Technik der Zukunft: Wenn Autos sich gegenseitig warnen
Sprecht doch miteinander

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Die automobile Zukunft widerspricht: Fahrzeuge von morgen werden sich permanent austauschen. Moderne Autos wie der neue VW Golf 8 oder der Volvo S90 können das heute schon.
Publiziert: 21.06.2020 um 15:21 Uhr
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Aktualisiert: 05.02.2021 um 22:09 Uhr
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Die sogenannte Car-to-X-Kommunikation ist nicht neu. Schon seit über 25 Jahren ...
Foto: Daimler AG
Stefan Grundhoff und Raoul Schwinnen

Neu ist die sogenannte Car-to-X-Kommunikation nicht. Schon seit über einem Vierteljahrhundert suchen Autohersteller und Zulieferer nach Standards, wie Fahrzeuge untereinander, aber auch mit Verkehrszeichen oder mit Ampelanlagen kommunizieren können. Doch lange mangelte es an der nötigen Technik. Die Mobilfunkstandards waren zu langsam, die Funkübertragungen veraltet und die Bordelektronik jedes Herstellers eine andere.

Obwohl inzwischen das vernetzte Fahrzeug längst Realität ist, merkt der Kunde davon noch wenig. Dabei würde Car-to-X-Kommunikation Sicherheit und Umweltverträglichkeit deutlich erhöhen. Zwei Beispiele: Dank Sensoren erkennt ein Fahrzeug, dass die Strasse rutschig geworden ist – und warnt die anderen Verkehrsteilnehmer in Echtzeit über die gefährliche Stelle. Oder dank der mit Verkehrsampeln kommunizierenden Fahrzeuge lassen sich in der Stadt die Ampelphasen dem unterschiedlichen Verkehrsaufkommen anpassen – der Verkehrsfluss wird optimiert und die Fahrzeugemissionen reduziert.

Sicherheitspionier Volvo

Der Volvo XC90 war ab 2014 das erste Fahrzeug, das mit einem automatischen Notbremssystem für Kreuzungsbereiche ausgerüstet wurde. Das System bremst den SUV automatisch ab, wenn der Fahrer beim Linksabbiegen in den Gegenverkehr zu steuern droht. Der Volvo erkennt die potenzielle Unfallgefahr in einem Winkel von bis zu 80 Grad und bis zu 30 Metern Distanz. Er bremst zudem selbständig, um einen Crash zu vermeiden oder die Folgen eines Unfalls abzumildern.

Vorteil: Das System arbeitet komplett eigenständig und ist so nicht auf teure Infrastruktur an Kreuzungen (Ampeln) angewiesen. Zudem ist ab diesem Modelljahr sowohl Hazard Light Alert als auch ein Slippery Road Alert im aktuellen XC90 verbaut, der Gefahreninformationen auch an andere Verkehrsteilnehmer weitergibt.

Der Volvo XC90 war ab 2014 das erste Fahrzeug, das mit einem automatischen Notbremssystem für Kreuzungsbereiche ausgerüstet wurde. Das System bremst den SUV automatisch ab, wenn der Fahrer beim Linksabbiegen in den Gegenverkehr zu steuern droht. Der Volvo erkennt die potenzielle Unfallgefahr in einem Winkel von bis zu 80 Grad und bis zu 30 Metern Distanz. Er bremst zudem selbständig, um einen Crash zu vermeiden oder die Folgen eines Unfalls abzumildern.

Vorteil: Das System arbeitet komplett eigenständig und ist so nicht auf teure Infrastruktur an Kreuzungen (Ampeln) angewiesen. Zudem ist ab diesem Modelljahr sowohl Hazard Light Alert als auch ein Slippery Road Alert im aktuellen XC90 verbaut, der Gefahreninformationen auch an andere Verkehrsteilnehmer weitergibt.

Der neue VW Golf kann die Technik ...

Das ist zwar noch Zukunftsmusik, doch der VW Golf 8 ist eines der ersten Massenfahrzeuge, die sich mit anderen Autos austauschen können. Das Problem: Bisher versteht ihn noch kaum einer. Denn der Standard von VW ist ein komplett anderer als beispielsweise jener bei Daimler. So ist die neueste Golf-Generation mit einer Vernetzungstechnik ausgestattet, die auf dem Funkstandard 802.11p basiert – ein mobiles WLAN-Netz, mit dem beispielsweise Computer oder Tablets mit dem Internet verbunden sind.

