Eigentlich gilt seit Anfang Jahr eine neue Verordnung, wonach auch ausländische Online-Shops bei Kleinsendungen mehrwertsteuerpflichtig sind – sofern sie pro Jahr einen Umsatz von 100'000 Franken machen. Vorher galt für je nach berechnetem Satz eine Freigrenze von 65 oder 200 Franken.
Trotzdem bezahlt bislang kein Store aus Asien Mehrwertsteuer, auch nicht Grössen wie Aliexpress und Wish, die für bis zu 90 Prozent der Kleinpäckli in die Schweiz verantwortlich sind. Und das sind bis zu zwei Millionen Pakete ohne Mehrwerststeuer pro Monat! BLICK deckte letzte Woche auf, dass so dem Bund 50 Millionen Franken entgehen.
Darum hat der Nationalrat gestern eine Motion von CVP-Ständerat Beat Vonlanthen (61) überwiesen – ohne Diskussion. Davor hatten sich schon Ständerat, die zuständige Kommission und der Bundesrat dafür ausgesprochen. Der Ball liegt nun beim Bundesrat, er muss «Massnahmen treffen, um ausländische Online-Marktplätze und Dienstleistungs-Plattformen bei Lieferungen oder Dienstleistungen in die Schweiz der Mehrwertsteuer zu unterstellen».
Gibts eine Registrierungspflicht für alle Händler?
Das Problem momentan: Aliexpress, Wish und Co. sind Plattformen mit Zehntausenden Händlern. Und obwohl die China-Shops die Abwicklung der Käufe und teilweise auch die Logistik übernehmen, gelten sie rechtlich nur als Vermittler. Erschwerend kommt dazu, dass die Händler aus Asien systematisch die Warenwerte falsch deklarieren. Im BLICK-Test waren es nur 20 bis 50 Prozent der tatsächlichen Beträge.
Welche Massnahmen der Bund ergreifen soll, wird in der Motion offengelassen. Vonlanthen erwähnt darin Grossbritannien, das eine Registrierungspflicht für alle Händler einführte. Wird diese nicht eingehalten, haften die Plattformen. Auch in Deutschland sollen künftig Online-Plattformen für die Hinterziehung der Mehrwertsteuer haften.
«Eine Pauschalgebühr von fünf Franken ist realistischer»
«Es ist super, dass in dieser Frage im Parlament Einigkeit herrscht», sagt FDP-Nationalrat Marcel Dobler (38), der sich für gleichlange Spiesse für Schweizer Händler und ausländische Anbieter einsetzt. Er glaubt aber, dass es schwierig wird, Rückgriff auf die Plattformen zu nehmen. «Eine Pauschal-Gebühr von fünf Franken für die Verzollung ist realistischer.» Oder aber es brauche eine Vereinbarung mit den grossen Anbietern.
Auch Patrick Kessler (50), Präsident des Verbandes des Schweizerischen Versandhandels (VSV), freut sich über den Konsens im Parlament: «Aber das ist nur ein erster Schritt für eine Gleichbehandlung von inländischen und ausländischen Händlern.» Es sei allen klar, dass man preislich nicht mit China mithalten könne, nur mit Zusatzleistungen und Qualität. «Aber wenigstens die Rahmenbedingungen bei Mehrwertsteuer oder Versandkosten müssen gleich sein.»
Marcel Dobler sieht die Mehrwertsteuer ebenfalls nur als einen Teilbereich. «Beim Bund wird bereits ein Bericht zu anderen Marktverzerrungen im Online-Handel vorbereitet», informiert er. Es geht hier um Posttarife, aber auch um die vorgezogene Recycling-Gebühr, die bislang nur von Schweizer Importeuren und Händlern erhoben wird.