FaceApp erlebt einen gigantischen Hype. Sowohl fürs iPhone wie für Android-Geräte ist es momentan die am häufigsten heruntergeladene Anwendung.
Sie ist zwar schon 2017 erschienen, doch seit Promis wie Rapper Drake, die Band Jonas Brothers, die Schauspieler von «The Fast and the Furious», Star-Koch Gordon Ramsay oder auch SRF-Moderator Nik Hartmann sie nutzen, gehen die Nutzerzahlen durch die Decke. Mehrere Hundert Millionen auf der ganzen Welt haben FaceApp heruntergeladen.
Das faszinierende an der App: Die Software verändert Fotos so clever, dass man die Manipulation kaum erkennt. So sieht man plötzlich 40 Jahre älter aus oder viel jünger. Man kann virtuell Frisuren oder Make-up verändern – oder gar das Geschlecht wechseln und sich ein Lächeln ins Gesicht zaubern.
Datenschützer warnen: Jedes Foto wird hochgeladen
Doch nun schlagen Datenschützer und Experten Alarm. Denn jedes Foto, das man bearbeitet, wird zur russischen Software-Firma hochgeladen, welche die App entwickelt hat. Und zwar, sobald man ein Bild aus seiner Galerie auswählt, egal ob man es danach speichert oder teilt oder wieder löscht. Während iPhone-Nutzer darauf hingewiesen werden, ist das bei Android nicht der Fall.
Was passiert mit den Daten? Werden diese gar missbräuchlich weiterverkauft? Die Antwort darauf ist unklar und kommt auch darauf an, ob man FaceApp-Chef Jaroslaw Gontscharow von Wireless Lab aus Sankt Petersburg glaubt.
Das Problem: Sobald man die Anwendung nutzt, stimmt man automatisch der Datenschutzerklärung und den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu. Nicht vertrauenswürdig ist schon mal, dass man diese nicht in der App findet, sondern nur auf der Webseite des Anbieters sowie ganz versteckt auf den Downloadseiten, sprich im App Store von Apple oder im Play Store von Google.
Fotos und Daten kann FaceApp weitergeben
Das Kleingedruckte hat es in sich. FaceApp sammelt zu den Fotos auch Benutzerdaten und schaltet damit unter anderem benutzerdefinierte Werbung. Die Daten können laut «Privacy Policy» auch weitergegeben werden, etwa allen Firmen innerhalb der Gruppe, auch zukünftigen Partnern oder einem neuen Besitzer.
Zusätzlich kann FaceApp Fotos auch für kommerzielle Zwecke nutzen. Bilder, die man selber löscht, können weiterhin auf den Servern des Anbieters gespeichert werden.
«Forbes»-Journalist Thomas Brewster hatte Kontakt mit dem schwer erreichbaren FaceApp-Chef. Dieser versicherte, dass die Server mit den Bildern nicht in Russland stehen, sondern bei Google und Amazon in den USA, in Irland und in Singapur. Zudem würden keine Daten weiterverkauft und nur die Bilder hochgeladen, die man auch wirklich zur Bearbeitung auswählt.
Die meisten Bilder werden laut dem Gründer innerhalb von 48 Stunden von den Servern wieder gelöscht. Wer auf sichergehen will, soll den Betreibern schreiben, in dem man direkt in der App auf die Einstellungen geht, dann auf Support und dort unter «Fehler melden» eine Nachricht mit dem Vermerk «Privacy».
Trotzdem sind gerade in den USA die Bedenken gross. Der demokratische Senator Chuck Schumer etwa hat die Bundespolizei FBI und die Handelskommission FTC offiziell aufgefordert, die App auf eine Bedrohung der nationalen Sicherheit und der Privatsphäre zu untersuchen.
Ist FaceApp schlimmer als andere Anwendungen?
Die grosse Angst der Kritiker: Dass die gesammelten Daten von Hunderten Millionen von Menschen in falsche Hände geraten. Möglich wäre das, weil man der russischen Firma grundsätzlich weitreichende Rechte einräumt.
FaceApp-User müssen sich dies bewusst sein, wenn sie Bilder damit bearbeiten. Ob man das Programm unter diesen Voraussetzungen noch nutzen will, muss jeder selber wissen.
Es gibt aber auch Stimmen, die FaceApp für unbedenklich halten. Etwa die Spezialisten von Check Point, einem israelischen Unternehmen, das fast alle der wichtigsten hundert Unternehmen weltweit mit Sicherheitssoftware beliefert.
Hier heisst es, dass FaceApp im Gegensatz zu anderen Apps nur auf jene Bereiche des Smartphones zugreift, die es auch für die Bearbeitung der Bilder braucht. Dass insgesamt nicht übermässig viele Daten gesammelt und diese über sichere Kanäle übertragen werden.