Technisch ist der WLAN-p-Standard weitgehend ausgereift, die Module sind nicht allzu teuer. Damit kann der neue VW Golf in einem Umfeld von bis zu 800 Metern Informationen mit anderen Verkehrsteilnehmern teilen. Zudem braucht das Auto im Gegensatz zur von vielen bevorzugten 5G-Technik kein Mobilfunknetz. Ursprünglich sollte dafür bereits die aktuelle 4G-/UMTS-Technik ausreichen, doch die mangelnde Datengeschwindigkeit und ein nur mässig ausgebautes Netz in vielen Regionen führten dazu, dass sich UMTS für die Car-to-X-Kommunikation nicht durchsetzen konnte.

... nur versteht ihn noch kaum einer

Doch bei Funktechnik allein solls nicht bleiben. Verschiedene Hersteller wollen die Funktechnik im Nahbereich mit der Kombination aus informativen Scheinwerfern und Kamerasystemen ergänzen. Aus dem ehemaligen Car-to-X wurde so im Laufe der letzten Jahre der neue Standard C-V2X (Cellular Vehicle-to-X), der mit Systemen wie dem des neuen VW Golf konkurriert. Die beiden Technologien sind aktuell nicht kompatibel. Das heisst: Ein VW Golf kann in erster Linie nur mit Modellen des VW-Konzerns kommunizieren – also mit solchen der Marken Audi, Porsche, Seat oder Skoda.

Das sind zwar schon deshalb eine ganze Menge, weil das die neuen Fahrzeuge der Baukästen MQB, MEB und MLB umfasst. Es lässt dennoch viele Fahrzeuge anderer Hersteller aussen vor, obwohl auch diese (wie zum Beispiel Hyundai/Kia, Renault oder Volvo) in den vergangenen Jahren in die Technik von WLAN-p eingestiegen sind. Und es ist fraglich, ob sich die beiden Technologien bis Ende 2030 unter einen technischen Hut bringen lassen.

Die Japaner haben die Nase vorn ...

Besonders weit bei der Vernetzung von Strasse und Fahrzeugen sind die Japaner. Durch Sensoren in den Strassen sind die Verkehrsdaten dort bereits seit Jahrzehnten deutlich präziser als bei uns in Europa oder in den USA. Auf den Navi-Bildschirmen und auf überdimensionalen Leitschildern liess sich der Verkehrsfluss schon in den 90er-Jahren in den Farben Grün (fliessend), Gelb (stockend) und Rot (Stau) ablesen. Der aktuelle Toyota Crown ist mit einem System ausgestattet, das unter anderem mit Verkehrsampeln kommunizieren kann. Das ITS (Intelligent Transporting System) ist neben dem Crown noch in anderen Toyota-Modellen verfügbar – und weitere sollen folgen. Per 760-MHz-Funk können Daten zwischen einzelnen Fahrzeugen oder Fahrzeugen und Verkehrszeichen ausgetauscht werden. Toyota will dank dieser Technik die Zahl der Verkehrsunfälle um bis zu 40 Prozent senken.

... auch punkto Infrastruktur

Neben einer Notbremsfunktion an roten Ampeln greift ITS auch dann ein, wenn ein Fahrer seinen Fuss von der Bremse nimmt und starten will, obwohl ein anderes Fahrzeug in die Kreuzung einbiegt oder ein Fussgänger queren will. Ist die Ampel mit entsprechender Technik ausgestattet, lässt sich im Infodisplay des Autos ablesen, wie lange es noch dauert, ehe die rote Ampel wieder auf Grün springt. Doch die nötige Infrastruktur wächst nur langsam. In Japan sind erst ein paar Dutzend Ampeln mit der 760-MHz-Technik ausgestattet.

Und so verhält es sich mit der Car-to-X-Kommunikation ähnlich wie mit der Elektromobilität: Die Fahrzeugtechnik wäre vorhanden. Hakt aber bei Infrastruktur und verbindlichen Datenstandards.

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