Was ein Spiel in Familien auslöst
«Wir hatten endlose Streitereien wegen ‹Fortnite›»

«Fortnite» ist vor allem bei den Jungen allgegenwärtig. Das sorgt für Reibereien. Eltern und Jugendliche erzählen, was das Spiel in ihren Familien ausgelöst hat.
Publiziert: 09.08.2019 um 15:22 Uhr
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Aktualisiert: 10.08.2019 um 19:15 Uhr
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Über 250 Millionen registrierte Spieler zocken auf dem digitalen Schlachtfeld von «Fortnite».
Foto: Flickr
Janosch Tröhler

«Fortnite» ist das derzeit beliebteste Spiel. Beim kostenlosen Online-Ableger «Fortnite: Battle Royale» bekämpfen sich die Spieler so lange gegenseitig, bis nur noch der Beste überlebt.

Die Dimensionen um das Game sind beeindruckend: Im März meldete Epic, die Entwickler des Spiels, über 250 Millionen registrierte Spieler. Ende Juli gewann der 16-jährige Kyle Giersdorf die erste «Fortnite»-WM – und sackte ein Preisgeld von drei Millionen Dollar ein.

Gewaltverherrlichend gilt das Spiel laut Experten nicht: «Fortnite» kommt im freundlichen Comic-Look daher, Blut wird keines vergossen. Trotzdem sorgt das Spiel in Familien immer wieder für heftige Diskussionen, denn das Spiel hat einen grossen Suchtfaktor. Viele Kinder zocken es bis tief in die Nacht auf ihren Smartphones. Klar, dass da die Eltern skeptisch werden.

«Ich hatte oft ‹Fortnite›-Verbot»

BLICK hat seine Leserinnen und Leser gefragt, ob und wie «Fortnite» für Diskussionen in der Familie gesorgt hat. Es meldeten sich zahlreiche Eltern, aber auch Jugendliche, die das Spiel selber spielen.

Einer von ihnen ist der 13-jährige Rafael. Er hat Probleme, seinen Eltern das Spiel zu erklären. «Meine Eltern sagen, dass ich das Spiel abstellen soll. Doch man kann nicht einfach mitten aus dem Match raus. Das verstehen sie nicht», erzählt er. Eine Runde kann bis zu dreissig Minuten dauern.

Daniel, ebenfalls 13 Jahre alt, gibt zu, dass er oft Streit mit seinen Eltern hat. «Ich hatte oft ‹Fortnite›-Verbot, weil ich immer spielen wollte.»

Zoff gabs auch bei Fabio (13) zuhause. Er hat über 100 Franken für «V-Bucks» ausgegeben. Mit dieser Spielwährung lassen sich in «Fortnite» kosmetische Anpassungen für den eigenen Charakter oder Waffen kaufen. «Das ausgegebene Geld hatte eine lange Diskussion zur Folge», erzählt er BLICK.

Benedikt (14) zockt jeden Abend. Er denkt über die «Fortnite»-Sucht nach: «Bis tief in die Nacht zu spielen ist übertrieben. Es passiert immer das Gleiche, irgendwann hat man keine Lust mehr.» Gleichzeitig ist er kritisch gegenüber der Berichterstattung: «Das Spiel wird immer schlecht dargestellt und als ‹Killerspiel› bezeichnet, dabei sieht man gar kein Blut.» Benedikt findet, man sollte den Kindern ihren Freiraum lassen. Aber wenn die Schulnoten absacken, würde er auch ein Verbot aussprechen.

Trailer zu «Fortnite»
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Gut beschützt ist halb gewonnen:Trailer zu «Fortnite»

«Eigentlich diskutieren wir täglich wegen ‹Fortnite›»

Doch was denken die Eltern über «Fortnite»? Anja (40) sieht das Ganze pragmatisch: «Heute kommen die Kinder einfach viel früher in Kontakt mit Games.» Es sei weniger wichtig, welches Spiel gespielt wird, sondern wie oft, ist sie überzeugt. Ihre Kinder dürften «Fortnite» spielen, «einfach schon, um nicht ausgegrenzt zu werden», schreibt sie.

Semra (46) hat zwei Söhne (8 und 11), die beide zocken dürfen. «Ich habe den Jüngeren lange versucht, davon abzuhalten, aber es ging nicht mehr. Immer Diskussionen, weil alle anderen Kinder auch spielen.» Sie setzt aber klare Regeln: «In der Schulzeit dürfen sie nur an den Wochenenden jeweils eine Stunde spielen.» Wenn die Familie etwas unternimmt, gibts ebenfalls kein Gamen. In den Ferien ist Semra kulanter. Und trotzdem sorgt «Fortnite» immer wieder für Stress: «Eigentlich diskutieren wir täglich. Ich glaube nicht, dass meine Kinder süchtig sind, aber sie wollen immer mehr spielen. Wenn sie nicht zocken, schauen sie auf Youtube ‹Fortnite›-Videos. Auch das muss ich begrenzen. Als Eltern ist das ziemlich nervig.»

Den Einfluss des Spiels bekam auch Monalisa (34) zu spüren. «Vorher hatten wir nie Probleme mit dem Zocken unseres Sohns. Erst mit ‹Fortnite› kamen die Diskussionen.» Der Sohn wollte unbedingt alles im Spiel erreichen. Das wäre für sie als Eltern zwar in Ordnung gewesen, schreibt sie. Aber: «Er war pausenlos und mitten in der Nacht dran.»

Der Druck, den das Spiel ausübte, sowie  der Schlafmangel mündeten dann in Aggression. «Nach vielen endlosen Streitereien kam er selbst drauf, was das Spiel mit ihm macht», sagt Monalisa. Der Sohn vergass das Handball-Training. Seine Trainerin war sehr enttäuscht, dass er die Mannschaft im Stich gelassen hatte. Dieses Erlebnis habe sein Verhalten verändert.

Monalisa sieht trotzdem nicht nur Negatives: «Seit ‹Fortnite› sind für Jugendliche Themen wie Kameradschaft und Teamgeist sehr wichtig geworden. Ich glaube, das Spiel leistet hier gute Arbeit für die Kinder.»

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