Eigentlich lassen die meisten Kantone den Schulen freie Hand bei der Wahl der Apps und Programme, mit denen sie arbeiten wollen. Trotzdem hat vor allem ein Hersteller die Bildungslandschaft erobert – und das ist der US-Konzern Microsoft. Vom Schüler bis zur Uni-Professorin – schätzungsweise jede zweite Person im Bildungswesen nutzt Microsoft Teams.
Warum gibts keine richtig starke heimische Konkurrenz? «Schweizer Lösungen sind sehr wünschenswert, haben es jedoch schwer neben den umfassenden ‹Komfort›-Lösungen grosser Anbieter», schreibt etwa Erwin Sommer, Amtsvorsteher Bildungs- und Kulturdirektion des Kantons Bern, auf Anfrage von BLICK.
Diese Schwierigkeiten kennt auch Escola. Das KMU aus Zürich mit zwölf Angestellten bietet eine Komplettlösung für Schulen an, die in Modulen aufgebaut ist. Escola-Gründer Hannes Bärtschi (43) spricht gar von «Monopolstellung» und «Marktverzerrung».
Das Problem für die Hersteller: Viele Kantone wie etwa der Aargau, St. Gallen oder Luzern zahlen ihren Schulen eine Software für Schülerverwaltung und Wochenplanung. Darüber werden Zeugnisse gedruckt und den Kantonen Bildungsstatistiken geliefert. «Die Schulen wollen dann natürlich nicht eine neue Software aus der eigenen Tasche bezahlen», sagt Bärtschi.
Microsoft ist mit Gratisangeboten der grosse Profiteur
Profiteur dieser Situation ist Microsoft. Denn Schulen, die bereits eine vom Kanton geförderte Verwaltungssoftware haben, brauchen dazu eine Ergänzung fürs E-Schooling mit Dokumentenverarbeitung oder Chats. Genau das bietet Microsoft Teams, das für Schulen erst noch gratis ist und darum natürlich gerne genutzt wird.
In anderen Kantonen wie Zürich oder Bern haben Alternativen bessere Chancen, weil dort die Schulen wirklich alles frei wählen können. «Wir hoffen inständig, dass die Kantone nach der Krise diese Monopolstellung und Marktverzerrung überdenken werden», sagt der Inhaber von Escola.
Schweizer Lösungen hätten es tatsächlich schwerer, heisst es auch bei den Schulen. «Sie sind schlicht und einfach teurer und können teilweise auch nicht mit den Werbemitteln von internationalen Firmen mithalten», sagt Daniel Jud von der Leitung der Schule Werd in Adliswil ZH. Bei ihnen würden aber Datenschutz und hohe Sicherheitsstandards mindestens gleich gewichtet wie die Kosten.
«Das Ressort Bildung hat sich bewusst für andere Lösungen entschieden, um nicht von grossen internationalen Firmen abhängig zu werden», sagt Daniel Jud. Mit Escola mache man seit inzwischen zehn Jahren sehr gute Erfahrungen.
Eine einzige Plattform für die gesamte digitale Schule
Die Primarschule Schwerzenbach ZH hat Escola erst seit Anfang Jahr im Einsatz. «In dieser kurzen, aber intensiven Zeit bin ich ein grosser Fan von Escola geworden», sagt Informatik-Koordinator Philipp Marti. Er schätzt vor allem die zentrale Datenbank und den grossen Funktionsumfang. «Einzelne Dokumente können beispielsweise jetzt ganz gezielt einem Schüler, einer ganzen Klasse oder auch der gesamten Schule freigegeben werden.»
Die Sekundarschule Dielsdorf ZH ist erst im Februar auf Escola umgestiegen und hat damit ein spezielles Programm als Noten- und Zeugnisverwaltung abgelöst. «Uns war wichtig, dass der Schulbetrieb mit einer einzigen Plattform funktioniert», sagt Schulleiter Anton Kleiber. Auch er lobt die Plattform, etwa die schnelle und einfache Kommunikation zwischen Lehrpersonen, Schülern und Eltern mittels E-Mail, SMS, Chat, Videokonferenzen oder eines Pinboards. «Das ist jetzt in der Corona-Krise speziell wertvoll.»
Schon 45'000 Schüler von 120 Schulen arbeiten mit Escola
«Unsere Software wird seit 13 Jahren zusammen mit den Schulen entwickelt», sagt Escola-Gründer Hannes Bärtschi. Da auf die Plattform auch Schülerinnen und Eltern Zugriff haben, konnte das Unternehmen auch in der Corona-Krise schnell reagieren. Schulen, die bisher nur einen Teil der Software genutzt haben, konnten innert Tagen auf Fernunterricht umgestellt werden. «Wir hatten von einem Tag auf den anderen vier Mal mehr Zugriffe. Wir mussten mehr als einmal unsere Serverkapazitäten hochfahren, ausbauen und neue Server hinzukaufen», sagt Bärtschi.
Escola startete als digitaler Schulmanager. Inzwischen arbeiten 120 Schulen mit total 45'000 Schülern mit Escola. «Wir decken heute alle Bereiche des Schweizer Schulalltags digital ab», sagt Hannes Bärtschi. Die Schulen können ein Teil der Module nutzen oder alles zusammen – von der Absenzenverwaltung über Online-Tests bis zum Messenger.
Viel Wert legt das KMU aus Zürich auf «Swissness». Die Software wird in der Schweiz entwickelt, alle Daten liegen auf Schweizer Servern, und auch der neue Videochat wird hierzulande auf Basis von Open Source gehostet.