Was bringen den Autoherstellern Allianzen?
Der Feind in meinem Bett

VW schloss kürzlich eine Allianz mit Ford, PSA krallte sich Opel, und Renault-Nissan schluckte Mitsubishi. Ist dieses Streben nach immer mehr Volumen der Heilsbringer für die arg kämpfende Autoindustrie?
Publiziert: 03.02.2019 um 09:44 Uhr
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Aktualisiert: 28.10.2022 um 10:43 Uhr
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Der neue BMW Z4: Wirtschaftlich nur dank der Allianz mit Toyota und geteilter Entwicklungs- und Produktionskosten möglich.
Foto: zvg
Wolfgang Gomoll und Raoul Schwinnen

Der verstorbene Fiat-Boss Sergio Marchionne betonte immer wieder, dass ein Autobauer nur dann überlebensfähig sei, wenn er mindestens fünf Millionen Autos verkaufe. Marchionnes Strategie hat zumindest bei einigen Herstellern bis heute Gültigkeit: Volumen generiert Einkaufsmacht. Und durch die Skaleneffekte spart man viel Geld.

Doch Fusionen und Allianzen sind nicht immer von Erfolg gekrönt. Und längst holen sich nicht mehr alle Autobauer laufend neue Partner ins Bett. So ist etwa Daimler nach der verunglückten Liaison mit Chrysler zurückhaltend geworden und knüpft lediglich noch mit Renault Bande.

Auch BMW lächelt nur ausgewählten Firmen zu. Schliesslich erlebten auch die Bayern mit Rover ihr Waterloo. Mit Toyota aber klappts jüngst auf relativ kleiner Flamme ganz gut. Immerhin entstehen aus dieser Zusammenarbeit so nette Nischenprodukte wie der BMW Z4 oder der Toyota Supra, die sich beide Hersteller ohne gegenseitige Unterstützung wohl nicht geleistet hätten.

Mehr Partner, mehr Abstimmung

Steckt aber im Streben nach mehr Grösse nicht die Gefahr der Unbeweglichkeit? Können aufgeblasene Mega-Konzerne noch schnell genug auf neue Herausforderungen und Trends reagieren? PSA-Chef Carlos Tavares betont immer wieder, dass bei allen Zusammenschlüssen die Flexibilität des Unternehmens gewahrt bleiben muss.

Automobile Eroberungsziele, nur um Verkaufsvolumen zu generieren, sind nicht immer zielführend. «Mit mehr Partnern ist mehr Abstimmung notwendig. Andererseits kann man von neuem Wissen partizipieren. Andere Blickwinkel geben ja auch neue Impulse», sieht Porsche-Produktionsvorstand Albrecht Reimold beide Seiten der Medaille.

E-Mobilität macht Allianzen nötig

Bei den jüngsten Kooperations- und Partnerschaftsgedanken spielt die Elektromobilität eine wichtige Rolle. Der Umstieg auf die Stromerei verschlingt horrende Summen. «Wir kratzen das Geld zusammen, wo es nur geht», verriet unlängst ein Manager eines deutschen Premiumherstellers. Führt man sich vor Augen, dass VW bis 2023 über 50 Milliarden Franken in die neue Form der Fortbewegung stecken will, werden die Ausmasse klar.

Kein Wunder, versucht man sich in vielen Bereichen zusammenzutun, um so Budgets für die E-Mobilität freizukriegen. «Enge Kooperationen und Partnerschaften sind für die Autoindustrie eine Notwendigkeit geworden, da viele der erforderlichen Investitionen nicht allein gestemmt werden können – und oft auch nicht allein gestemmt werden müssen», weiss Wolfgang Bernhard, Partner der Unternehmensberatungsgesellschaft Roland Berger.

Keine eindimensionalen Strategien

So hoffen VW und Ford mit der vor zwei Wochen bekannt gegebenen Zusammenarbeit, weniger rentable Segmente wie Limousinen am Leben zu erhalten. Auch bei den Nutzfahrzeugen tun Skaleneffekte gut. Nur: Warum soll jetzt plötzlich das funktionieren, woran VW noch vor weniger als einem Jahrzehnt mit Suzuki eher jämmerlich gescheitert ist? Vielleicht weil damals die Patriarchen Martin Winterkorn und Ferdinand Piëch den gleichen Fehler wie zuvor schon die Daimler-Manager bei Chrysler machten? Beide Führungsriegen wollten ihren Partnern mit aller Gewalt den «German Way» aufzwingen.

Dass solche eindimensionalen Strategien heute nicht mehr funktionieren, ist inzwischen aber zu den meisten der heutigen Entscheidern durchgedrungen. Sie bewegen sich schon länger in einem globalen Umfeld, wissen um die kulturellen Befindlichkeiten und agieren entsprechend geschmeidiger.

Allianzen sind ein fragiles Gebilde

Dennoch sind die Zeiten der Holzhammer-Methode offenbar noch nicht ganz vorbei. Wie das Beispiel des skrupellosen Durchgreifens von PSA-Chef Carlos Tavares bei der neuen Tochter Opel zeigt. Obwohl beide Seiten nicht müde werden, immer wieder zu betonen, dass die Opel-Übernahme durch PSA der einzig richtige Weg war, lässt sich ein Erfolg noch nicht wirklich beurteilen.

Und dass Allianzen fragil sind, zeigt auch das Beispiel Renault-Nissan. Konzernchef Carlos Ghosn geriet zum Ende seiner Amtszeit zunehmend unter Druck. Nach seiner Ablösung beginnen nun in Japan bereits erste separatistische Bewegungen, die alle Partner der Allianz negativ beeinflussen könnten. Darum gilt auch bei Firmenpartnerschaften: Prüfe, wer sich ewig bindet.

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