So skurril Verbotsschilder im Comic-Stil oder auf Rolltreppen mit Megaphon zur Ordnung mahnende Uniformierte sein mögen, bei Autos gleicht sich der Geschmack der Japaner immer mehr dem europäischen an: So darf es an der 44. Tokio Motor Show durchaus sportlich und nicht nur ökologisch sein!
Für die grösste Überraschung sorgt diesbezüglich Mazda mit dem RX-Vision – einem aufregenden Sportcoupé mit Wankelmotor! Der ebenfalls ausgestellte Wankel-Oldie Cosmo aus dem Jahre 1967 könnte übrigens ein Hinweis sein, dass der RX-Vision zu dessen 50. Jubiläum 2017 in Serie gehen könnte. Bis dahin wollen Mazdas Ingenieure die letzten Herausforderungen, welche die neue Wankelmotor-Generation vor allem abgas- und verbrauchstechnisch stellt, gemeistert haben. Ebenfalls frühestens 2017 dürfte der 3,99 Meter lange Vierplätzer Toyota S-FR bei uns für sportliche Gefühle sorgen. Und noch länger warten müssen wir auf den nun vorerst als Konzeptstudie blechgewordenen PS-Gametraum aus GranTurismo, dem Nissan Vision 2020. Oder auf das 3,90 Meter lange und nur 750 Kilo schwere Sports Ride Concept von Yamaha, dessen zweiplätziges Karbon-Monocoque auch als modulare Basis für eine Limousine oder einen SUV dienen kann.
Weniger ferne Visionen und schon nächstes Jahr zu kaufen sind dagegen der 573 PS starke Hybrid-Supersportler Honda NSX (ab ca. 200 000 Fr.) sowie der 477 PS kräftige Lexus GS F (ab 99 900 Fr.). Die wiederentdeckte Sportlichkeit der Japaner kontern die Deutschen in Tokio aber locker. Etwa mit dem Porsche Macan GTS (ab 89 800 Fr.), der aus seinem Dreiliter-V6-Biturbo 360 PS und 500 Nm presst, oder dem auf 700 Exemplare limitierten BMW M4 GTS (dank Wassereinspritzung 500 PS) oder dem neuen Mini Cabrio.
Doch die Japaner machen uns an ihrer Heimmesse nicht nur mit Emotionen ihre Autos schmackhaft, sondern auch mit rationalen Argumenten. So präsentiert Toyota die vierte Generation seines Hybrid-Pioniers Prius, der auf einer völlig neuen Plattform aufbaut und ab März 2016 zu uns kommt, und die Brennstoffzellen-Limousine Mirai (kommt frühestens im Herbst 2016, es stand im SonntagsBlick). Während die europäischen Hersteller wie Audi mit dem Q7 e-tron (siehe nächste Seite) oder VW mit dem Tiguan GTE Concept in naher Zukunft primär auf Plug-in-Hybride setzen, glauben die Japaner an die Brennstoffzelle. So kontert Honda den Mirai mit dem neuen Clarity Fuel Cell. Der 4,90 Meter lange Fünfplätzer mit 178-PS-E-Motor soll dank seinen Wasserstofftanks gar 700 Kilometer weit fahren. Neben diesen zwei serienfertigen Brennstoffzellen-Fahrzeugen zeigt Lexus mit dem LF-CF, einer eleganten Limousinen-Brennstoffzellen-Studie mit Radnabenmotoren (vorne) und E-Motor hinten, sowie Toyota mit dem kompakten FCV Plus, dass Wasserstoff bald für alle Fahrzeugklassen die Zukunft sein kann.
Beim Thema Brennstoffzelle zieht an der Tokio Motorshow abgesehen von den asiatischen Herstellern nur Mercedes mit und zeigt den freilich sehr futuristisch anmutenden und wahlweise autonom fahrenden Van «Vision Tokyo» mit Loungesofa statt herkömmlichen Sitzen. Rund 190 Kilometer soll dieser Zukunfts-Stern per Batterie, weitere 790 Kilometer mit an Bord generiertem Strom aus Wasserstoff fahren.
Heisst der Stoff, aus dem die Mobilitätsträume sind, offenbar Wasserstoff, wollen die Japaner den globalen SUV-Trend nicht verpassen. Daher darfs für die unmittelbare Zukunft auch durchaus ein herkömmlicher Antrieb sein. Etwa beim peppigen Suzuki Ignis, der im Crossover-Look als Trail Concept genauso eine gute Figur macht wie als kecker Pickup Mighty Deck Concept. Das Gute: Der Ignis rollt mit 4x4 schon anfangs 2017 in die Schweiz. Genau wie die elegante Crossover-Studie VIZIV Future Concept von Subaru (Forester-Nachfolger?) und der Impreza als Fünftürer. Nach der Plug-in-Version von Genf zeigt Mitsubishi in Tokio nun eine scharfe Weiterentwicklung des 190-PS-Elektro-Allradlers Crossover eX. Nicht minder scharf sind auch das Nissan Crossover-Concept Gripz sowie die vollelektrische und per Knopfdruck autonom fahrende Limousinen-Studie IDS.
Natürlich dürfen in Tokio auch die legendär skurrilen Conceptcars nicht fehlen. So wundern wir uns über den an ein Lego-Technic-Auto erinnernden Dreiplätzer Toyota Kikai oder lächeln über Daihatsus (in Japan existiert die Marke noch) Foodtruck Tempo oder Van Noriori. Aber wir entdecken weniger eigenartige Gefährte als auch schon – und das ist irgendwie schade...