. Wer eine grosse Auswahl will und seine Musik hauptsächlich auf dem Smartphone konsumiert, kommt um das Premium-Abo von Spotify nicht herum.
Viele Spotify-Kunden fragen sich jetzt, ob sie zu Apple Music wechseln sollen. Noch konnte keiner die neue App ausprobieren, doch vieles kann man heute schon verlgeichen.
1. Das Angebot bhei iTunes und Spotify
Apple hat einen grossen Vorteil: Dank iTunes gibt es bestehende Verträge mit allen wichtigen Musiklabels. Apple verspricht, dass das gesamte iTunes-Angebot gestreamt werden kann. Und das ist sehr umfangreich. Die Rede ist von Dutzenden Millionen Songs. Spotify bietet rund 30 Millionen Songs.
Weil dort das ganze Angebot auch gratis mit Werbeunterbrechungen erhältlich ist, haben sich einzelne Künstler und Labels im Streit von Spotify getrennt. Darunter Taylor Swift und Radiohead. Spotify will daran festhalten. Bei Apple gibts kein Gratis-Angebot, darum wird man praktisch alles finden.
Richtig rare Sachen kann man schliesslich über iTunes selber in die App laden: «Alles, was du jemals gesammelt hast, lebt an einem einzigen Ort weiter», verspricht Apple auf seiner Website. Das kann Spotify nicht bieten.
Einzelne Musik-Blogger in den USA bezweifeln allerdings, ob Apple sein Versprechen auch einhalten kann. Der Beatles-Katalog zum Beispiel – bei Spotify nicht erhältlich – dürfte bei Apple Music ebenfalls fehlen. Schliesslich erschienen deren Alben erst nach jahrelangen Verhandlungen bei iTunes. Und jedes Album kostet überrissene 20 Franken!
2. Spotify VS Apple Music: Der Preis
Bis jetzt ist erst der US-Preis bekannt. 10 Dollar soll dort Apple Music pro Monat kosten – gleich viel wie Spotify. Bei uns kostet deren Premium-Abo 13 Franken. Angesichts der hohen Schweizer Kaufkraft, ist zu befürchten, dass Apple ebenfalls so hoch einsteigen wird. Bei der Pressestelle schweigt man dazu noch.
Apple versucht allerdings, die Kunden mit einem simplen aber raffinierten Trick zu ködern: Die ersten drei Monate sind gratis. Spotify ist noch diese Nacht in den USA nachgezogen und bietet jetzt das Gleiche an. In der Schweiz sind es bislang erst zwei Gratis-Monate.
3. Die Nutzung: Online und offline Modus
Spotify hat eine geniale Benutzeroberfläche. Individualisten können ohne grossen Aufwand eigene Playlists erstellen. Für faule Hörer stellt Spotify eigene Listen zusammen. Ausserdem ist die Kooperation mit Facebook ein Segen. Über den Social-Media-Kanal kann man Freunden mitteilen, was man gerade hört oder Playlists austauschen. Ob das bei Apple Music auch geht, ist noch offen. Und von der Benutzeroberfläche gibts im Moment nur Bilder.
Klar ist aber, dass Apple mit Connect eine direkte Verbindung zwischen Künstler und Fans herstellen will. Ein eigener Facebook-ähnlicher Kanal sozusagen. Theoretisch können die Musiker neue Songs oder Texte mit den Fans teilen. Ob sie das dann auch tun, ist eine andere Frage.
Spotify punktet im Premium-Abo mit dem Offline-Modus. Sämtliche Songs können in wenigen Sekunden auf dem Smartphone oder Tablet gespeichert werden. Apple hat diese Möglichkeit an der Präsentation mit keinem Wort erwähnt. Auf seiner Website steht immerhin: «Du kannst die Musik speichern und unterwegs hören.»
4. Das Gewissen
Wer keine Lust hat, sein halbes Leben auf den Apple-Servern zu speichern, der zögert auch beim musikalischen Fingerabdruck. Apple beherrscht es ganz besonders gut, seine Kunden an sich zu binden. Wer ein iPhone hat und ein Tablet will, muss sich praktisch ein iPad kaufen. Ohne Synchronisation sind die Geräte eben nur halb so spannend. Das gilt bekanntlich auch für das MacBook.
Apple hat sich zu einer gigantischen Datenkrake entwickelt, die früher oder später alle lukrativen Märkten dominieren will. Je mehr Apple dabei über uns weiss, desto mächtiger wird der Konzern. Ähnliches gilt für Google und teilweise auch für Facebook.
Bei Spotify sieht das anders aus. Chef ist nach wie vor der nerdige Gründer Daniel Ek (32). Hauptsitz ist immer noch Stockholm. Doch ohne grosse Geldgeber hätte Spotify nicht wachsen können. Investiert hat auch Goldman Sachs, eine US-Bank, die überall ihre Finger drin hat, wo die Grenzen der Legalität gestreift werden. Goldman Sachs wird unter anderem nachgesagt, mit seinen waghalsigen Krediten an europäische Staaten, die Euro-Krise ausgelöst zu haben.
Für Musikliebhaber mit hohen ethischen Standards ist also auch Spotify nicht unbedenklich. Sie sollten sich ohnehin auf Vinyl-Scheiben und Live-Konzerte beschränken.