Experte Matthias Felix über Budgetplanung und Schulden
«Das Wichtigste ist es, sich früh genug Hilfe zu holen»

Wie umgeht man das Januarloch? Was tun, um an Weihnachten trotz knappen Budgets niemanden zu enttäuschen? Und wie entgeht man der Schuldenfalle? Darüber haben wir mit Schulden-Experten Matthias Felix geredet. Hier könnt ihr seine Tipps lesen.
Publiziert: 12.12.2022 um 16:14 Uhr
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Matthias Felix ist Leiter Prävention und Berater bei der Schuldenberatung des Kantons Zürich.
Foto: zVg
Belina Rohner

Blick: Stimmt es, dass sich Menschen um die Weihnachtszeit eher verschulden?
Matthias Felix: Direkt bei unseren Klientinnen und Klienten merken wir das nicht. Eine prekäre Schuldensituation baut sich meistens über einen längeren Zeitraum auf. So sind unsere Klientinnen und Klienten oft schon jahrelang verschuldet, wenn sie uns zum ersten Mal konsultieren. Ich kann mir aber dennoch gut vorstellen, dass mehr Potenzial zur Verschuldung vorhanden ist, weil im Dezember der Lohn früher ausbezahlt wird und man gegen Ende Jahr überdurchschnittlich viel konsumiert.

Wie entsteht das Januarloch und wie kann man es verhindern?
Durch übermässigen Konsum in den Monaten davor. Dazu gehört auch die Weihnachtszeit. Für Geschenke, Anlässe, edles Essen und alles Drum und Dran gibt man mehr Geld aus als in den übrigen Monaten. Im Januar darauf folgt die Ernüchterung: Viele Jahresrechnungen warten und es ist weniger Geld vorhanden.

Wie kann man das Januarloch umgehen?
Indem man ein Budget erstellt. So weiss man immer, wie viel Geld einem zur Verfügung steht. Auch ein Tipp von mir: Jeden Monat ein bisschen Geld für Geschenke zur Seite legen. So wird es weniger knapp.

Ein Blick-Leser hat uns geschrieben: «Ich höre immer vom Sparen. Aber wo meinen Sie, lohnt es sich, nicht zu sparen?»
Ich empfinde es als wichtig, dass man sich auch einmal etwas gönnt. Nicht nur sparen, sondern auch leben. Hat man also gemäss dem Budget etwas Geld übrig, so kann man sich einen Konzertbesuch erlauben oder sonst etwas machen, das einen glücklich macht. Entscheidend ist einfach, dass man sich seines Budgets gewiss ist. Ausserdem sind eine Hausratsversicherung und Privathaftpflichtversicherung empfehlenswert.

Wie beginnt man am besten, sich eine Übersicht über die eigenen finanziellen Mittel zu verschaffen?
Da empfehle ich die Internetseite www.budgetberatung.ch. Dort gibt es viele Vorlagen und Orientierungswerte, wie man das monatliche Budget aufteilen kann. Zusätzlich zur Website gibt es auch eine App namens BudgetCH, auf der man die Planung umsetzen kann. Dabei kann der Nutzer für einen Monat jeden Tag Ausgaben eintragen, und Ende Monat sieht man, ob das geplante Budget umsetzbar ist.

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Wo kann man in der Weihnachtszeit am besten sparen?
Ganz klassisch: Bei den Geschenken. Ich empfehle, weniger Materialgüter und mehr Zeit zu verschenken. Also zum Beispiel den besten Freund auf eine Wanderung einladen und dafür das Essen mitnehmen. Diese Art von Geschenk verleidet nicht, ist persönlicher und zudem günstig. Und auch Selbstgemachtes hat einen höheren persönlichen Wert. Wenn es wirklich ein Konsumgut sein muss, empfehle ich, die Preise vor dem Kauf gut zu vergleichen.

Eine Blick-Leserin hat uns folgende Nachricht zukommen lassen: «Ich habe das Gefühl, ich muss immer teure Geschenke machen, die ich mir eigentlich gar nicht leisten kann, aber ich will niemanden enttäuschen. Wie kann ich diesem Druck entfliehen?»
Wichtig ist, miteinander zu reden. So sollte man mit dem Partner oder der Partnerin Erwartungen besprechen. Dabei kann man entweder ein Limit setzen, was den Preis des Geschenkes betrifft, oder entscheiden, die Geschenke dieses Jahr komplett auszulassen. Es kann auch helfen, in der Familie ein Weihnachtswichteln vorzuschlagen, also dass jeder nur einer anderen Person ein Geschenk besorgt. So bekommen trotzdem alle etwas.

Wie handhaben Sie das?
Wir schenken uns zu Weihnachten nichts. Das nimmt den Fokus weg von materiellen Erwartungen und fördert das Zusammensein. So funktioniert es seit Jahren gut.

Angenommen, ich befolge Ihre Tipps nicht, und auf einmal merke ich, dass ich haushoch verschuldet bin. Was würden Sie mir raten?
Das Wichtigste ist, sich früh genug Hilfe zu holen. So schnell wie möglich mit den Gläubigern Kontakt aufnehmen und versuchen, Raten auszumachen, in denen das Geld zurückgezahlt wird. Auf gar keinen Fall zu viel Zeit verstreichen lassen und auf Mahnungen warten. Dadurch wird die Situation nur schlimmer. Sollte es aber schon zu spät sein für diesen Schritt oder fühlt man sich unsicher, empfiehlt es sich, eine Schuldenberatung aufzusuchen. Ich kann also nur unterstreichen: Kommen Sie lieber früher als später vorbei. Unsere Klientinnen und Klienten sind im Durchschnitt bereits seit sechs Jahren verschuldet. Das führt zu viel Stress.


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