Wenig Inhalte, miese App, Probleme beim Login
Apple verpfuscht den Start des TV-Streaming-Dienstes

Die Vorfreude war gross, doch der Streaming-Dienst Apple TV Plus kann im ersten Test noch nicht überzeugen. Die Netflix-Konkurrenz hat Probleme auf allen Ebenen.
Publiziert: 06.11.2019 um 15:25 Uhr
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Aktualisiert: 06.02.2020 um 16:25 Uhr
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Die Schauspielerinnen Jennifer Aniston (links) und Reese Witherspoon zusammen mit Apple-CEO Tim Cook bei der Premiere von «The Morning Show» .
Foto: Getty Images
Lorenz Keller

Probleme beim Login in Apple TV Plus

Ein halbes Dutzend BLICK-Leser haben sich bereits mit Schwierigkeiten beim Login zum neuen Streaming-Dienst von Apple gemeldet. Denn wer ein neues Apple Device wie etwa ein iPhone 11 gekauft hat, bekommt das Abo im ersten Jahr gratis. Doch immer wieder konnte nur der übliche Gratis-Login für eine Woche gelöst werden.

Manchmal liess sich das Problem lösen, in dem man sich mit dem Apple Login ausloggt und dann wieder verbindet. Manchmal klappte es dann auf einem anderen Gerät wie etwa einem iPad. Andere User wiederum kamen in den Genuss des Gratis-Abos für ein Jahr, obwohl sie gar kein neues Gerät gekauft hatten. Was für die Betroffenen natürlich weniger schlimm ist.

Total unübersichtliche TV-App

Um sich einzuloggen, muss man den TV Plus Dienst erst einmal suchen. Der hat nämlich keine eigene App, sondern ist in der normalen TV-App von Apple versteckt. Dort gibts keinen eigenen Reiter fürs Streaming, sondern alles ist wild gemischt. Klickt man begeistert auf «Captain Marvel» und möchte das schauen, merkt man, dass dies ein Kauf-Film für 20 Franken ist. Das passiert übrigens auch, wenn man tatsächlich im TV-Plus-Bereich ist, auch dort werden einem laufend Videos empfohlen, die zusätzlich kosten.

Irgendwo findet man dann mittendrin doch den Teaser «Entdecke TV+», wo man eine Übersicht erhält, was überhaupt angeboten wird. Aber auch dort herrscht ein Durcheinander. So ist etwa der Film «The Elephant Queen» nur in der Übersicht zu finden und nicht unter «Premieren auf Apple TV+». Alle anderen Inhalte sind an beiden Orten zu finden.

Die Übersicht ist übrigens ist auch auf dem iPad oder der Apple TV Box nicht besser. Kein Vergleich etwa zu Apple Arcade. Der ebenfalls kürzlich gestartete Gamedienst hat einen eigenen Bereich erhalten, daher sieht man genau, was alles inklusive ist, welche Titel es gibt und was gerade neu dazugekommen ist.

Erschreckend wenige Inhalte zum Start

Wer sich eine gut gefüllte Videothek wie bei Netflix gewohnt ist, der erschrickt. Gerade mal vier Serien für Erwachsene, drei Kinderserien und ein Tierfilm bietet Apple zum Start des neuen Service an. Ein Feuerwerk sieht anders aus.

Klar, ist mit sechs Franken pro Monat der Dienst sehr günstig und es werden laufend neue Inhalte dazukommen. Doch von einem grossen Konzern wie Apple hat man zum Start schon etwas mehr erwartet. Und man hat auch das Gefühl, dass Apple richtig knausrig ist und den vielen Usern, die die allen zugängliche Gratis-Woche nutzen, ja nicht zu viel zeigen will.

Drei von vier Vorzeigeserien, mit denen auch gross geworben wird, haben bislang erst jeweils drei Folgen. Im Wochenrhythmus sollen neue Folgen kommen – diese Information muss man bezeichnenderweise selber im Internet zusammensuchen, in der Apple-TV-App findet man sie nicht. Serienfans haben momentan Apple TV Plus in ein paar Tagen «durchgeschaut».

Keine Knaller-Serie und viel Apple-Werbung

Was dem neuen Dienst auch fehlt, ist eine Serie, die man unbedingt gesehen haben muss. Vor allem «The Morning Show» mit dem grossen Staraufgebot wie Jennifer Aniston und Reese Witherspoon. Die in der Fernseh-Welt angesiedelte Serie vermag einen erst ab der zweiten Folge zu fesseln. Aber auch dann: Es ist keine Produktion, über welche die ganze Welt spricht wie etwa die Netflix-Produktionen «Haus des Geldes» oder «Orange is the new black».

Ein weiteres Problem: Das bisherige Angebot ist ganz aufs US-Publikum ausgerichtet. Von der Machart genauso wie inhaltlich. Zum Beispiel solide gemachte Mainstream-Produktionen wie etwa die Mond-Serie «For all mankind».

Wohltuend unkonventionell, recht blutig und derb ist immerhin «See – Reich der Blinden». Allerdings stellt diese Serie auch gleich den Familien-Anspruch von Apple in Frage. Denn die Produktion, die ab 16 Jahren empfohlen wird, ist gleich neben «Snoopy» zu finden. Eine Kindersicherung gibts nicht.

Nervig ist die penetrante Eigenwerbung. Natürlich nutzen die Protagonisten iPhones. Und ausgerechnet in der Kinderserie «Vier Freunde und die Geisterhand» ist das Apple-Telefon omnipräsent und wird aufdringlich oft in die Kamera gehalten. Fehlt nur noch, dass die Bösewichte Android-Geräte nutzen.

Android-User und viele Fernseh-Nutzer werden ausgeschlossen

Während Netflix und andere Streaming-Dienste auf allen möglichen Plattformen nutzbar sind, ist das bei Apple TV Plus nicht so. Klar, es läuft auf allen Apple-Geräten. Aber schon als Android-Nutzer kann man den Dienst nicht unterwegs geniessen.

Und auch auf den meisten Fernsehern sucht man die App vergebens. Einzig neue Samsung-Fernseher aus diesem und letztem Jahr lassen sich damit aufrüsten. Eine detaillierte Liste findet man auf der Webseite von Apple.

Immerhin günstiger Preis und tolle Bildqualität

In einigen Bereichen kann Apple aber durchaus punkten. So ist der Preis wirklich nicht hoch. Das Abo, das man monatlich künden kann, kostet nur 6 Franken und ist damit massiv günstiger als etwa Netflix, das mindestens 11.90 Franken pro Monat kostet. Zudem ist Apple konsumentenfreundlich. Man kann monatlich künden und das Abo im ganzen Haushalt mit der gesamten Familie nutzen. Sechs Leute können gleichzeitig verschiedene Inhalte schauen, bei Netflix sind es auch im teuersten Abo nur vier.

Toll auch die technische Umsetzung des Angebotes. Die Bildqualität ist mit 4K-Auflösung und Dolby-Vision aussergewöhnlich gut. Der Sound überzeugt mit Dolby Atmos rundum, die Serien sind auf Deutsch synchronisiert, wenn man das möchte. Zusätzlich gibts Untertitel in dutzenden Sprachen. Auch dass man alle Inhalte herunterladen und offline schauen kann, ist vorbildlich.

Warum man aber die Serien auch hochkant auf dem Handy schauen kann und dabei oft die Protagonisten gar nicht im Bild hat, bleibt wie so viele andere Entscheidungen rund um den TV-Streaming-Dienst das Geheimnis von Apple.


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