Technik: Wie funktioniert der Wasserstoffantrieb im Auto?
Die elektrische Alternative zur Batterie

Alle paar Jahre kommt die Idee vom idealen automobilen Lebenselixier namens Wasserstoff wieder. Ausser Kleinserien ist trotz gigantischem Entwicklungsaufwand bisher nichts Zählbares auf der Strasse. Was kann der Antrieb und wo sind die Stolpersteine?
Publiziert: 08.04.2020 um 00:32 Uhr
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Aktualisiert: 08.04.2020 um 07:33 Uhr
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Toyota hat mit dem Mirai eines der wenigen Serienautos mit Wasserstoffantrieb im Angebot.
Foto: Werk
Martin A. Bartholdi und Stefan Grundhoff

Wenn es um den Antrieb der Zukunft geht, sind sich die beiden grössten Autobauer der Welt nicht wirklich einig. Seit dem Dieselskandal setzt der Volkswagen-Konzern voll auf Elektromobilität. Der ID.3 soll dieses Jahr den Startschuss bilden. Toyota hält dagegen bisher erfolgreich am Hybrid-Antrieb fest. Elektroautos sind zwar aktuell auch ein Thema, aber die Japaner haben mit dem Mirai noch eine Alternative: mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellenautos.

Im Prinzip handelt es sich hierbei auch um Elektroautos. Allerdings wird der Strom nicht per Akku geliefert, sondern an Bord aus Wasserstoff und Sauerstoff produziert. Als «Abgas» entsteht lediglich Wasserdampf.

Das spricht dafür

Der grosse Vorteil im Vergleich zur grossen Fahrbatterie: Der Treibstoff in Form von gasförmigem Wasserstoff kann schneller getankt werden, als eine Batterie mit Strom geladen werden kann. Volltanken dauert etwa gleich lang wie mit Benzin oder Diesel; danach schaffen die Autos zwischen 400 bis 500 Kilometer. Das ist mehr, als die meisten E-Autos mit Akku im Alltag schaffen.

Das spricht dagegen

Es gibt aber auch Probleme: Der schnelle Tankvorgang nützt noch wenig – weil es kaum Tankstellen gibt. Die Infrastruktur ist nicht löchrig, sondern praktisch inexistent. Kaum jemand investiert in Wasserstofftankstellen, während Ladestationen wie Geissenblümchen aus dem Boden spriessen, weil E-Autos politisch bevorzugt und teilweise staatlich gefördert werden. Das gilt jedenfalls für Europa. In der Schweiz setzt der Grossverteiler Coop schon seit 2016 auf Wasserstoff und hat in Hunzenschwil AG die erste öffentliche Wasserstofftankstelle der Schweiz eröffnet. Zwei Jahre später gehörte Coop zu den Gründern eines Fördervereins, der bis 2023 ein flächendeckendes Wasserstoff-Tankstellennetz in der Schweiz aufbauen will. Im Moment sind sechs weitere Standorte in Planung.

Weiter ist die Wasserstoffherstellung aktuell noch sehr teuer und nicht sehr umweltfreundlich. Es gibt allerdings Bestrebungen, mit Überkapazitäten von Wasser-, Wind- und Solarstrom sauberen Wasserstoff herzustellen. Dazu kommt, dass die Technik sehr komplex ist und viel Bauraum braucht, weswegen selbst Wasserstoff-SUVs nicht über 4x4 verfügen. Und wegen der geringen Stückzahl sind die Fahrzeuge sehr teuer. Die aktuell in der Schweiz angebotenen Modelle, der Mirai und der Hyundai Nexo, kosten beide ab 89'900 Franken.

Um viele Projekte ist es ruhig geworden

Im Moment ist die Brennstoffzelle vor allem bei asiatischen Marken ein Thema. Neben Toyota und Hyundai sagt auch Honda «Wasser marsch!», auch wenn ihr Clarity Fuel Cell momentan nicht in der Schweiz angeboten wird. In Europa heisst es dagegen eher «Wasser halt!». VW hat sein Projekt vorerst nicht bis zur Serienreife durchgezogen. Mercedes hat vor zwei Jahren den GLC F-Cell für denselben Herbst angekündigt, offiziell angeboten wird er heute jedoch nicht.

Toyota spannt BMW ein

Dafür macht nun BMW wieder (Wasser-)Dampf. Die Bayern wollen den Wasserstoffantrieb ab 2022 in umgebauten X5 testen. Die Grundlage dafür bildet der Wasserstoffantrieb des Mirai, mit dem BMW schon 2013 in einer Flotte 5er GT erste Erfahrungen sammelte. Denn das Projekt ist aus der Partnerschaft mit Toyota entstanden, die auch zu Neuauflagen von BMW Z4 und Toyota Supra geführt hat.

Die Handbremse hat BMW allerdings noch nicht vollständig gelöst. Mit einem Serienmodell ist erst nach 2025 zu rechnen. Und die Studie BMW i Hydrogen Next macht jetzt schon Lust auf mehr. Die Systemleistung beträgt ordentliche 275 kW (374 PS). Zwei 700-bar-Tanks fassen sechs Kilogramm Wasserstoff, was rund 600 Kilometer Reichweite entspricht.

Doch auch beim Wasserstoff-BMW dürfte es sich nur um eine Kleinserie handeln. Datenspezialist IHS Markit erwartet, dass bis 2025 weltweit nur 150'000 Wasserstofffahrzeuge jährlich verkauft werden. Der globale Automarkt umfasst rund 80 Millionen Fahrzeuge. Ein Grund ist sicher auch, dass viele Kunden beim Thema Elektromobilität noch skeptisch sind und sich fragen, wie stark ihr nächstes Auto überhaupt elektrifiziert sein muss.

Eine kleine Chance bleibt

Zwei Tatsachen könnten der Brennstoffzelle allerdings zum Durchbruch verhelfen. Erstens interessieren sich auch die chinesischen Hersteller immer mehr dafür. Einige sind schon entsprechende Partnerschaften mit Toyota eingegangen. Zweitens ist der komplexe Antrieb für Lastwagen deutlich besser geeignet als Batterien, da die Nutzlast weniger eingeschränkt wird. LKW würden von kurzen Tankzeiten und grossen Reichweiten profitieren. Bei ihnen liesse sich die aufwendige Technik nebst grossen 700-bar-Tanks problemlos auf dem Dach oder hinter dem Führerhaus unterbringen. Wenn dann für die Transportbranche die Tankstelleninfrastruktur aufgebaut wurde, könnte die Brennstoffzelle für PW doch noch interessant werden.

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