Trotz Corona: Wieder mehr Leute auf unseren Strassen?
Im Stau statt im Homeoffice

Bleiben Sie zu Hause? Das war einmal. Nach den häufigen Staumeldungen dieser Woche scheinen trotz Homeoffice-Pflicht wieder viel mehr Pendler auf unseren Strassen unterwegs zu sein. Die Statistik sagt allerdings etwas anderes.
Publiziert: 02.04.2021 um 03:00 Uhr
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Aktualisiert: 03.04.2021 um 12:02 Uhr
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Wer diese Woche am Montagmorgen mit dem Auto aus der Ostschweiz Richtung Zürich wollte, brauchte viel Geduld.
Foto: Keystone
Raoul Schwinnen

Wer am Montagmorgen mit dem Auto aus der Ostschweiz Richtung Zürich wollte, brauchte Geduld. Viel Geduld. Ein LKW-Unfall auf der Autobahn legte das Verkehrsgeschehen rund um Winterthur ZH lahm. Am Dienstag- und Mittwochmorgen ein ähnliches Bild: Erneut Stau an allen neuralgischen Punkten. Die wieder deutlich zahlreicheren Staumeldungen auf den Autobahnen und in unseren Grossstädten im Morgen- und Abendverkehr vermitteln den Eindruck, als würden trotz weiterhin geltender Homeoffice-Pflicht seit dieser Woche viele Leute wieder mit dem Auto ins Büro pendeln.

«Dieser Eindruck ist nicht ganz richtig», sagt Beat Fischer (38) von Intervista. Sein Forschungsinstitut macht im Auftrag des Statistischen Amts des Kantons Zürich, der Swiss National Covid-19 Science Task Force und der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich ein sogenanntes Mobilitäts-Monitoring.

Zahlen von Handybewegungsdaten

Seit dem 1. Januar 2020 werden laufend die Handybewegungsdaten von mehr als 2500 Freiwilligen im Alter von 15 bis 79 Jahren ausgewertet, um so das Mobilitätsverhalten der Schweizer Bevölkerung während der Corona-Pandemie nachzuzeichnen. Fischer: «Im Fokus stehen die täglich zurückgelegten Distanzen, die täglichen Bewegungsradien, die genutzten Verkehrsmittel und der Mobilitätszweck.»

ÖV-Nutzung bleibt tief

Dabei zeigt sich, dass die ÖV-Nutzung aktuell immer noch mehr als 50 Prozent tiefer liegt als vor Ausbruch der Corona-Krise. Beim Strassenverkehr sieht es dagegen anders aus: Auch dort wurde während des ersten Lockdowns im letzten Frühling der Verkehr auf der Strasse spürbar weniger. Frau und Herr Schweizer hielten sich statistisch nachweisbar an die Empfehlung des Bundesrats und blieben zu Hause.

Doch schon während der Sommerferien stieg der Verkehr auf der Strasse wieder. Es folgte der zweite Lockdown und die Rückkehr zum Homeoffice. Doch die weiteren Massnahmen sind weniger rigide als vor einem Jahr, und das wirkt sich auch auf der Strasse aus. Der Verkehr nahm weniger spürbar ab wie bei der ersten Welle im Frühling 2020.

Rund 10 Prozent weniger als vor Corona

«Derzeit», so Beat Fischer, «bewegt sich das Niveau von Fahrzeugen auf der Strasse rund zehn Prozent tiefer als vor der Corona-Pandemie.» Eine massive Steigerung in den letzten Tagen, wie vielleicht von vielen nach den jüngsten Staumeldungen auf unseren Strassen vermutet, beobachtet er allerdings aufgrund des Mobilitäts-Monitorings nicht. «Seit den Öffnungsschritten Anfang März haben Pendler- und Einkaufsmobilität zwar etwas zugenommen. Parallel dazu sank jedoch die Freizeitmobilität im Vergleich zum Februar deutlich», erläutert Fischer. Das dürfte sich mit den kommenden Ostertagen ändern.

Dennoch scheint unser Strassennetz zumindest zu Pendelzeiten trotz Corona-Pandemie und weiterhin geltender Homeoffice-Pflicht an den neuralgischen Punkten wieder an seine Kapazitätsgrenzen zu stossen.

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