In der Schweiz leben schätzungsweise 40'000 Transpersonen. Elias D. (33) ist trans Mann und beantwortet Fragen aus der Blick-Community.
Wie einfach oder wie kompliziert war der Umgang mit den Behörden?
Da ich Schweizer bin, habe ich mit dem Ändern des Geschlechtseintrages bis zum 1. Januar 2022 gewartet. Auf diesen Termin hin wurde das Gesetz zur Personenstandsänderung gelockert. Daher hatte ich es sehr einfach, meinen Geschlechtseintrag zu ändern.
Ich lebe in Liechtenstein. Die Änderung dort anzugeben, war etwas komplizierter. In Liechtenstein ist gesetzlich vieles noch nicht festgelegt für Transmenschen. Ich war zum Zeitpunkt meiner Änderung mit meinem Mann verheiratet. Daher kam die Frage auf, was mit meiner Ehe passiert. Denn nun sind wir zwei Männer in einer Ehe. Die «Ehe für alle» gibt es in Liechtenstein noch nicht. Es brauchte viel Nerven und den Willen, mich zu wehren, um mich schliesslich durchzusetzen.
Musst du jetzt ins Militär oder Militärpflicht-Ersatz zahlen?
Diese Frage habe ich mir tatsächlich auch gestellt. Da ich aber bereits über 32 Jahre alt bin, muss ich weder ins Militär, noch muss ich Militärpflicht-Ersatz bezahlen.
Hast du Angst, dass deine Tochter später aufgrund der Familiensituation gemobbt wird?
Ich mache mir nicht mehr Sorgen als andere Eltern. Mobbing hat viele Gesichter. Ich denke nicht, dass meine Tochter aufgrund meiner Transidentität gemobbt wird. Wir sprechen dieses Thema bereits vor Schuleintritt an. Das heisst aber nicht, dass sie vor generellem Mobbing geschützt ist. Was wir als Eltern tun können, ist die Schule vorab aufzuklären. Zudem ist es uns wichtig, unserer Tochter das Gefühl zu geben, dass sie mit uns jederzeit über alles sprechen kann. Wir versuchen, sie selbstbewusst und selbstbestimmend aufwachsen zu lassen. In der Hoffnung, dass sie sich später gut wehren kann, wenn es nötig sein sollte.
Wie hat dein Umfeld auf deine Transition reagiert? Blieb dein Freundeskreis stabil?
Die Reaktionen auf meine Transition, also den Weg von einem ins andere Geschlecht inklusive Hormontherapie, waren sehr unterschiedlich. Mein Freundeskreis nahm meine Entscheidung und meinen Weg sehr gut an. Ich habe keinen meiner Freunde verloren. Die Mehrheit gehört aber selbst zur queeren Community.
Wie haben deine Eltern reagiert?
In der Familie gab es anfangs Schwierigkeiten. Dies liegt aber einfach daran, dass sie sich erst mit der Situation auseinandersetzen mussten. Sie waren nicht mit dem Thema vertraut. Jeder Mensch braucht unterschiedlich lang, um eine so grosse Veränderung anzunehmen. Heute werde ich vom grössten Teil meines familiären Umfelds akzeptiert. Nur von ganz wenigen Menschen in meinen Bekanntenkreis habe ich eine Ablehnung erfahren, die dazu führte, dass ich heute mit ihnen keinen Kontakt mehr habe.
Hattest du Respekt vor dem Gedanken, dass die Geschlechtsangleichung in verschiedenen Bereichen unumkehrbar ist?
Natürlich habe ich mir Gedanken gemacht. Und ja, ich habe grossen Respekt vor diesen Operationen. Meine Mastektomie, die Entfernung meiner Brüste, fand während der Corona-Pandemie statt. Die Operation wurde drei Tage vor Spitaleintritt verschoben. Mein psychischer Zustand verschlechterte sich und ich erkannte, wie sehr ich diese Operation wirklich brauchte. Was die Gebärmutterentfernung anbelangt, habe ich mir sehr viele Gedanken gemacht. Nach einer Gebärmutterentfernung bin ich unfruchtbar und kann das auch nicht mehr rückgängig machen. Ich habe aber das grosse Glück, eine wunderbare Tochter zu haben. Unser Kinderwunsch ist erfüllt.
Vor der Anmeldung zu dieser Operation habe ich eine Entscheidung getroffen: Meine Dysphorie gegenüber Menstruationsbeschwerden war gross. Dysphorie beschreibt das Gefühl des Unwohlseins, das jemand empfinden kann, wenn man sich nicht im Einklang mit der Geschlechtsidentität fühlt. Zudem hatte ich beinahe täglich starke physische Schmerzen. Irgendwann war der Leidensdruck so gross, dass ich diese Operation nicht länger hinausschieben konnte. Heute blicke ich auf meine Operationen zurück und bin dankbar und zufrieden, dass ich sie gemacht habe.