Fechter Benjamin Steffen hätte eigentlich nach Olympia aufhören wollen.
Foto: Bizzi / Swiss Fencing

Schweizer Sportler und Corona
«Motivation? Nicht immer einfach»

Wegen Corona leidet auch der Sport. Nicht nur die Fussball- und Eishockeyklubs kämpfen gegen die Umstände. Vier Spitzensportlerinnen und -sportler erzählen, wie ihr Jahr 2020 hätte sein sollen – und wie es wirklich geworden ist.
Publiziert: 08.11.2020 um 01:08 Uhr
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Kletterin Petra Klingler. Ihr Sport wäre erstmals olympisch gewesen.
Foto: David Biedert
In Kooperation mit Bridgestone

Kletterin Klingler: «Ein Slowdown»

Petra Klingler (28) wurde 2016 Weltmeisterin im Bouldern und weist in dieser Disziplin zahlreiche weitere Spitzenplätze im Weltcup auf. Ihr Sport ist in Tokio erstmals olympisch. Statt 2020 dürfte dies nun im Sommer 2021 der Fall sein.

So hätte mein 2020 sein sollen: «Am 17. März hätte in Moskau die EM stattfinden sollen, quasi der Saisonstart. Darauf hätte bald der Weltcup in Meiringen gefolgt, auf den ich mich besonders gefreut hatte. Klares Highlight wäre aber natürlich Tokio gewesen. Auf die Olympia-Premiere war alles ausgerichtet.»

So war mein 2020: «Die EM wurde eine Woche vor dem Termin abgesagt. Am 16. März, also am Tag vor dem vermeintlichen Start der Titelkämpfe, kam der Lockdown. Die Absage von Tokio folgte ja einige Wochen später. In einer ersten Phase habe ich die Situation als Challenge gesehen, sie hat mich eher noch angespornt. Als die Olympia-Absage dann Tatsache wurde, war ich sicherlich kurz niedergeschlagen. Wir hatten massiv weniger Wettkämpfe. Die Österreicher öffneten im Sommer beispielsweise einen nationalen Anlass auch für Deutsche und Schweizer. Da wieder mal in der Kletter-Familie zu sein, war sehr schön. Die verschobene EM wird Ende November nachgeholt. Toll, dass mich Sponsoren und Sporthilfe in dieser Zeit weiter unterstützt haben. Vielleicht war es für mich sogar ein Glück, lief alles anders und musste ich entschleunigen. Hatte ich mir für 2020 zu viel vorgenommen? Hätte ich allen Ansprüchen gerecht werden können? Der Lockdown war für mich ein 'Slowdown' und eine wertvolle Lernphase, von der ich mit Blick auf 2021 profitieren kann.»

Jeder Sporthilfe-Franken zählt

Bridgestone ist stolzer Partner der Olympischen und Paralympischen Spiele und engagiert sich für die Stiftung Schweizer Sporthilfe. Damit möchten wir Athleten darin unterstützen, sowohl sportliche Spitzenleistungen zu erbringen, als auch persönliche Träume zu verfolgen. Ganz im Sinne der Olympischen Bewegung ist für Bridgestone die Reise ebenso wichtig wie das Ziel. Unterstützen auch Sie Schweizer Athleten dabei, ihren Traum zu verfolgen!

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Fechter Steffen: «Rücktritt? So nicht»

Benjamin Steffen (38) hat mit der Schweizer Degen-Mannschaft unter anderem viermal EM-Gold sowie einmal WM-Gold (2018) gewonnen. Bei den Olympischen Spielen in Rio 2016 erreichte er den Einzel-Halbfinal und wurde schliesslich Vierter.

So hätte mein 2020 sein sollen: «Für mich wäre es ein Jahr der Höhepunkte und Abschlüsse gewesen. Im März wäre geplant gewesen, dass wir mit der Mannschaft am Weltcup in Buenos Aires das Ticket für Tokio definitiv holen. Von da an wollten wir uns akribisch auf Tokio vorbereiten. Olympia hätte mein letzter grosser Auftritt als Spitzenfechter sein sollen. Das Ziel: mit mindestens einer Medaille die Karriere beenden und mich danach auf die Familie, den Beruf als Lehrer und andere Projekte konzentrieren.»

