Der Multicheck wird in vielen Lehrbetrieben zwingend für eine Bewerbung gefordert. Dabei ist die Aussagekraft des Eignungstest umstritten: Wissenschaftlich wurde er kaum untersucht. Ausserdem müssen Bewerber den Test selbst bezahlen, und das private Unternehmen Gateway verdient damit jährlich Millionen.
BLICK hinterfragt den Multicheck kritisch und trifft damit einen Nerv: Über 200 Kommentare gingen zum Thema ein. Wie sich herausstellt ist auch ein Grossteil unserer Community skeptisch. 82 Prozent unserer Leserinnen und Leser finden in der Umfrage, Arbeitgeber sollten sich lieber auf die offiziellen Schulzeugnisse verlassen.
«Es ist bequem, sich auf einen Test zu verlassen»
«Mir tun alle Schulabgänger leid, die diesen Test ablegen müssen», schreibt BLICK-Leser Stephan Meier. Der Multicheck sei zu teuer und wissenschaftlich nicht fundiert. Tatsächlich wurde er bislang erst zweimal in Arbeiten unter die Lupe genommen. Eine Lizenziatsarbeit zweifelte die Aussagekraft des Checks stark an. Eine Masterarbeit kam zu einem positiveren Ergebnis, hielt aber trotzdem fest, dass der Test «nur bedingt auf einer wissenschaftlich fundierten Grundlage beruht». Stephan Meier schlägt deshalb den Stellwerktest als Alternative vor: «Der kostet nur ein paar Franken und steht auch statistisch auf einem besseren Fundament.»
Leserin Patrice Saplesa findet, eigentlich seien vor allem HR-Mitarbeiter, also Personalverantwortliche, die Lehrstellen vergeben, in der Pflicht. «Sicher ist es bequemer, sich auf den Multicheck zu verlassen, aber das kann es nicht sein», schreibt er. «Mit solchen Tests können sich die HR-Verantwortlichen aus der Pflicht stehlen», glaubt auch Michael Frey. Er ist selbst als Personalchef bei einem KMU tätig und setzt lieber auf eine Schnupperwoche statt Eignungstests – «man sollte sich wieder mehr auf den Menschen konzentrieren», schlägt Frey vor.
«Es geht nur um den Gewinn»
Noch härtere Worte findet Franz Weber: «Diese Tests sind völliger Blödsinn, um herauszufinden, ob jemand für eine Lehre geeignet ist oder nicht.» Und Doris Müller würde sich sogar weigern, für eine Stelle den Multicheck abzulegen. «Bei einer Firma, die solche Tests vorschreibt, würde ich mich gar nie bewerben», schreibt sie. «Das sind doch sowieso nur ‹Roboterbetriebe›, und man ist dort nur eine Nummer.»
Häufig kritisiert wird auch, dass die Firma Gateway mit dem Multicheck jährlich zirka drei Millionen Franken verdient. «Es geht hier einzig und allein darum, Gewinn zu generieren», glaubt Peter Bänziger, «und viele Firmen machen da noch mit – schade eigentlich.» Jacqueline Howald findet, wenn der Eignungstest so wichtig wäre, müsste er Teil des neunten Schuljahrs sein – «aber sicher nicht privat organisiert». In ihren Augen handelt es sich um reine «Geschäftemacherei».
«Der Test ist ein Puzzlestein»
In den Kommentaren melden sich aber auch Personalverantwortliche, die den Multicheck nicht komplett ausblenden wollen. Leser Piter Paulsen ist zwar grundsätzlich einverstanden, dass HR-Verantwortliche, die sich ausschliesslich an diesen Resultaten orientieren, einen «schlechten Job» machen, aber: «Der Test ist ein Puzzlestein im ganzen Prozess.» Letzten Endes zähle der Gesamteindruck.
Auch für Christian Meng gehört der Test zu einer Bewerbung, weil er «eben doch Stärken und Schwächen eines Bewerbers oder einer Bewerberin offenbart». Als einziges Beurteilungskriterium genüge er aber nicht.
«Nicht die Ursache, sondern die Folge des Problems»
Einige unserer Leser verteidigen den Multicheck. Amanda Brugger findet, die Resultate des Multichecks seien ein guter Vergleichswert. «Schulnoten sind oft sehr abhängig vom Lehrer und somit wenig aussagekräftig», findet sie. «Der eine macht schwierigere Prüfungen als der andere – so kann ein Schüler mit guter Note an einer Schule schlechter sein, als einer mit tieferen Noten an einer anderen.»
Ähnlich argumentiert Ulrich Thomet. Es gäbe einen Grund, warum der Multicheck überhaupt von Arbeitgebern verlangt wird: Die Lehrbetriebe würden den Schulzeugnissen nicht mehr trauen. «Der Multicheck ist nicht die Ursache eines Problems, sondern die Folge», schreibt Thomet. Entscheidend sind in seinen Augen aber immer noch eine Schnupperlehre und die persönliche Begegnung.