Ich komme aus der grafischen Branche und habe 1975 meine Lehre zum Schriftsetzer beendet. Nach einer missglückten Augenoperation musste ich im Jahr 2005 meine Stelle aufgeben. Es kam für mich aber nie in Frage, IV zu beziehen. Freiheit und Unabhängigkeit waren für mich schon immer unglaublich wichtig. Also fragte ich mich, was ich sonst machen könnte. Zuerst war ich rund zwei Jahre als Strassenmusiker unterwegs, habe Gitarre gespielt und Lieder gesungen, die ich selber geschrieben hatte. Strassenmusikant zu sein, ist aber ein hartes Brot und so habe ich nach Alternativen gesucht.
Mittlerweile stehe ich schon seit fast 15 Jahren in der Bahnhofunterführung im sanktgallischen Rapperswil und verkaufe dort das Strassenmagazin «Surprise». Man kennt mich auch als «de ‹Surprise›-Verchäufer vo Rapperswil». In all den Jahren hätte ich meinen Standort schon oft wechseln können, aber ich habe mir hier etwas aufgebaut und das gebe ich nicht so leicht her. Am 15. September dieses Jahres habe ich hier tatsächlich mein 90'000. Heft verkauft. Eine stolze Zahl.
Gerade im Sommer gibt es in Rapperswil viele Ausflügler. Ich gebe zu: Ich arbeite lieber, wenn es warm ist. Aber in der Vorweihnachtszeit ist das Geschäft besser. Viele, die sonst das ganze Jahr hindurch keines kaufen, kaufen zu dieser Zeit ein Heft.
Was dieser Job für mich ausmacht, sind die vielen tollen Begegnungen und Gespräche. Mir laufen die unterschiedlichsten Menschen über den Weg. Durch diesen Job habe ich gemerkt: Es gibt viel mehr liebe und gute Menschen, als man gemeinhin denkt.
Meine Erlebnisse während meiner Arbeit als «Surprise»-Verkäufer halte ich schriftlich in Kurzgeschichten fest. Von diesen habe ich Büchlein in drei Bänden mit dem Titel «Erlebnisse, Erfahrungen, Gedanken rund um den Strassenverkauf von Surprise» drucken lassen.
In unserer Serie «Wir sind Blick» stellen wir dir jeden Samstag eine spannende Persönlichkeit aus der Blick-Community vor. Wir sind überzeugt, dass jede Leserin und jeder Leser eine interessante Geschichte zu erzählen hat.
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