«Als langjähriger BMW-Fahrer gehen mir die Vorfälle ‹am Heck vorbei›, schreibt Leser Thomas Meyer. Worauf Meyer anspielt, ist kein Geheimnis. In den letzten Wochen und Monaten häuften sich die Meldungen von Unfällen mit PS-Monster aus dem Hause BMW. Erst vor wenigen Tagen verlor ein Junglenker in Dietikon ZH die Kontrolle über sein 600-PS Fahrzeug, gelangte auf die Gegenfahrbahn und verursachte einen Crash. Dabei wurden zwei Personen lebensbedrohlich verletzt. In Rupperswil AG führte ein Selbstunfall in einem ähnlichen Auto zu Sachschäden von 100'000 Franken.
Es ist nicht das erste Mal, dass es mit solchen Boliden zu schweren Unfällen kommt. Mitte Juli bretterte ein Junglenker in einem BMW M2 in eine Bushaltestelle, dabei kamen drei Personen zu Schaden. Ende September verlor in Rheinfelden AG ein weiterer Junglenker die Kontrolle über sein Fahrzeug und kam von der Strasse ab.
Doch es sind nicht nur die Junglenker, die in PS-starken Boliden der deutschen Automarke schwere Unfälle verursachen. In Unterkulm AG hat ein 62-Jähriger einen Zug übersehen; der Sachschaden beläuft sich auf 25'000 Franken.
«Langsam aber sicher schäme ich mich als BMW-Fahrer»
Die Leserinnen und Leser sind empört. «Für Junglenker sind 600 PS definitiv zu viel. Hier spielen unerfahrene Personen mit einer geladenen Waffe auf öffentlichen Strassen», meint Reto Sutter, seit sieben Jahren BMW-Fahrer. Auch Martin Aeberhard findet, man solle jungen Leuten kein Auto mit so vielen PS geben: «Aber bei denen ist ja schon die zweite Frage, wie viel PS das Auto hat.» Er schlägt vor, dass in den ersten zwei Jahren das Auto bei 120 km/h abriegelt. Die Rufe nach neuen Gesetzen für PS-Boliden werden also lauter – und bekommen Unterstützung.
Auch Vorurteile und Klischees gegenüber BMW haben Hochkonjunktur. Doch was denken die BMW-Fahrer unter den BLICK-Lesern überhaupt? Wir haben sie gefragt.
Elias Zehnder macht einen gewagten Vergleich: «Rassismus und Markenhass haben gewisse Parallelen.» Wer sich daneben verhalte, tue dies unabhängig von der Automarke. Zehnder sieht das Problem ganz klar bei den Fahrern. Auch Thomas Meyer sieht das so: «Den Machos muss das Werkzeug entzogen und nicht das Werkzeug verboten werden.»
Ganz und gar unzufrieden ist Beat Affeltranger. Er fährt seit 1976 immer wieder einen BMW. «Langsam aber sicher schäme ich mich als BMW-Fahrer, wenn ich bald täglich von solchen Typen lese. Auch mit BMW kann man anständig fahren!», meint er.
«Ich schere mich nicht um die Vorurteile»
Vermiesen lassen wollen sich die BMW-Fahrer auf Blick.ch ihre Marke aber nicht. Adrian Schönmann meint kühl: «Ich schere mich als BMW-Fahrer nicht um die ganzen Vorurteile. Ich fahre mein Auto ja, weil ich Freude dran hab, nicht um andere zu beeindrucken.» So sieht es auch Michael Bolliger, der einen 1er-BMW mit 143 PS fährt. «Vorurteile gibt es immer, die sind mir aber Wurst. Ich bin von der Marke wegen der Qualität und dem Fahrspass überzeugt.»
Die Vorurteile seien immer die gleichen: Heckschleudern, geleast, nur für Männer aus dem Balkan, Kompensation für ein zu kleines Geschlechtsorgan. So berichtet es zumindest Leser Boris. Doch es habe ja auch einen Grund, weshalb auch die Polizei auf die Marke setze. «Es sind zuverlässige, qualitativ hochwertige und optisch schöne Autos.»
Auch Thomas Wirz, der einen BMW E46 mit 231 PS und Heckantrieb fährt, kennt die Vorurteile. «Ich musste mir nach dem Kauf öfters blöde Sprüche anhören», berichtet er. Nach mittlerweile vier Jahren habe sich das aber gelegt. Dennoch: «Es ist schade, dass die Vorurteile auf die Fahrzeuge und nicht die Fahrer abgeschoben werden.»
