Auf einen Blick
- Tesla-Fahrer distanzieren sich von Elon Musk mit Aufklebern
- Musks kontroverse Äusserungen beeinflussen das Image von Tesla negativ
- Teslas Verkäufe sanken 2024 um 1 %, während BYD 12 % Wachstum verzeichnete
Patrik Schneider aus dem süddeutschen Pforzheim kann sich momentan vor Aufträgen kaum retten. Vor fünf Jahren gründete er den Onlineshop Sons of Battery, der neben Bekleidung und Zubehör für E-Biker auch selbst gestylte Aufkleber vertreibt. Sein aktuell erfolgreichstes Produkt ist ein Sticker für E-Autos von US-Autobauer Tesla. «I bought this before Elon went crazy», steht darauf. Zu Deutsch: «Ich habe ihn gekauft, bevor Elon verrückt wurde».
«Erst fand ich den Aufkleber nur witzig, jetzt finde ich ihn notwendig», erklärte Schneider kürzlich dem deutschen «Auto-Medienportal». Denn seit Tesla-CEO Elon Musk (53) seine umstrittenen politischen Thesen über seine Social-Plattform X in die Welt posaunt und unlängst mit dem alten und neuen US-Präsidenten Donald Trump (78) angebandelt hat, wollen sich immer mehr Fahrerinnen und Fahrer eines Tesla von Musk distanzieren.
Tesla fahren, AfD wählen?
Lange galt der aktuell reichste Mensch der Welt als Messias der klimaschonenden E-Mobilität. Jetzt ist er zum Buhmann geworden – und beschert Schneiders kleinem Onlineshop das Geschäft seines Lebens. «Wir haben in zwei Monaten 6000 Aufkleber verkauft, viele davon nach Grünheide.» In der Gemeinde im ostdeutschen Bundesland Brandenburg steht die erste europäische Gigafactory des amerikanischen E-Autobauers. Viele Modelle sind direkt für den deutschen Markt bestimmt. Seit Elon Musk zur Wahl der rechtsextremen AfD aufgerufen hat und mit der designierten Kanzlerkandidatin Alice Weidel (45) gar ein kontroverses 75-minütiges Gespräch auf X geführt hat, sei die Nachfrage nochmals sprunghaft angestiegen.
Schneider ist selber Besitzer eines Tesla Model Y. «Ein richtig gutes Auto», wie er sagt. «Doch mittlerweile wird man als Tesla-Fahrer auf dem Supermarktparkplatz angemacht, ob man auch die AfD wähle.» Sähen die Leute dann aber den Aufkleber am Heck, würden sie immer lächeln.
Tesla-Absatz geht erstmals zurück
Schneiders Beispiel zeigt: Der Personenkult um Elon Musk könnte den US-Autobauer bald teuer zu stehen kommen. Denn während nicht wenige Besitzerinnen zumindest mit einem Sticker darauf aufmerksam machen wollen, dass sie die teils radikalen politischen Ansichten des gebürtigen Südafrikaners keinesfalls teilen, sehen viele potenzielle Käufer mittlerweile vom Kauf eines neuen Tesla-Modells ab. Dies belegen Zahlen des US-Marktforschungsunternehmens Caliber, wie die deutsche «Auto, Motor und Sport» mit Berufung auf die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Demnach fielen die Werte einer Kaufabsicht von rund 70 Prozent der Befragten im Sommer 2022 auf inzwischen weniger als 40 Prozent.
«Dass Musk selbst zum Rückgang der Zahlen beiträgt, ist sehr wahrscheinlich. Schliesslich – und auch das zeigen unsere Umfragen – haben 83 Prozent der Amerikaner die Marke Tesla untrennbar mit der Person Elon Musk verknüpft», erklärte Caliber-CEO Shahar Silbershatz gegenüber Reuters. Auch in Europa dürfte das nicht grundlegend anders sein. Ein weiteres Indiz für die aufkommende Skepsis: Mit exakt 1'789'226 E-Autos bleibt Tesla 2024 global zwar der grösste Produzent von strombetriebenen Fahrzeugen – allerdings nur noch mit einem denkbar knappen Vorsprung von 24'000 Stromern vor dem chinesischen Grosskonzern BYD. Doch während BYD beim E-Auto-Absatz im letzten Jahr einen Zuwachs von zwölf Prozent gegenüber 2023 verbuchte, schrumpften die Tesla-Verkäufe um etwa ein Prozent. Es ist der erste Verkaufsrückgang für die Amerikaner seit der Gründung des Unternehmens überhaupt.
Musk macht gratis Werbung
Aktuell tut das der Beliebtheit der Tesla-Modelle in Europa zwar noch keinen Abbruch – anders als in Kalifornien, dem grössten Markt für Elektroautos in den USA. Obwohl dort die Stromer-Verkäufe 2024 über alle Marken gesehen zulegen konnten, fielen sie bei Tesla – und das teils dramatisch. In der Schweiz war das Tesla Model Y 2024 erneut das meistverkaufte Auto überhaupt. Doch das Pendel könnte auch bei uns bald umschlagen.
Das Geschäft von Patrick Schneider dürfte also vorerst weiter brummen. «So lange Elon Musk auf X seine Meinungen verbreitet, so lange werden die Aufkleber laufen.» Eigentlich sollte Tesla ihm dankbar sein, findet Schneider: «Dank der Aufkleber können die Leute Tesla fahren, ohne sich ständig rechtfertigen zu müssen.» Doch umso radikaler Musks Aussagen werden, desto härtere Sticker würden die Kunden verlangen. Deshalb hat Patrik Schneider seit kurzem auch Aufkleber mit «FCK ELN» und «Elon Sucks» im Angebot. Auch die würden immer besser laufen.