Es ist ein wundervolles Gefühl der Zufriedenheit. Wir haben lange auf etwas gespart und können es endlich kaufen. Doch wer aktuell auf sein Wunschauto gespart hat und es nach seinen Vorstellungen zusammenstellt, erlebt eine böse Überraschung. Je nach Sonderausstattung müssen Kundinnen und Kunden wegen der Chipkrise bis zu einem Jahr auf den Neuwagen warten!
Wer dafür keine Geduld hat und endlose Wartezeiten vermeiden will, greift auf einen Gebrauchtwagen zurück. Wer sich aktuell jedoch auf dem Occasions-Markt umschaut, erlebt häufig sein blaues Wunder. Die Preise sowohl für jüngere als auch für ältere Gebrauchte sind nahezu segment- und markenübergreifend in ungeahnte Höhen geschnellt – und das in ganz Europa. Die Chancen auf ein Schnäppchen stehen praktisch bei null.
Occasionen bis 30 Prozent teurer
Gerade in Ländern wie Deutschland oder Österreich wurden die Gebrauchtwagen von Monat zu Monat teurer. Bei besonders beliebten Modellen stiegen die Preise um 20 bis 30 Prozent – während das Angebot gleichzeitig so dünn wie nie wurde.
Autoscout24, eine der grössten Onlinebörsen Europas, verzeichnete im abgelaufenen Jahr europaweit einen Preisanstieg von acht Prozent. Gleichzeitig reduzierte sich das Angebot um elf Prozent. Die Schweiz liegt etwas hinter dem europäischen Durchschnitt zurück. Bei uns stiegen die Occasionspreise 2021 nur um fünf Prozent, lagen aber sowieso schon auf einem hohen Niveau.
Grosser Preissprung 2021
Doch diese Tendenz hält schon länger an. In den letzten fünf Jahren verzeichnete Autoscout24 jedes Jahr einen Preisanstieg. Lag der Durchschnittspreis für Gebrauchtwagen im Jahr 2016 noch bei rund 20'500 Franken, kosteten sie letztes Jahr im Mittel rund 27'100 Franken. Alleine im Jahr 2021 ist der durchschnittliche Kaufpreis von fast 26'400 Franken im Januar auf über 29'100 Franken im Dezember geklettert.
In vielen Ländern Europas steigen die Preise gar im zweistelligen Prozentbereich, erklärt der Vertriebschef der Autoscout24-Gruppe Michael Luhnen. «Gleichzeitig sinkt das Angebot europaweit. Aufgrund der Pandemie bevorzugen Verbraucher verstärkt das Auto gegenüber dem öffentlichen Nahverkehr. Die steigende Nachfrage trifft dabei auf ein reduziertes Angebot, denn durch den Halbleitermangel stehen oder standen derzeit viele Fabriken still. Wer sich eigentlich einen Neuwagen kaufen wollte, weicht zunehmend auf Gebrauchte aus.»
Ähnlich sehen die Zahlen bei dem zweiten grossen Autoportal Mobile.de aus. Dort sind die Preisanstiege ähnlich hoch. Auf Mobile.de kostete ein Gebrauchtwagen letzten Dezember umgerechnet sogar mehr als in der Schweiz. Der Durchschnittspreis ist auf 31'300 Franken gestiegen – über ein Viertel mehr als noch im Dezember 2020.
Grosse nationale Unterschiede
Die Durchschnittspreise variieren von Land zu Land jedoch stark, gleiches gilt für die Preisanstiege. So sind die Gebrauchtwagenpreise bei Autoscout24 in Österreich um 13 Prozent auf umgerechnet rund 24'000 Franken gestiegen. In Frankreich sind die Preise dagegen nur um zwei Prozent gestiegen, doch eine Occasion ist mit umgerechnet rund 25'300 Franken auch teurer als bei unseren östlichen Nachbarn.
Unter den Ländern Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande und Österreich, in denen die AutoScout24-Gruppe tätig ist, hat Luxemburg noch vor der Schweiz die höchsten Gebrauchtwagenpreise. Mit durchschnittlich über 29'300 Franken kosteten Occasionen im letzten Jahr sogar mehr als in der Schweiz. Der Grund dafür sind die allgemein hohen Lebenshaltungskosten in dem Grossherzogtum.
Hier gibts Occasions-Schnäppchen
Am günstigsten sind Gebrauchtwagen in Italien mit umgerechnet durchschnittlich rund 18'600 Franken. Das überrascht nicht, da günstige sowie kleine Autos wie Dacia Duster oder Fiat 500 auch jedes Jahr die Verkaufscharts für Neuwagen dominieren. Auch in Belgien und den Niederlanden kosten Gebrauchtwagen noch weniger als 20'000 Euro – umgerechnet knapp 21'000 Franken.