So war mein 2020: «Als ich begriff, dass Olympia verschoben wird, wusste ich sofort: So kann ich nicht aufhören. Ich habe also mit Fokus 2021 weitertrainiert. Das grosse Ziel Olympia bleibt und treibt mich an. Gleichzeitig war es dieses Jahr nicht immer einfach, die Motivation fürs tägliche Training zu finden: wenn man irgendwie schon abgeschlossen hatte und die Ziellinie sah. Wenn ich anhand der Energiereserven und des Körpers merke, dass ich mittlerweile eben schon ein paar Jahre älter geworden bin. Aber ich bin auf Kurs. Ich bin sehr dankbar, dass Sporthilfe und private Sponsoren mich weiter unterstützen; das zählt nicht nur finanziell, sondern auch als psychischer Support. Aber ehrlich: Meine Probleme sind relativ klein, wenn man sieht, welches Leid wegen Corona weltweit herrscht.»


Bikerin Frei: «Leere Agenda statt voller Kalender»

Sina Frei (23) ist zweifache Welt- und vierfache U23-Europameisterin im Mountainbike-Cross. Bei der Elite war sie 2017 bis 2019 jeweils bei den Schweizer WM-Goldmedaillen im Team Relay dabei. An der WM 2020 verpasste sie als Vierte eine Einzel-Medaille nur knapp.

So hätte mein 2020 sein sollen: «Es wäre meine erste offizielle Elite-Saison gewesen, die Vorfreude war dementsprechend gross.
Der Kalender war voll mit nationalen und internationalen Meisterschaften, Weltcup und eventuell – je nach Ergebnissen – auch Tokio. Ich hatte den Winter hindurch gut trainiert und fühlte mich bereit, durchstarten zu können.»

So war mein 2020: «Der volle Kalender wurde zu einer leeren Agenda. Ich probierte, motiviert zu bleiben und die Phase als ‹geschenkte Zeit› zu sehen. Es gibt auch etwas Schönes an diesem schwierigen Corona-Sommer: Sehr viele Menschen haben das Velo entdeckt. Ich denke, das ist wichtig für die Gesellschaft. Wir hatten letztlich einen kurzen, intensiven Rennblock mit Weltcup, EM und WM. Normalerweise ist die Saison Ende September zu Ende, dieses Jahr fuhren wir noch im Oktober Grossanlässe. Dass dies möglich war, habe ich sehr geschätzt. Mit Blick auf 2021 ist es momentan sehr wichtig, mehrere Optionen zu haben. Die Quarantäne-Regelungen machen das Planen schwierig, man muss flexibel bleiben. Auch die Sponsorensuche ist natürlich herausfordernder geworden. Umso mehr ein Dank an die Sponsoren und die Sporthilfe, die mir die Treue halten.»


Paralympics-Skifahrer Pfyl: «In Top-Form, doch dann …»

Thomas Pfyl (33) gewann 2006 Silber und Bronze bei den Paralympics in Turin sowie insgesamt elf Medaillen an alpinen Weltmeisterschaften. Seine Behinderung: eine Lähmung der rechten Körperhälfte, eine sogenannte Hemiplegie.

So hätte mein 2020 sein sollen: «Ich war Ende Saison in hervorragender Form. In Russland hatte ich Ende Februar einen Weltcup-Slalom gewonnen, wir reisten nach Norwegen weiter – die letzten Wochen der Saison, ich war hochmotiviert. Aber was fast noch wichtiger ist: Wie mein 2021 sein soll. Wir haben im Februar die WM in Lillehammer. Das ist der klare Saisonhöhepunkt.»

So war mein 2020: «Wir kamen am 7. März für die Weltcuprennen in Norwegen an – und da ging es gerade mit den Absagen los. Anderthalb Tage später waren wir im Flieger in die Schweiz. Bald war klar, dass die Saison zu Ende ist. Über den Frühling und den Sommer spürte ich sportlich wenig Auswirkungen. Dafür aber jetzt. Die ersten Rennen vom November sind abgesagt. Ich wollte sowieso erst im Dezember in St. Moritz in die Saison einsteigen, aber diese Wettbewerbe sind natürlich unsicher. Diese WM hat für alle absolute Priorität. Doch wer weiss schon, was im Februar machbar ist? Sporthilfe und Sponsoren unterstützen mich toll. Momentan kann nur gelten: die offenen Fragen so gut wie möglich ausblenden und weitertrainieren.»

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