Ähnliches lässt Vinko Cerdic verlauten. Er liebt die Marke BMW über alles, aber bedauert, dass durch Fehler und Übermut anderer alle in einen Topf geschmissen werden. «Die Sicherheitssysteme ausschalten kann jeder, aber das Fahrzeug unter Kontrolle halten die wenigsten. Auch ich könnte es nicht und ich fahre über 100'000 Kilometer im Jahr», gibt er zu.
Unfälle verstärken Vorurteile
Doch es meldeten sich nicht nur langjährige BMW-Besitzer auf den Aufruf. Auch jüngere Fahrerinnen und Fahrer haben kein Verständnis für ihre gleichaltrigen Rowdies.
Die 23-jährige Leserin Helin Figenergül fährt seit knapp zwei Jahren einen BMW 325d. Sie versteht die Vorurteile teilweise: «Bei manchen ist es cool, wenn man driften kann oder kriminell fährt.» Die Unfallmeldungen verstärkten aber auch die Vorurteile gegenüber den BMW-Fahrern, schreibt sie.
Luca Heinrich (23) fährt einen BMW M4. Er weiss: «Solche Meldungen kommen leider nicht von ungefähr. BMW sind bei jungen Leuten vor allem vom Design und Image her beliebt.» Auch ist er sich bewusst, dass der Heckantrieb – mit vielen Pferdestärken kombiniert – viel Fahrerfahrung bedarf. Besonders ohne Assistenzsysteme. «Ich habe selbst schon mal diese Assistenzen auf einem privaten Platz deaktiviert und musste dann feststellen, dass ich doch nicht so gut bin, wie ich zuerst dachte.»
Auch Sandro Mauchle (21) regt sich über die Unfallfahrer auf. Er fährt einen M240i mit 340 PS. «Ich hatte bisher keinen Unfall. Warum? Weil man mit Verstand fahren muss. Ich weiss, dass ich ohne die elektronischen Assistenten, die Kontrolle verliere oder das Heck ausbricht.»
Aitor Montero Rodriguez kann die Unfallmeldungen nur mit Kopfschütteln bis zum Schluss lesen. «Ich weiss, dass unter der Haube viel Power steckt. Das sollte man nicht unterschätzen», schreibt er uns. «Leider denken viele meiner Altersgenossen nicht weiter und glauben, sie können mit dieser Power protzen. Ich finde es schade, dass das Image der BMW-Fahrer darunter leidet.» Die Automarke würde er deswegen trotzdem niemals wechseln.
Übung macht den Meister
Für Leser Patrick ist indes klar: «Egal welches Alter der Fahrer hat: Ab 400 PS sollten zwingend mehrere Stunden Handling-Training unter professioneller Aufsicht auf einem Testgelände vorgeschrieben sein.» Er fährt selbst einen BMW mit 700 PS und gibt zu, dass er ohne Rennstrecken-Erfahrung damit überfordert wäre.
Markus Flury macht genau das. Er besucht mindestens einmal im Jahr einen Schleuder- oder Fahrtrainingskurs. «Ich fahre ausschliesslich M-Modelle. Die Übung machts», schreibt er. Flury ist BMW seit 30 Jahren treu: «Was mich am meisten erschreckt ist, dass sich viele pubertierende Junglenker mit dieser Marke brüsten. Das wirft ein schlechtes Licht auf die Marke.»
Überhaupt zeigen die BMW-Fahrer in der BLICK-Community wenig Verständnis für das Ausschalten der Assistenzsysteme. «Ich fahre im Jahr rund 30'000 Kilometer und es würde mir nie in den Sinn kommen, die Fahrhilfen auszuschalten. Wer das macht, handelt in meinen Augen vorsätzlich und nimmt Unfälle in Kauf», meint Rolf Kulli.
«Ich erwarte von den Versicherungen und der Justiz Konsequenzen», sagt Leo Erne. «Wer Fahrhilfen ausschaltet, sollte die entsprechenden Kurse besucht haben und es auch nicht auf öffentlichen Strassen tun.»
Und Igor Tomic kratzt sich wohl am Kopf: «Ich frage mich jedes Mal, wie die es schaffen, die Beherrschung zu verlieren. Einzige Erklärung: Sie provozieren es mutwillig; alle Assistenzsysteme aus und Fuss aufs Gas.» Mangelnde Erfahrung, vorsätzliches Handeln und Unterschätzung schaden dem Image der Marke, ist auch er überzeugt. Das sei nicht gerechtfertigt: «Dass es anders geht, beweisen alle BMW-Fahrer die keine Unfälle bauen.»
Benard Balaj (29) plädiert an die Junglenker: «Lasst es langsam angehen und geniesst eure BMW so.»