Tesla-Boss Elon Musk wird nervös
Das Imperium schlägt zurück

Tesla ist Kult. Noch. Denn der zuletzt fast schon sektiererische Hype um Elektropionier Elon Musk und Tesla könnte kippen. Der E-Guru hat ernste Schwierigkeiten – und jetzt schlägt das Imperium zurück.
Publiziert: 02.06.2018 um 18:07 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 05:10 Uhr
Elektropionier Elon Musk tut sich immer schwerer mit der Kritik wegen der Verzögerungen bei der Model-3-Produktion. Zuletzt kam es zu einem öffentlichen Schlagabtausch mit Journalisten.
Foto: Ben STANSALL/Financial Times-REA/laif
Raoul Schwinnen

Er hat es allen gezeigt: Noch vor wenigen Jahren hatten die friedlich schlummernden Autogiganten, ob General Motors, Toyota oder Volkswagen, für Elon Musk (46) höchstens ein mitleidiges Lächeln übrig. Doch dann ebnete der schräge US-Visionär mit seiner Marke Tesla und den Luxusautos Model S und Model X der Elektromobilität den Weg. Der kalifornische Internetmilliardär machte E-Autos gesellschaftsfähig, ja sexy. Sogar Daimler-Boss Dieter Zetsche (65) lobt im SonntagsBlick-Interview: «Ich schätze Musks Leistung! Tesla ist Schrittmacher für die ganze Branche gewesen. Zuvor war das Elektro- ein Verzichtsauto, Tesla hat der Elektromobilität Aufmerksamkeit gebracht.» Zetsche fügt aber auch gleich an: «Unser Job ist es nun, Autos zu bauen, die der Kunde bevorzugt.»

Wachablösung?

Genau das könnte bald so weit sein. Spätestens seit der Vorstellung des geplanten Volumenmodells Tesla Model 3 erwachen die renommierten Autohersteller aus dem Dornröschenschlaf. Der gefeierte Emporkömmling soll ihnen nicht länger die Butter vom Brot nehmen. Während die renommierten Hersteller dank gigantischer Investitionen den Worten endlich Taten folgen lassen – etwa bei Jaguar ab nächstem Monat mit dem I-Pace, bei Audi Ende Jahr mit dem E-Tron, bei Mercedes 2019 mit dem EQ C und 2020 mit der elektrifizierten Daimler-Tochter Smart –, stottert bei Tesla der Motor.

Model 3 kommt 2019 nach Europa Erstmals macht Tesla-Boss Elon Musk konkretere Angaben zum Auslieferungsstart des Model 3 in Europa. So twittert er, dass das Fahrzeug bei uns ab dem ersten Halbjahr 2019 erhältlich sei. Zudem soll Ende Juni das Produktionsziel von wöchentlich 5000 Fahrzeugen erreicht werden. Ursprünglich sollte der «Volks-Tesla» ab 35'000 Dollar angeboten werden. Bislang kommen freilich nur deutlich hochpreisigere Versionen mit zusätzlicher Ausstattung zur Auslieferung. Gemäss Musk rentiere sich die günstige Basisvariante erst ab höheren Produktionszahlen. Und: Einen verbindlichen Euro- oder Frankenpreis twittert Musk bislang noch immer nicht.
Foto: Werk

Der stotternde Elektromotor

Die Produktion des Model 3 und damit Teslas Versuch, mit dem ersten in grosser Serie gebauten Volumenmodell endlich auch mal Geld zu verdienen, kommt weiter nicht in Schwung. Von der seit über einem Jahr geplanten Produktionszahl von 5000 Tesla Model 3 pro Woche scheint Elon Musk so weit entfernt wie bei seinem Weltraumprojekt vom Mars. Angeblich sinds noch kaum über 2000 pro Woche. Dennoch wird der Tesla-Chef nicht müde, den 450'000 erstaunlich geduldig auf ihr mit einem Vorschuss von 1000 Dollar vorbestelltes und -finanziertes Model 3 wartenden Jüngern zu verkünden, dass alles gut wird.

Da ist sich Musk nicht zu schade, mit medienwirksamen Auftritten wie Übernachtungen im Produktionswerk zu demonstrieren, dass er jetzt höchstpersönlich der Fabrikation seiner Autos auf die Sprünge hilft. Selbst Umstrukturierungen im Management oder teure Hauruckübungen wie die in sechs Flugzeugen von Europa nach Amerika geflogene Roboter-Produktionslinie zur Batteriefertigung scheinen freilich nicht weiterzuhelfen. Es stockt und harzt weiter.

Wieder Tesla-Crash mit Autopilot Wenn mal der Wurm drin ist! Diese Woche rammte im kalifornischen Laguna Beach ein Tesla Model S mit aktiviertem Autopilot ein am Strassenrand abgestelltes, unbemanntes Polizeifahrzeug. Der Tesla-Fahrer verletzte sich dabei leicht. Es ist heuer bereits das dritte Mal, dass ein Tesla mit aktiviertem Autopilot-Assistent auf ein geparktes Einsatzfahrzeug auffuhr – in den beiden anderen Fällen in Kalifornien und Utah waren es Feuerwehr-LKWs. Als Reaktion auf diesen neuerlichen Crash sagte Tesla nur, dass man den Fahrern stets klar mache, dass sie auch beim Einsatz des Assistenz-Systems die Kontrolle über den Wagen behalten müssten und dass nicht alle Unfälle verhindert werden könnten.
Foto: LAGUNA BEACH PD HANDOUT

Musk wird nervös

Dazu kommen Untersuchungen von Gewerkschaften: Musk habe gewerkschaftlich organisierte Arbeiter bedroht. Zuvor gabs Anschuldigungen des nationalen Arbeitsaufsichts-Gremiums, wonach Tesla die Rechte der Arbeiter verletze, weil diese vertraglich in der Öffentlichkeit nicht über ihre Arbeits- und Sicherheitsbedingungen sprechen dürfen. Das kratzt am Heiligenschein. Dass Elon Musks Nervenkostüm dünner wird, zeigt sein jüngster Ausraster per Twitter, als er das angesehene «Center for Investigative Reporting» und dessen Bericht über Arbeitsbedingungen kritisierte und sich einen Schlagabtausch mit Wirtschaftsbloggern und einem Reporter lieferte, dem gegenüber er behauptete, dass niemand mehr der Presse traue und darum Donald Trump Präsident geworden sei.

Die Tabelle zeigt die aktuelle und zukünftige Performance der Autohersteller beim Thema Elektromobilität.
Foto: ZVG

Beratungsunternehmen sehen Tesla fallen

Doch auch, wenn Tesla die zuletzt von der US-Verbraucherorganisation «Consumer Reports» beim Model 3 kritisierten Bremsprobleme mit einem Update beheben will (Musk twitterte dazu: «Wir werden nicht aufhören, bis das Model 3 besser bremst als jedes andere nur annähernd vergleichbare Auto»), dürfte das Pendel über kurz oder lang gegen Tesla ausschlagen. Glaubt man einer neuen Studie («Future Mobility Performance Score», siehe Box) des globalen Beratungsunternehmens PA Consulting Group, das 13 weltweit tätige Hersteller von Elektroautos aufgrund ihrer Technologie und Strategie, Akkutechnik, Führungskultur, Lieferanten, Ladetechnologie und Finanzen beurteilte, stürzt Marktführer Tesla bis 2021 im Ranking auf Platz 7 ab. Gemäss dieser Studie wird dann bei der E-Mobilität der Daimler-Konzern vor BMW und Renault-Nissan-Mitsubishi marktführend sein.

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