SP-Nationalrat Roger Nordmann
«Solarstrom ist ein patriotischer Akt»

Zum ersten Mal hat ein Schweizer Kernkraftwerk den Betrieb endgültig eingestellt. Doch was kommt nach der Kernenergie? Und schaffen wir es, bis 2050 klimaneutral zu werden? Roger Nordmann, SP-Nationalrat und Präsident von Swissolar, hat einen Plan.
Publiziert: 24.02.2020 um 00:24 Uhr
SP-Fraktionschef Roger Nordmann (46) ist Experte für Energie- und Klimafragen. Wir trafen den Lausanner, der auch Präsident des Schweizerischen Fachverbands für Sonnenenergie Swissolar ist, im Bundeshaus zum Gespräch.
Foto: Kurt Reichenbach
In Kooperation mit BKW

Interview: Cilgia Grass

Roger Nordmann, am 20. Dezember ging mit Mühleberg zum ersten Mal ein Schweizer Kernkraftwerk für immer vom Netz. Wie decken wir die nun fehlenden fünf Prozent Strom?

Photovoltaik produziert schon vier Prozent des Schweizer Stroms. Mit den übrigen neuen erneuerbaren Energien wie Biomasse, Wind und Kleinwasserkraft ist man schon bei acht Prozent. Die grosse Hürde kommt, wenn man später die beiden grossen Kernkraftwerke Gösgen und Leibstadt vom Netz nimmt.

Sie wollen das Problem mit Solarenergie lösen. Dafür ­brauchen wir aber massiv mehr Solaranlagen.

Wir haben schon jetzt 20-mal mehr Solarstrom als vor zehn Jahren. Und wir brauchen nochmals 20-mal mehr als heute, wenn wir die Kernkraftwerke ersetzen und genügend sauberen Strom für die Elektro­autos und die neuen Wärmepumpen haben wollen. Nur so kann man das Klima auch wirklich ­schützen und den Ölverbrauch Richtung null senken!

Wer sich mit Roger Nordmann unterhält, merkt schnell: Die Sonnenenergie liegt ihm wirklich am Herzen.
Foto: Kurt Reichenbach

Was hat die Photovoltaik den anderen erneuerbaren Energien voraus?

Sie löst generell nur ­wenig Widerstände aus, und ihr Potenzial liegt noch weitgehend brach. Würde man alle geeigneten Fassaden und Dächer mit Panels ausrüsten, könnte man 67 Terawattstunden Strom erzeugen. Denkbar sind auch Solaranlagen auf Lärmschutzwänden, Parkplatzdächern oder schwimmend auf Stauseen. Mittlerweile ist die Photovoltaik die günstigste Technologie, um eine neue Kilowattstunde Strom zu gewinnen.

Viele Hausbesitzer ­halten Solaranlagen ­immer noch für zu teuer.

Teuer sind auch eine Reise mit der Familie nach Thailand oder der Kauf masslos übertriebener SUVs. Jeder kann sich aber fragen: Will ich nicht lieber günstigere Ferien machen, ein vernünftigeres Auto kaufen und dafür eine Solaranlage für 10 000 bis 15 000 Franken installieren? In eine Solaranlage zu investieren, ist ein patriotischer Akt, denn sie nützt allen.

Worauf muss man als Haus­besitzer bei der Installation ­einer Anlage achten?

Man sollte mit einer zertifizierten Firma arbeiten. Informationen gibt es unter www.solarprofis.ch. Und die Anlage sollte das ganze Dach bedecken. Ob man auf 30 oder 60 Quadratmetern Solarpanels installiert, macht kostenmässig nicht viel aus. Aber die Produktionsüberschüsse können ins Netz eingespeist und dann anderswo genutzt werden. Angesichts des Strombedarfs macht das Sinn.

BKW bietet massgeschneiderte Solarlösungen an. Das Unternehmen hat neu eine Partnerschaft mit Swissolar. Was für Vorteile bringt diese Zusammenarbeit mit sich?

Man lernt voneinander. BKW bringt mit der Partnerschaft zudem zum Ausdruck, dass sie ihr Engagement für die Solarenergie ausweitet. Für uns von Swissolar ist es wichtig zu zeigen, dass auch grosse Firmen in die Solarenergie investieren und diesen Weg beschreiten.

Nachhaltige Solar-Lösungen

Die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen steigt und damit auch das Bedürfnis zur optimalen Nutzung des Stroms sowie die Betreuung im Betrieb. Die BKW bietet Installateuren und Energieversorgern modulare Gesamtlösungen für ihre ­Kunden, die über die Montage der Solaranlage hinausgehen.

Die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen steigt und damit auch das Bedürfnis zur optimalen Nutzung des Stroms sowie die Betreuung im Betrieb. Die BKW bietet Installateuren und Energieversorgern modulare Gesamtlösungen für ihre ­Kunden, die über die Montage der Solaranlage hinausgehen.

Wie sieht es bei Ihnen privat aus? Läuft zu Hause alles mit Solarstrom?

Nein. Wir wohnen in einem über 100-jährigen Mehrfamilienhaus mit einem Dach voller Ecken und Kanten. Es ist leider unmöglich, eine Solaranlage zu installieren. Zudem ist das Haus denkmalgeschützt. Wir haben aber am Estrichboden und an der Kellerdecke eine Wärmedämmung angebracht sowie viele Fenster ersetzt. Somit konnten wir den Heizungsverbrauch um 30 Prozent senken.

Sie haben eine 14-jährige Tochter und einen 15-jährigen Sohn. Was versuchen Sie Ihren Kindern mitzugeben?

Das, was ich Ihnen soeben erzählt habe, hören die beiden zum tausendsten Mal. Die zwei sind relativ radikal. Sie wollen nicht fliegen und gehen demonstrieren. Sie ­machen das gut.

Schafft es die Schweiz, bis 2050 klimaneutral zu werden?

Vielleicht nicht vollständig. Aber drei Viertel sind besser als nichts. Ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingen kann.

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